Franziska Brantner neben Felix Banaszak (rechts)

Wahl zu Parteivorsitzenden Brantner und Banaszak führen die Grünen

Stand: 16.11.2024 16:03 Uhr

Die Grünen haben ihren Parteitag in Wiesbaden mit der Wahl eines neuen Bundesvorstandes fortgesetzt. Dabei stimmten sie für ein Führungsduo: Franziska Brantner und Felix Banaszak sind nun die Parteivorsitzenden.

Franziska Brantner und Felix Banaszak sind die neuen Parteichefs der Grünen. Auf dem Bundesparteitag in Wiesbaden stimmten 78,15 Prozent für die Realpolitikerin Brantner. Der Bundestagsabgeordnete Banaszak aus dem linken Lager der Partei erhielt 92,88 Prozent der Stimmen.

Die 45-jährige Brantner stammt aus Lörrach in Baden-Württemberg und gilt als enge Vertraute von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, in dessen Haus sie Parlamentarische Staatssekretärin ist. Seit 2013 ist sie Abgeordnete im Bundestag, für den sie 2021 das Direktmandat des Wahlkreises Heidelberg erhielt.

Ihr Co-Vorsitzender Banaszak gilt als Vertreter der Parteilinken. Der 35-jährige gebürtige Duisburger sitzt seit 2021 im Bundestag und war zuvor vier Jahre lang Landeschef der Grünen in Nordrhein-Westfalen.

"Holt die Pullis aus den Schränken"

In ihrer Bewerbungsrede für den Parteivorsitz warb Brantner dafür, den Kampf der Grünen gegen den Klimawandel fortzuführen. Zahlreiche Unternehmen hätten sich bereits auf den Weg zu mehr Klimaschutz gemacht - "die Union stellt das wieder in Frage". Brantner kritisierte dies scharf als "Klimaschutzverweigerung" und "Wohlstandsgefährdung". "Wenn Klimaschutz kein technokratisches Klein-Klein ist, dann ist es die beste Chance für eine starke Wirtschaft“, betonte sie.

Brantner forderte außerdem mehr Investitionen in Deutschland. Es gelte, das Land und das Leben für die Menschen besser zu machen. Das bedeute investieren: "Den Gürtel enger schnallen bringt halt nichts, wenn die Hose schon fehlt."

Sie rief ihre Partei auf, im Winterwahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar auf die Straßen zu gehen: "Holt die Pullis aus den Schränken, und ab geht's nach draußen, wenn es schneit und wenn es regnet." Mit Blick auf eine mögliche Koalition von Union und SPD nach der Wahl sagte sie, es dürfe "keine weitere Stillstands-Groko geben". Dafür brauche es starke Grüne: "Kämpfen wir uns wieder voran."

Brantner bleibt vorerst Staatssekretärin

Brantner behält ihren Posten als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium von Habeck bis auf Weiteres. Aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar habe die Regierung beschlossen, keine Stellen Parlamentarischer Staatssekretäre mehr nachzubesetzen, wie Brantner der Nachrichtenagentur dpa sagte.

"Robert Habeck hat mich deshalb gebeten, bis zum Ende der Legislaturperiode noch im Amt zu bleiben, damit die Geschäfte ordnungsgemäß geführt werden können."

Banaszak will auf Ängste der Menschen eingehen

Banaszak forderte in seiner Bewerbungsrede die Partei auf, auf die Ängste der Menschen einzugehen: "Seien wir in diesen Zeiten eine Kraft der Zuversicht." Die Grünen müssten ein Hoffnungsort für alle sein, dass es gut und besser werden könne. Er wolle sich nicht abfinden mit Armut von Kindern und Rentnern oder "dass die Vermögen der einen wachsen und die anderen immer früher im Monat in den Dispo rutschen".

Seine Partei will Banaszak dafür weiterhin in der Regierungsverantwortung sehen, wie er deutlich machte. Die Grünen würden im Wahlkampf um jede Stimme werben, um "weiter Zukunft zu machen, weiter zu regieren", so Banaszak. Dabei sollten die Grünen weder "Korrektiv" noch "Pressestelle" einer Regierung sein, sondern deren "Motor".

Glückwunsch aus der Union

Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, schickte den neuen Parteichefs Glückwünsche. Politik lebe vom Wettbewerb um die besten Ideen - "wir freuen uns auf den Wahlkampf in den nächsten Wochen", schrieb Merz bei X.

Dem bisherigen Führungsduo der Grünen, Ricarda Lang und Omid Nouripour, dankte der CDU-Vorsitzende für "politisch harte, aber menschlich immer faire Auseinandersetzungen der letzten Jahre".

Nachfolger für Lang und Nouripour

Lang und Nouripour hatten nach Stimmenverlusten der Partei bei drei Landtagswahlen Ende September gemeinsam den Rücktritt des Parteivorstands angekündigt. Vor der Wahl der Vorsitzenden hatte sich Lang mit einer Rede als Vorsitzende verabschiedet. "Wir erleben eine tiefe Krise des demokratischen Systems", sagte sie vor mehr als 800 Delegierten mit Blick auf die Stimmenzuwächse für die AfD bei den Landtagswahlen.

"Es reicht nicht, gegen Rechtsextremismus zu sein", mahnte sie. Notwendig sei auch, das Leben von Menschen zu verbessern. Es sei falsch, nach Misserfolgen zu sagen, man müsse seine Politik nur überzeugender verkaufen. "Wir sind nicht die Staubsaugervertreter der Demokratie." Den Zynikern gehöre nicht die Zukunft, sie hätten zuletzt im politischen Raum dennoch viel Raum eingenommen.

Nouripour hatte sich am Freitag verabschiedet. Dabei rief er seine Partei auf, ihren voraussichtlichen Kanzlerkandidaten Habeck zu unterstützen. Außenministerin Annalena Baerbock und Habeck seien "seit Jahren das Gesicht dieser Partei", so Nouripour. "Die tragen den gesamten Laden auf ihrem Rücken, und passt mir auf die beiden auf."

Edalatian wird politische Geschäftsführerin, Rottmann wird Schatzmeisterin

Auch die Wahl der weiteren Mitglieder des Bundesvorstands stand am Samstag auf dem Parteitagsprogramm. Zur neuen politischen Geschäftsführerin wurde Pegah Edalatian bestimmt, die bisher Parteivize war. Neue Schatzmeisterin wurde Manuela Rottmann.

Brantner und Banaszak hatten vor dem Parteitag zudem den bisherigen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Sven Giegold, und den aus Thüringen stammenden Heiko Knopf jeweils als stellvertretende Bundesvorsitzende vorgeschlagen. Der bisherige Schatzmeister Frederik Carpenter sollte zudem als Abteilungsbereichsleiter im Wahlkampf in der Grünen-Bundesgeschäftsstelle eine zentrale Rolle übernehmen und als Stellvertreter den Wahlkampfleiter Andreas Audretsch unterstützen.

Habeck und Baerbock sollen Spitzenduo im Wahlkampf werden

Nach der Wahl des Bundesvorstandes steht eine Debatte von zehn Anträgen an, die auch zur Abstimmung gestellt werden. Dabei geht es unter anderem um die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, ein Tempolimit und eine liberalere Migrationspolitik. Zur Diskussion steht auch ein Antrag, in dem die aktuellen stationären Kontrollen an den deutschen Landgrenzen abgelehnt werden.

Am Sonntag und damit letzten Tag des Delegiertentreffens in Wiesbaden sollen Habeck und Baerbock dann zum Spitzenduo für den Wahlkampf gekürt werden, wobei Habeck als Kandidat für das Amt des Bundeskanzlers gilt.

Ihr Programm zur vorgezogenen Bundestagswahl wollen die Grünen am 26. Januar verabschieden, wie die neue politische Geschäftsführerin Edalatian mitteilte. Das Programm soll kürzer und prägnanter ausfallen als es sonst der Fall ist. Das Programm der Grünen für die letzte Bundestagswahl 2021 hatte rund 270 Seiten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 16. November 2024 um 13:45 Uhr.