Landtagswahl in Sachsen Der Kampf um die Unentschlossenen
Am Sonntag ist Landtagswahl in Sachsen. Die Stimmung ist angespannt, die Töne werden schriller. Denn: Knapp 30 Prozent haben sich noch nicht entschieden, wem sie ihre Stimme geben.
Schafft es die sächsische AfD diesmal, erstmals bei einer Landtagswahl vor der CDU zu landen? Sorgt der Messerangriff von Solingen für den entscheidenden Rückenwind für die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei, die sich bisher in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU lieferte? Fragen, die sich in diesen Tagen viele in Sachsen stellen.
CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer beantwortet sie auf seine Weise. Während Bratwurstduft über einen beliebten Biergarten am Weißen Hirsch in Dresden zieht, schimpft er vor Hunderten Anhängern über die Tatenlosigkeit der Ampelregierung. Für ihn ist längst klar: Die Flüchtlingszahlen müssten reduziert werden. CDU-Chef Friedrich Merz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stimmen in das Ampel-Bashing ein. Sie sind zur Unterstützung gekommen.
Es ist der Wahlkampfhöhepunkt der CDU in Sachsen. Nicht auf einem pompösen Marktplatz, sondern an einem lauschigen Treffpunkt für Familien am Rande der Dresdner Heide. Bislang war Kretschmers Mantra, die kommende Wahl sei eine Sachsenwahl. Es gehe nicht um Berlin oder Brüssel, hat er auf unzähligen Wahlkampfveranstaltungen gesagt. An diesem Abend in Dresden erklärt Merz die Landtagswahl kurzerhand zu einer Abstimmung über die Ampelregierung: "Schon am nächsten Sonntag können Sie ein Urteil über die Ampel fällen!"
Doch am Ende muss mit dem Wahlergebnis eine neue Regierung für Sachsen gebildet werden. Und das dürfte schwierig und langwierig werden. Dass diese nächste sächsische Regierung wieder von Michael Kretschmer geführt wird, gilt zumindest als wahrscheinlich.
Denn selbst wenn die AfD mehr Stimmen als die CDU erhalten sollte, will nach derzeitigem Stand keine andere Partei mit Aussicht auf Einzug in den Landtag mit der AfD koalieren. Die AfD könnte also nur dann regieren, wenn sie die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag erringen würde. Dies ist nach den aktuellen Umfragen nicht absehbar.
"Grüne kurz halten"
Ein Wahlplakat der sächsischen CDU bringt das Dilemma der Grünen - und der sächsischen CDU - auf den Punkt. Neben dem Slogan "Grün kurz halten" ist ein Mann mit Rasenmäher zu sehen. Mit den Grünen wolle er nicht mehr regieren, auch das ist ein Mantra von Kretschmer, der derzeit eine Kenia-Koalition anführt.
Aber mit wem dann? Die sächsische SPD kämpft gegen Ampel-Gegenwind und wirbt vor allem damit, dass es die SPD brauche, um demokratisch regieren zu können. Ein SPD-Plakat spricht Bände: Es zeigt SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping und CDU-Ministerpräsident Kretschmer. Dazu der Slogan: "Hinter dem Erfolg dieses Mannes steht eine starke Frau".
Nur: Laut Umfragen haben CDU und SPD zusammen keine Regierungsmehrheit. Bliebe theoretisch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das in den Umfragen konstant bei zweistelligen Werten liegt.
Allerdings werden in dieser Frage derzeit von allen potenziell Beteiligten tiefe Gräben aufgerissen. Kretschmer sagte in einem Zeitungsinterview, Wagenknecht habe ein seltenes Talent, Dinge zu zerstören, die Zeit des Politbüros sei vorbei.
Aus der SPD heißt es, eine Zusammenarbeit mit einer Partei, deren Propaganda in Russland geschrieben werde, sei schwer vorstellbar. "Mir fehlt die Fantasie, wie man mit einer Partei zusammenarbeiten kann, deren Propaganda in Russland geschrieben wird", sagt der sächsischer Wirtschaftsminister, SPD-Politiker Martin Dulig.
Werben um jede Stimme
In der Woche vor der Wahl touren Bundespolitiker aller Parteien durch Sachsen: Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck in Leipzig, SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz in Delitzsch, FDP-Finanzminister Christian Lindner in Dresden, die AfD-Bundestagsfraktionschefs Tino Chrupalla und Alice Weidel in Dresden, Linken-Politiker Gregor Gysi in Zwickau.
Sie alle kämpfen um die Stimmen der 3,3 Millionen Wahlberechtigten in Sachsen - und darum, dass sich aus dem Wahlergebnis irgendwie eine Regierung bilden lässt. Auch die Parteien wissen, dass laut des letzten ARD-SachsenTrends knapp 30 Prozent der Wähler noch unentschieden sind, welcher Partei sie ihre Stimme geben. Am Ende könnte es entscheidend sein, welcher Partei es am besten gelingt, diese Gruppe auf den letzten Metern für sich zu überzeugen.