Asylpolitik Pro Asyl sieht Radikalisierung der Union
Die Hilfsorganisation Pro Asyl wirft CSU und CDU eine Radikalisierung beim Thema Asyl vor. Grundrechte würden missachtet. CDU-Chef Merz forderte unterdessen, es müsse auch möglich sein, die deutsche Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen.
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl hat den Unionsparteien eine "Radikalisierung" in der Asylpolitik und einen populistischen Wahlkampf vorgeworfen. "Es ist extrem besorgniserregend, dass die Unionsparteien bei ihren Forderungen an vielen Stellen Grund- und Menschenrechte missachten, um Wähler rechter Parteien zu umwerben", sagte Pro-Asyl-Rechtsexpertin Wiebke Judith den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Man erlebe eine Erosion von Grundprinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenwürde und Menschenrechten.
Judith reagierte damit auf einen "Sicherheitsplan", mit dem die CSU in den Bundestagswahlkampf ziehen will. In dem Papier, das bei einer heute beginnenden Klausurtagung beschlossen werden soll, bekräftigt die CSU unter anderem die Forderung nach genereller Zurückweisung von Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen.
Das wäre aber ein Verstoß gegen Völker- und Europarecht, erklärte Asylrechts-Expertin Judith. Selbst wenn ein anderer EU-Staat zuständig sei, müsse das in einem rechtsstaatlichen Verfahren - im sogenannten Dublin-Verfahren - geklärt werden.
Expertin verweist auf Flüchtlingskonvention
Unzulässig sei es auch, für Schutzberechtigte das Bleiberecht an ein auskömmliches Eigentum zu koppeln, so die Asyl-Expertin. "Aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergibt sich der Anspruch auf eine sozialrechtliche Gleichbehandlung für Geflüchtete." Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei klar: "Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht relativierbar." Deshalb sei es nicht möglich, Geflüchteten jede Unterbringung oder Sozialleistung zu verwehren.
Verfassungswidrig sei es auch, wenn die CSU jetzt ausländische Straftäter nach Verbüßung der eigentlichen Strafe in unbefristete Abschiebehaft nehmen wolle.
Merz für mögliche Aberkennung der doppelten Staatsbürgerschaft
Vor der CSU hatte auch die CDU angekündigt im Fall eines Wahlsiegs deutlich härter gegen straffällige Asylbewerber vorzugehen. So forderte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann eine schneller Abschiebung straffällig gewordener Asylbewerber. Nach einem "Warnschuss" müsse künftig "bei der zweiten vorsätzlichen Straftat das Aufenthaltsrecht zwingend erlöschen".
Kanzlerkandidat der Unionsparteien ist Friedrich Merz. Er äußerte sich zuletzt in einem Interview mit der Zeitung Welt am Sonntag zur Migrationspolitik. Die Zurückweisungen bei der versuchten Einreise an der Grenze sowie die Ausweisungen bei Straffälligkeit von Migranten müssten erleichtert werden, so der CDU-Politiker. Bei einem Wahlsieg würde er zudem für höhere Hürden bei der Einbürgerung sorgen. Er werde das von der Ampel-Regierung beschlossene und im Sommer 2024 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts wieder ändern. Demnach ist eine Einbürgerung nun schon nach fünf, in Fällen von besonders guter Integrationsleistung sogar schon nach drei Jahren möglich.
Merz forderte außerdem, dass die doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland immer eine Ausnahme von der Regel bleiben sollte. Diese sollte auch wieder aberkannt werden können. "Wir holen uns damit zusätzliche Probleme ins Land. Es müsste wenigstens auf der gleichen Ebene eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft möglich sein, wenn wir erkennen, dass wir bei straffällig werdenden Personen einen Fehler gemacht haben", so der Unionsvorsitzende.
Habeck koppelt Bleibeperspektive an Arbeit
Nach dem Sturz des Assad-Regimes wird in Deutschland auch verstärkt speziell über den Umgang mit Flüchtlingen aus Syrien diskutiert. Aus Sicht der Union reicht die Aufnahme einer Arbeit für Syrien-Flüchtlinge allein nicht aus für einen weiteren Verbleib in Deutschland. Laut dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, müsse das Arbeitseinkommen auch reichen, um gegebenenfalls die Familie zu ernähren und später eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu beziehen.
Der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, betonte ebenfalls, dass Arbeit das zentrale Kriterium für eine Perspektive geflüchteter Syrer in Deutschland sei. "Diejenigen, die hier arbeiten, die können wir gut gebrauchen", sagte er in einem Interview im Deutschlandfunk. Eine Rückkehr der anderen in deren Heimat hält er für möglich beziehungsweise auch notwendig: "Diejenigen, die hier nicht arbeiten, werden - wenn das Land sicher ist - wieder in die Sicherheit zurückkehren können oder auch müssen."
In Deutschland leben laut Bundesinnenministerium rund 975.000 Syrer. Die meisten kamen seit 2015 infolge des syrischen Bürgerkriegs. Mehr als 300.000 von ihnen haben einen subsidiären Schutztitel. Sie wurden also nicht wegen einer individuellen Verfolgung aufgenommen, sondern wegen des Bürgerkriegs in ihrer Heimat.