Bundeswahlleiterin in der Kritik Neuwahl - am Papier soll es nicht scheitern
Gibt es genug Papier für eine Neuwahl? Diese Frage hatte die Bundeswahlleiterin aufgeworfen. Nun meldet sich die Papierindustrie zu Wort und widerspricht. Es gebe keine Lieferprobleme, wenn rechtzeitig bestellt werde.
Wahlbenachrichtigung, Briefwahlunterlagen, Stimmzettel: Für eine Bundestagswahl werden viele Tonnen Papier gebraucht. Kann das kurzfristig beschafft werden? Diese Frage hatte Bundeswahlleiterin Ruth Brand in der Debatte über eine vorgezogene Neuwahl aufgeworfen. Es sei eine "große Herausforderung in der heutigen Zeit, das Papier zu beschaffen und die Druckaufträge durchzuführen".
In einem Brief an Kanzler Olaf Scholz hatte sie die möglichen Probleme bei der Papierbeschaffung ebenfalls erwähnt und vor zu großer Eile bei der Ansetzung einer Neuwahl gewarnt. Aus organisatorischen Gründen sei das riskant.
"Wir haben Papier"
Der Verband der Papierindustrie widerspricht: "Wir haben Papier. Die deutsche Papierindustrie ist sehr leistungsfähig", sagte Hauptgeschäftsführer Alexander von Reibnitz dem ZDF. Auf die Frage, ob die deutsche Industrie schnell genug das notwendige Papier für Wahlunterlagen für eine Neuwahl schon im Januar liefern könne, sagte er: "Klare Antwort: Ja. Bei rechtzeitiger Bestellung können wir das benötigte Papier für eine vorgezogene Bundestagswahl liefern."
Die Unionsfraktion hatte Kanzler Olaf Scholz vorgeworfen, Brand zu instrumentalisieren, um die Neuwahl hinauszuzögern. Dem widersprach sie entschieden. Es sei Aufgabe der Bundeswahlleiterin, bei der Vorbereitung von Wahlen auch auf Risiken hinzuweisen. "Es gab keine Weisung oder Einflussnahme auf die Position der Bundeswahlleiterin im Zusammenhang mit Neuwahlen", sagte ihr Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters.
Hilfsangebot aus Polen
In der Politik hatte die Warnung von Bundeswahlleiterin Brand für Unverständnis gesorgt: Bayerns Digital-Staatsminister Fabian Mehring (Freie Wähler) sprach in der Augsburger Allgemeinen von einer "staatsorganisatorischen Bankrotterklärung". Solche Argumente würden das Gefühl vieler Menschen bestärken, dass Deutschland und die deutsche Verwaltung nicht mehr vernünftig funktioniere.
Hilfsangebote gab es sogar aus dem Ausland: Die Bild-Zeitung zitiert den polnischen Europaabgeordnetern Dariusz Joński: "Wenn Deutschland Drucker und Papier braucht, werden wir beides auf jeden Fall an unsere Nachbarn verkaufen. Daran werden auch polnische Unternehmen verdienen, was die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft weiter steigern wird", sagte er.
Papierindustrie schwächelt
Die deutsche Papier- und Zellstoffindustrie hat laut dem Verband Die Papierindustrie 2023 einen deutlichen Rückgang bei Produktion und Absatz verzeichnet. Demnach waren die Zahlen für die Branche "schlecht wie lange nicht mehr". Die Produktion ging um rund 14 Prozent auf 18,6 Mio. Tonnen zurück. Sie sank damit auf den niedrigsten Wert der vergangenen 20 Jahre. Papier sei ein früher Konjunkturindikator. Die Probleme der Papierindustrie zeigten die "gegenwärtige Wirtschaftsschwäche des Standorts Deutschland", heißt es vom Verband.