Nach der Wahl in Bremen Kritik an den Grünen und Sorge vor Rechtspopulisten
Nach der Bürgerschaftswahl in Bremen haben sich Politiker besorgt über das Ergebnis der rechtspopulistischen Bürger in Wut gezeigt. CDU-Chef Merz kündigte an, die Auseinandersetzung mit den Grünen verschärfen zu wollen.
Nach der Bürgerschaftswahl in Bremen haben führende Sozialdemokraten ihre Sorge wegen des absehbar starken Abschneidens der rechtspopulistischen Bürger in Wut (BIW) ausgedrückt. Die Partei kann im Land Bremen den Hochrechnungen zufolge mit etwa zehn Prozent rechnen. Im Wahlbereich Bremerhaven könnten es aber mehr als 21 Prozent werden.
SPD-Spitzenkandidat und Bürgermeister Andreas Bovenschulte sagte, das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit müsse noch stärker berücksichtigt werden. "Damit meine ich nicht nur innere Sicherheit und Ordnung, sondern vor allem auch die Frage der sozialen Sicherheit, dass man sich aufgehoben fühlt in der Gesellschaft." Eine gute wirtschaftliche Entwicklung, gut bezahlte Jobs und verringerte Arbeitslosigkeit seien die Grundlage, auf der sich soziale Sicherheit, eine bessere Bildung und bessere Integration verwirklichen ließen.
Im Deutschlandfunk hatte die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken das starke Abschneiden der BIW als Warnsignal bezeichnet. "Das schon alleine mit so einer Überschrift, mit so einem Begriff eine Wählervereinigung solche Ergebnisse erzielen kann, muss uns natürlich beunruhigen", sagte sie. "Tatsächlich müssen wir in unserer Politik sehr drauf achten, dass eben das, was wir zu tun haben, die Veränderungen, die wir zu gestalten haben, auch sowohl praktisch als auch finanziell leistbar sind für die Menschen. Sonst gehen sie uns auf die Barrikaden."
BIW: Haben nicht nur von der AfD profitiert
Einer der Spitzenkandidaten der Bürger in Wut, Jan Timke, sieht den Erfolg seiner Partei nicht nur in der Nichtzulassung der AfD zur Wahl begründet. Wenn man in Bremerhaven 21 Prozent bekomme, "dann können sie nicht nur von der AfD profitiert haben", sagte Timke, der als Spitzenkandidat im Wahlbereich Bremerhaven angetreten war. "Wir haben massiv auch aus anderen Bereichen dazugewonnen, wir haben auch Nichtwähler in Bremerhaven dazu gebracht, wieder zur Wahl zu gehen. Wir haben Neuwähler akquiriert", sagte Timke.
Merz will Auseinandersetzung mit Grünen verschärfen
Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz rief die Bremer SPD auf, mit der CDU über eine rot-schwarze Koalition zu sprechen. Laut Hochrechnung liegt die CDU mit rund 25 Prozent gut vier Prozentpunkte hinter der SPD auf Platz zwei. Merz räumte zwar ein, dass die SPD den Regierungsauftrag erhalten habe, aber nur "auf sehr niedrigem Niveau" - ein Ergebnis unter 30 Prozent nannte Merz ein "schlechtes Abschneiden". Die jüngste amtliche Hochrechnung der Wahlbehörde vom frühen Montagnachmittag sieht die SPD allerdings bei 30,1 Prozent.
Der "große Wahlverlierer" seien in Bremen aber die Grünen, sagte Merz weiter. Er könne nur den dringenden Rat geben, "Umweltschutz in Deutschland nicht weiter mit der Brechstange zu probieren. Das geht schief." Er kündigte an, die Auseinandersetzung mit den Grünen "in den nächsten Wochen und Monaten noch einmal deutlich verschärfen" zu wollen.
Kritik aus München
Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder nutzte die Niederlage für einen Angriff: "Das Herzstück der Ampel, nämlich die Grünen, haben massiv verloren, weil der Großteil der Bürgerinnen und Bürger in tiefer Sorge ist, wie die Entwicklung in unserem Land weitergeht", sagte er in München nach einer Sitzung des CSU-Vorstands. "Die Grünen werden abgestraft oder verlieren einen Teil ihrer Wähler, weil sie in uralte trotzig-ideologische Muster zurückfallen." In Bayern wird im Herbst gewählt.
Grüne: "Tag der Demut"
Auch wenn das vorläufige amtliche Ergebnis erst am Mittwoch erwartet wird, ist bereits klar, dass die Grünen mit etwa zwölf Prozent ihr schlechtestes Bremen-Ergebnis seit mehr als 20 Jahren eingefahren haben. Spitzenkandidatin und Umwelt- und Verkehrssenatorin Maike Schaefer gab bereits ihren Rückzug bekannt.
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter machte den häufigen Streit in der Bundesregierung für das Ergebnis mitverantwortlich: "Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das Kanzleramt den Grünen ungern Erfolge gönnt, und deshalb braucht es eine noch klarere und härtere Verhandlungsstrategie", sagte Hofreiter. "Wir müssen uns stärker absichern, dass gefundene Kompromisse auch von allen Seiten getragen werden." Grünen-Chef Omid Nouripour räumte ein, es habe "sicher keinen Rückenwind" von den Grünen im Bund gegeben und sprach von einem "Tag der Demut".
Linke hofft auf Fortsetzung von Rot-Grün-Rot
Die Linke hat mit voraussichtlich etwa 11,1 Prozent ihr Wahlergebnis aus dem Jahr 2019 einigermaßen halten können. "Es ist ein Grund zur Freude für die gesamte Partei", sagte der Bundesvorsitzende Martin Schirdewan. Spitzenkandidatin Kristina Vogt zeigte sich zuversichtlich, dass die regierende Koalition aus SPD, Grünen und Linken weiterarbeiten könne. Darauf deute ihr zufolge mehr hin als auf eine mögliche schwarz-rote Koalition. Sie hoffe nun auf baldige Sondierungsgespräche.
FDP sieht keine Auswirkungen auf den Bund
FDP-Chef Christian Lindner sieht für seine Partei keine bundespolitischen Auswirkungen. "Es gibt aus Sicht der Freien Demokraten keine", sagte er bei einem gemeinsamen Pressestatement mit dem Bremer FDP-Spitzenkandidaten Thore Schäck. Die FDP kann den Hochrechnungen zufolge mit etwa 5,2 Prozent mit einem knappen Verbleib in der Bürgerschaft rechnen.
Lindner nannte als wichtige Themen "solide Finanzen", Planungsbeschleunigung, Bildung und Digitalisierung. "Mit dieser Bandbreite bringen wir uns weiter in die Arbeit der Bundesregierung ein und arbeiten mit fröhlicher Penetranz daran, dass Deutschland liberaler, moderner und digitaler wird."