Nach Wahl in Thüringen und Sachsen In der CDU regt sich Widerstand gegen BSW-Koalition
Nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen steht bei der Suche nach Koalitionen das BSW im Fokus. Doch in der CDU stößt das teils auf große Skepsis. Eine Gruppe von Parteimitgliedern fordert sogar, diese Option zum Tabu zu erklären.
Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen läuft in beiden Bundesländern die Suche nach einer neuen Regierung. Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen braucht es Koalitionen, um in den Landesparlamenten Mehrheiten aufstellen zu können. Doch in den Reihen der CDU wächst der Widerstand gegen die Option, für eine Regierungsmehrheit den Schulterschluss mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zu suchen.
Wie der Tagesspiegel berichtet, soll sich eine Gruppe von etwa 40 Mitgliedern der Christdemokraten zusammengeschlossen haben, die fordert, den Unvereinbarkeitsbeschluss der eigenen Partei auf das BSW auszuweiten. Bislang gilt dieser für eine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD und der Linkspartei. Zu dieser Gruppe zählen demnach unter anderem der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der designierte Chef des Arbeitnehmerflügels CDA, Dennis Radtke, und CDU-Bundesvorstandsmitglied Monica Wüllner.
Nicht "vor den Karren von Sahra Wagenknecht spannen lassen"
"Jeder politische Akteur weiß, wofür das BSW inhaltlich steht - nämlich gegen elementare christdemokratische Grundüberzeugungen wie die Westbindung, die liberale Demokratie und die europäische Einigung", warnte der EU-Abgeordnete Radtke im Gespräch mit der Zeitung. AfD und BSW wollten die CDU zerstören, "weil wir das letzte Bollwerk der politischen Mitte sind". Seine Partei würde "auf einen Abgrund" zusteuern, "wenn wir uns vor den Karren von Sahra Wagenknecht spannen lassen".
Auch aus Sicht des nordrhein-westfälischen CDU-Politikers Frank Sarfeld widerspricht das BSW "allem, wofür die Unionsparteien seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland stehen: klare Westbindung, ein vereintes Europa und Mitgliedschaft in der NATO als dem größten Friedensprojekt der Geschichte". Sarfeld warf dem BSW vor, sich - ähnlich wie die AfD - "autoritären Systemen" zuzuwenden. Mit solchen Gruppierungen dürfe es keine Zusammenarbeit geben.
Ganz ähnlich äußerte sich auch CDU-Außenpolitiker Kieswetter: "Das BSW will die demokratische Mitte inklusive der Union als Volkspartei aushöhlen und unsere Grundwerte unterminieren, weshalb eine Zusammenarbeit ausgeschlossen sein sollte." Die Ausweitung des Unvereinbarkeitsbeschlusses auf die Partei von Gründerin Sahra Wagenknecht - für Kiesewetter ein "absehbarer" Schritt der CDU.
BSW drittstärkste Kraft in Thüringen und Sachsen
Doch der Ausgang der Wahlen in Thüringen und Sachsen macht es der CDU in beiden Bundesländern schwer, das BSW als möglichen Koalitionspartner auszuschließen. In beiden Bundesländern ist das erst im Januar gegründete BSW drittstärkste Kraft geworden - in Thüringen laut vorläufigem Wahlergebnis mit 15,8 Prozent, in Sachsen erhielt es 11, 8 Prozent der Wählerstimmen.
In Thüringen kommt die CDU damit am BSW kaum vorbei, wenn es im Landtag für eine Mehrheit reichen soll. 88 Sitze hat das neu gewählte Parlament. 23 davon kommen auf die CDU, 32 auf den Wahlgewinner AfD. Doch eine Zusammenarbeit mit ihr haben alle anderen Parteien ausgeschlossen.
Ein Zusammenschluss mit der deutlich geschwächten Linkspartei und der SPD würde jedoch nicht reichen, um die notwendige Mehrheit von 45 Sitzen zu erlangen. Auf das BSW entfallen im Landtag künftig 15 Sitze. Käme noch die Linke als Bündnispartner hinzu, würde es für die Regierungsmehrheit reichen. Und so hat der thüringische CDU-Vorstand am Montag auch dafür gestimmt, Gespräche mit dem BSW aufzunehmen, um Optionen für eine mögliche Koalition auszuloten.
Für ein Weiter so reicht es in Sachsen nicht
Auch in Sachsen dürfte sich die Regierungssuche für den Wahlgewinner CDU, der die AfD nur knapp abhängen konnte, schwierig werden. Für die bisherige Koalition mit Grünen und SPD reicht es nicht mehr. Eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei - für die CDU laut Unvereinbarkeitsbeschluss ausgeschlossen. Bleibt auch hier das BSW als möglicher Partner bei der Mehrheitssuche.
Wie in Thüringen werden auch im neu gewählten sächsischen Landtag 15 Sitze an das BSW gehen. Im Falle einer Zusammenarbeit von CDU und BSW würde sowohl mit den Grünen als auch der SPD als möglicher dritter Partei einer Koalition die Mehrheit im Parlament erreicht.
BSW für Merz eine "weitgehend unbekannte Größe"
Von solchen Uneinigkeiten in den Reihen seiner eigenen Partei will CDU-Bundesparteichef Friedrich Merz nichts wissen. Mit Blick auf die Koalitionsgespräche in Sachsen und Thüringen sagte Merz dem Tagesspiegel, man sei "in diesen Fragen sehr klar, und uns im Übrigen auch absolut einig. Es hat im Präsidium und im Bundesvorstand mit den Thüringern, den Sachsen und uns allen eine große Übereinstimmung gegeben". Die CDU habe in beiden Bundesländern den Regierungsauftrag erhalten und er habe das Vertrauen in die CDU-Chefs beider Länder, "dass sie mit dieser Aufgabe, die sie jetzt vom Wähler bekommen haben, sehr verantwortungsvoll umgehen".
Doch Merz räumte auch ein, dass es in der CDU in Westdeutschland "natürlich an vielen Stellen ein erhebliches Unbehagen" gebe mit Blick auf das, was jetzt in Thüringen und in Sachsen diskutiert werde. Das müsse die CDU aushalten. Merz unterstrich erneut, dass es eine Koalition mit AfD oder Linkspartei nicht geben werde. Das BSW bezeichnete er hingegen als noch "weitgehend unbekannte Größe".
Es gehe nun "um die Frage, ob die Abgeordneten, die da gewählt worden sind, möglicherweise bereit sind, mitzuwirken an einer vernünftigen Regierungsbildung". Aber diese Frage müsse nun "in Dresden und in Erfurt entschieden werden und nicht in Berlin". Die Gespräche könnten noch einige Wochen dauern, von Koalitionen sei man weit entfernt.