Hochrechnung zur Bürgerschaftswahl SPD feiert Wahlsieg in Bremen
Bremen bleibt rot: Die Sozialdemokraten sind die klaren Wahlgewinner - auch dank ihres beliebten Spitzenkandidaten. Die CDU ist enttäuscht. Verlierer des Abends sind die Grünen. Stark zulegen konnten die "Bürger in Wut".
Die SPD geht als stärkste politische Kraft aus der Bürgerschaftswahl in Bremen hervor. Laut der vorläufig letzten Hochrechnung von infratest dimap von 0.35 Uhr kommen die Sozialdemokraten um Spitzenkandidat Andreas Bovenschulte auf 29,8 Prozent. Bei ihrem historisch schlechten Ergebnis 2019 waren es 24,9 Prozent.
Bovenschulte dürfte einer der ausschlaggebenden Gründe für den Erfolg sein. Der beliebte Bürgermeister ging mit guten Zustimmungswerten in die Wahl. Mit diesem Amtsbonus kommt die SPD, die im Wahlkampf maßgeblich auf ihren Spitzenkandidaten gesetzt hat, wieder auf Platz eins in Bremen. 2019 war die SPD erstmals nach 73 Jahren nicht stärkste Kraft in Bremen geworden, sondern die CDU. Die Regierung bildeten dann aber SPD, Grüne und Linke, eine in Westdeutschland einmalige Konstellation.
"Die Nummer eins in Bremen, das sind wir", sagte Bovenschulte nach Bekanntgabe der ersten Zahlen. Die Regierungskoalition habe gute Arbeit geleistet, so Bovenschulte in den tagesthemen. Es habe keine größeren Einbrüche bei den Wahlergebnissen der Koalitionsparteien gegeben. Man werde nun aber mit allen demokratischen Parteien sprechen.
"Rückenwind auch für uns hier in Berlin"
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte: "Wir sind saustolz auf die SPD in Bremen und Bremerhaven." Er sieht den Erfolg der SPD unter anderem als Resultat des starken Personenbonus, für den man sich aber nicht schämen brauche. In der ARD sagte er, Bovenschulte verkörpere, wofür die SPD stehe. Bovenschulte habe über Bremen hinaus wichtige Impulse gesetzt, er sei "Teil des sozialen Gewissens" in Deutschland.
Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil freute sich "wahnsinnig über den Erfolg" seiner Partei. Der Sieg schaffe "Rückenwind auch für uns hier in Berlin", sagte er.
CDU auf Platz zwei
Die Christdemokraten müssen sich diesmal wieder mit Platz zwei in Bremen begnügen. Sie kommen laut aktueller Hochrechnung auf 25,7 Prozent - und verliert damit nur leicht im Vergleich zu 2019 (26,7 Prozent). Der CDU ist es offenbar nicht gelungen, sich als Alternative zur regierenden SPD zu positionieren.
Ihr Spitzenkandidat Frank Imhoff blieb auch im Wahlkampf eher blass. Mit den Themen Bildung, Innere Sicherheit und Verkehr drang die Union offenbar nicht zu den Wählern durch. Spürbarer Rückenwind aus der Bundespartei blieb aus.
Imhoff sagte bei der Wahlparty: "Wir haben unser Wahlziel - wir wollen die stärkste Partei werden - verfehlt." Andreas Jung, stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU, erklärte das Ergebnis mit der Beliebtheit Bovenschultes. Dennoch sei es ein respektables Ergebnis für die CDU, zumal in der "SPD-Hochburg" Bremen, so Jung in der ARD.
Grüne verlieren deutlich
Die großen Verlierer dieser Wahl sind aller Voraussicht nach aber die Grünen. Der aktuellen Hochrechnung zufolge kommt die Partei auf 11,9 Prozent, im Vergleich zu 17,4 Prozent im Jahr 2019. Die Gründe dafür dürften auch bei der Spitzenkandidatin Maike Schaefer liegen. Die Verkehrssenatorin hatte in Umfragen vergleichsweise geringe Beliebtheitswerte, selbst die Hälfte der Grünen-Anhänger ist mit Schaefer nicht zufrieden. Insgesamt werden die Grünen von den drei Senatsparteien am kritischsten gesehen, nicht zuletzt wegen ihrer Verkehrspolitik.
Gegenwind kam aber auch aus dem Bund, wo die Partei wegen der Heizungspläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck, aber auch wegen der Personalquerelen um Staatssekretär Patrick Graichen unter der Druck steht. Den Bremer Grünen ist es offenbar nicht gelungen, sich von diesem Negativtrend abzukoppeln.
"Nicht so, wie wir es und gewünscht haben"
Grünen-Parteichef Omid Nouripour zeigte sich vom Ergebnis der Wahl enttäuscht. Das Ergebnis sei "nicht so, wie wir es und gewünscht haben", ergänzte er. Es müsse jetzt geschaut werden, was die Partei besser machen könne.
Gleichzeitig gebe es in Deutschland "eine fehlende Krisenfestigkeit", notwendige Entscheidungen seien nicht getroffen worden - womit er andeutete, dass die Grünen im Bund eine aus seiner Sicht notwendige, aber nicht immer populäre Politik machten.
Linke erneut zweistellig
Unberührt von den massiven Problemen der Bundespartei scheint dagegen die Bremer Linke zu sein. Mit 11,1 Prozent kann sie sich erneut über ein zweistelliges Ergebnis freuen. 2019 lag die Linke bei 11,3 Prozent.
Claudia Bernhard (Gesundheit, Frauen, Verbraucherschutz) und Kristina Vogt (Wirtschaft, Arbeit und Europa) sind die derzeitigen Senatorinnen der Partei. Die Linke in Bremen gilt als pragmatisch. Ihre Regierungsarbeit wird weithin positiv bewertet. Auch die Beliebtheit der Spitzenkandidatin Vogt dürfte zum guten Wahlergebnis beigetragen haben.
Parteichef Martin Schirdewan sieht als Grund für den Erfolg seiner Partei klassisch linke Themen. Das Signal aus Bremen sei, dass die Linke als "Gerechtigkeitspartei" weiterhin einen Platz in der deutschen Parteienlandschaft habe.
FDP muss in Bremen zittern, BIW mit Rekordergebnis
Die FDP erreicht laut aktueller Hochrechnung landesweit 5,2 Prozent. Es ist noch nicht sicher, ob ihr in den beiden Wahlbereichen Bremen und Bremerhaven, für die jeweils getrennt die Fünf-Prozent-Hürde gilt, der Einzug in die Bürgerschaft gelingt. Sie war angetreten mit dem wenig bekannten Spitzenkandidaten Thore Schäck und setzte auf einen Pro-Autofahrer-Kurs.
FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Dürr zeigte sich erleichtert über den wahrscheinlichen Wiedereinzug seiner Partei in die Bürgerschaft. Die FDP in Bremen habe genau auf die Inhalte gesetzt, die die Wähler interessiert hätten, etwa bei der Verkehrspolitik und der Schulpolitik. Generell sei die Lage für die FDP in Stadtstaaten wie Bremen ein bisschen schwieriger.
Mehr als 22 Prozent für BIW in Bremerhaven
Die rechtspopulistische Wählervereinigung Bürger in Wut (BIW) erreicht ein Rekordergebnis. Die 9,5 Prozent, die sie laut Hochrechnung bekommt, dürfte die Partei zu einem guten Teil der Wählerschaft der AfD verdanken, die dieses Jahr nicht zur Wahl zugelassen wurde, weil sie konkurrierende Listen eingereicht hatte.
Die BIW setzte auf die Themen Innere Sicherheit und Zuwanderung. Vor allem in Bremerhaven, wo die Partei traditionell stark ist, fuhr sie laut Hochrechnung von 23:57 Uhr mit 22,4 Prozent ein herausragendes Ergebnis ein. Die BIW dürften nun erstmals in Fraktionsstärke in der Bremischen Bürgerschaft vertreten sein.
Endergebnis erst in ein paar Tagen
Die Wahl in Bremen hat einige Besonderheiten. Die Fünf-Prozent-Hürde gilt getrennt für die beiden Wahlbereiche Bremen und Bremerhaven. Von den 87 Sitzen der Bremischen Bürgerschaft werden 72 in der Stadt Bremen gewählt, 15 in Bremerhaven.
Die rund 463.00 Wahlberechtigten durften bis zu fünf Stimmen vergeben. Wegen des komplizierten Wahlsystems ist die Auszählung langwierig. Das vorläufige Ergebnis wird erst in ein paar Tagen erwartet.
Die Wahlbeteiligung liegt laut Hochrechnung bei 57,5 Prozent und fällt damit geringer aus als die 64,1 Prozent von 2019. Damals fand die Bürgerschaftswahl gleichzeitig zur Europawahl statt.