Scholz sagt Reform zu Barrieren sollen weg - auch in der Privatwirtschaft
Neben Behörden sollen künftig auch Unternehmen verpflichtet werden, Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten. Kanzler Scholz sichert Menschen mit Behinderung eine Reform zu, auf die sie schon lange warten.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat eine baldige Reform für mehr Barrierefreiheit versprochen. Der SPD-Politiker sagte, er setze sich dafür ein, dass die Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) "schnellstmöglich auf den Weg gebracht wird".
Künftig sollten, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, auch private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen verpflichtet werden, Barrieren für Menschen mit Behinderung abzubauen, sagte er beim Jahresempfang des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung.
"Mühsamer Prozess"
Bisher müssen nach dem BGG nur Behörden und staatliche Einrichtungen dafür sorgen, dass sie barrierefrei zugänglich sind. Als Barriere gilt alles, was gehbehinderte, blinde oder gehörlose Menschen sowie Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen am Zugang zu einem Gebäude, einer Veranstaltung oder an der Nutzung einer Internet-Seite hindert.
Dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Jürgen Dusel, zufolge befindet sich die Reform des BGG inzwischen in der regierungsinternen Abstimmung. Der Beauftragte sprach von einem "mühsamen Prozess". Er begrüßte aber, dass der Entwurf von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) nun auf dem Weg sei. Deutschland solle in allen Bereichen barrierefrei werden. Dies habe die Ampel-Koalition bei ihrem Regierungsantritt zugesagt. "Das muss jetzt umgesetzt werden", forderte Dusel.
Inklusion als politisches Ziel
Kanzler Scholz verurteilte auf dem Jahresempfang des Behindertenbeauftragten verbale Angriffe auf Menschen mit einer Behinderung und das politische Ziel der Inklusion. Scholz sagte, es sei unerträglich, wenn Inklusion als "Ideologieprojekt" und Menschen mit Behinderungen als "Belastungsfaktor" verächtlich gemacht würden.
Der Kanzler bezog sich damit auf Äußerungen des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke. "Solche Menschenfeindlichkeit weise ich mit aller Schärfe zurück", sagte Scholz. Am Wochenende hatte zudem der Comedian Luke Mockridge höhnische Äußerungen zu den Paralympics gemacht. Inklusion bleibe eine Daueraufgabe, so Scholz weiter.
Vereinte Nationen mahnen zu schnelleren Fortschritten
Deutschland hat sich nach der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) zur Barrierefreiheit verpflichtet. Die UN kritisierte in einem Bericht aus dem Jahr 2023, dass Barrierefreiheit in Deutschland in der Praxis in manchen Bereichen dem Recht hinterherhinke.
Ärztliche Praxen, Kinos, Internet-Seiten, Online-Shops, Bahnsteige, Züge und selbst Ämter seien für Menschen mit Behinderung gelegentlich nicht zugänglich, obwohl Behörden zur Barrierefreiheit verpflichtet sind. Große Defizite stellten die UN zudem bei der Schulbildung und auf dem Arbeitsmarkt fest.