Bürgergeld-Sanktionen Wie viele "Totalverweigerer" es wirklich gibt
Die CDU verabschiedet einen Beschluss zum "Bürgergeld", in dem es auch darum geht, "Totalverweigerern" die Leistungen zu streichen. Eine Anfrage bei der Arbeitsagentur zeigt: Das betrifft nur wenige Menschen.
Die CDU will ihr Profil schärfen - und kündigt deshalb an, das Bürgergeld zu verändern. Die Partei will es "in der jetzigen Form abschaffen" und in "Neue Grundsicherung" umbenennen, wie es in dem heutigen Beschluss des CDU-Bundesvorstands heißt.
Die derzeitige Kooperation zwischen dem Staat und dem Bürgergeldempfänger sei unverbindlich, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung.
Ein Augenmerk legt die Partei deshalb auf Sanktionen. "Mit dem Aussetzen von Sanktionen hat die Ampel den Mitarbeitern der Jobcenter die Mittel genommen, diesen berechtigten Anspruch der Steuerzahler auch einzufordern", heißt es in dem Beschluss. Sanktionen sollen demnach schneller, einfacher und unbürokratischer durchgesetzt werden.
Verfassungsgerichtsurteil von 2019
"Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine ihm zumutbare Arbeit ab ("Totalverweigerer"), soll zukünftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist", heißt es weiter. Das würde eine Kürzung von 100 Prozent der Leistung bedeuten.
Bereits im November 2019 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine Kürzung von 100 Prozent nicht zulässig ist. Um das vom Grundgesetz geschützte Existenzminimum zu sichern, dürfen die Sanktionen nicht zu weit gehen. Kürzungen in Höhe von 30 Prozent seien vertretbar, 60 oder 100 Prozent aber nicht.
"Karlsruhe spricht von den wirklich Bedürftigen", sagte CDU-Mitglied Rainer Schlegel bei der Pressekonferenz. Er war bis Februar 2024 Präsident des Bundessozialgerichts. Es gebe Mitwirkungspflichten der Bürgergeldempfänger und es gehe dabei immer um eine zumutbare Arbeit. Bei sogenannten "Totalverweigerern" sei es deshalb zulässig, die Leistungen zu streichen.
Nur wenige Fälle der Weigerung
Ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit teilte auf Anfrage von tagesschau.de mit, dass man keine genauen Zahlen zu "Totalverweigerern" habe. "Wir können statistisch nicht auswerten, wie oft eine Minderung festgestellt wurde, weil jemand eine Arbeit abgelehnt hat", so der Sprecher.
Statistisch erfasst werde aber der Minderungsgrund "Weigerung Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung, Maßnahme oder eines geförderten Arbeitsverhältnisses", bei dem auch Weiterbildungen und Qualifikationen berücksichtigt werden. Dabei zeigt sich, dass es in den ersten elf Monaten des Jahres 2023 insgesamt 13.838 Fälle gab.
Minderungen wegen einer Weigerung seien eher selten, so der Sprecher der Bundesagentur für Arbeit. "Generell lässt sich feststellen, dass zuletzt mehr als 80 Prozent der Minderungen wegen Meldeversäumnissen festgestellt werden." Von Meldeversäumnissen ist die Rede, wenn Bürgergeldempfänger ohne den Nachweis eines wichtigen Grunds nicht beim Träger oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin erscheinen.
Von Januar bis November 2023 wurden insgesamt in 201.465 Fällen Leistungen gemindert. Rund 5,5 Millionen Menschen waren in den betreffenden Monaten berechtigt, Bürgergeld zu erhalten.