Schwächelnde Wirtschaft Der Industrie helfen - aber wie?
VW plant milliardenschwere Einschnitte und einen drastischen Stellenabbau. Ähnliches droht auch bei ThyssenKrupp, Bosch und Continental. Wie soll und kann die Politik der schwächelnden Industrie helfen?
In der Analyse sind sich Politik, Wissenschaft und Wirtschaft weitgehend einig: Die Wirtschaft schwächelt, der Standort Deutschland ist angeschlagen, die Politik muss reagieren. Aber wie? Auf zumindest einen Lösungsansatz können sich die Parteien der politischen Mitte einigen: Bürokratieabbau. Das spare Zeit, Personal und damit auch Geld.
Dann aber gehen die Vorschläge auseinander. Subventionen? Steuererleichterungen? Industriestrompreis? Kaufanreize? Staatlich eingreifen oder nicht eingreifen, das ist hier die Frage.
Die SPD will Netzentgelte deckeln
Den sorgenden Blick auf die Industrieriesen in Deutschland und die daran hängenden Arbeitsplätze hat traditionell die SPD. Sie setzt auf staatliche Unterstützung - etwa beim Strompreis, wie Kanzler Olaf Scholz am vergangenen Wochenende beim Wahlkampfauftakt seiner Partei deutlich machte: "Noch in diesem Jahr wollen wir eine Netzentgeltbremse durchsetzen, finanziert aus dem Bundeshaushalt."
Große Worte für einen Kanzler ohne Mehrheit. Ab dem kommenden Jahr soll es nach dem Willen der SPD sogar einen festen Kostendeckel beim Strompreis geben: Die Kosten für Übertragungsnetzentgelte sollen auf drei Cent festgeschrieben werden.
Unterstützen will Scholz die heimische Industrie außerdem mit direkten Subventionen, einem "Made in Germany"-Bonus: "Zehn Prozent der Anschaffungssumme gibt es als Steuersumme vom Staat zurück", verkündet Scholz seine Pläne.
Neu klingt das nicht: Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat exakt das schon vor einigen Wochen vorgeschlagen, sprach von einer Investitionsprämie: "Zehn Prozent aller Investitionen kann man von der Steuer abgezogen bekommen." Wer etwa als Start-up noch keine Steuern zahlt, soll das Geld ausgezahlt bekommen. Finanziert werden soll das durch Schulden.
CDU will gute Rahmenbedingungen für alle
Habeck und die Grünen stehen für ein direktes Eingreifen, für Subventionen für die Ansiedlung neuer Unternehmen wie Intel und für die gezielte Förderung grüner Technologien und Produkte wie grünem Stahl. FDP und CDU sind gegen Eingriffe dieser Art. "Ist die Wirtschaftspolitik dazu da, hohe Subventionen für wenige zu geben? Oder ist sie dazu da, gute und beste Rahmenbedingungen für alle zu schaffen?", fragte CDU-Parteichef Friedrich Merz beim CSU-Parteitag im Oktober. Und schickte die Antwort gleich hinterher: Die zweite Antwort sei die richtige.
Bei der FDP dürfte Merz auf offene Ohren stoßen. Parteichef Christian Lindner hat seine Vorschläge bereits vor Wochen im Wirtschaftswendepapier zusammengefasst. "Da steht schwarz auf weiß, dass man eine massive steuerliche Entlastung finanzieren kann für all diejenigen, die investieren sollen."
Das heißt: Runter mit den Steuern - und ansonsten Finger weg von direkten Eingriffen. Und: mehr Spielraum in Sachen Klimaschutz. "Wir leisten uns einen deutschen Sonderweg in der Klima- und Energiepolitik, der unseren wirtschaftlichen Kapitalstock schnell und zu früh abschreibt und der mit enormer Regulierung zusätzliche Kosten verursacht."
Konkret plädiert die FDP dafür, das deutsche Ziel der Klimaneutralität bis 2045 aufzugeben und sich stattdessen an die EU-Vorgaben zu halten. Die lassen Zeit bis 2050.
Doch was von den Vorschlägen ist durchsetzbar? Bis zu den Neuwahlen ist ein großer Wurf in Sachen Industriepolitik nicht mehr drin. Und danach dürften die Kräfteverhältnisse im Parlament den Parteien viel Kompromissbereitschaft abverlangen.