Treffen mit Scholz in Meseberg Macrons Ansage
Der letzte Tag des Staatsbesuchs von Macron stand im Zeichen des Kriegs gegen die Ukraine. Frankreichs Präsident will der Ukraine den Einsatz westlicher Waffen in Russland erlauben. Kanzler Scholz war vorsichtiger.
Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron sehen die Beziehung ihrer beider Länder nicht in einer Krise. "Wir werden uns immer einig und wir schreiten voran", sagte Frankreichs Staatschef beim deutsch-französischen Ministerrat auf Schloss Meseberg bei Berlin.
Scholz verwies auf den Zusammenhalt während der Corona-Pandemie und die gemeinsame Unterstützung der Ukraine. "Wir einigen uns immer", sagte Scholz. Das habe in der Vergangenheit gegolten und sei auch eine gute Prognose für die Zukunft.
Macron will Einsatzgebiet ausweiten
Scholz und Macron gaben sich in Meseberg Mühe, die Differenzen zwischen beiden Regierungen nicht allzu hoch zu hängen. Punktuell traten diese aber durchaus zu tage. So sprach sich Frankreichs Staatschef dafür aus, dass die Ukraine Stellungen der Russen im Hinterland mit westlichen Waffen angreifen dürfe.
"Wir müssen ihnen erlauben, militärische Stützpunkte zu neutralisieren, von denen aus Raketen abgeschossen werden", sagte Macron. Die Ukraine werde von Stützpunkten in Russland angegriffen, betonte er.
"Wir sollten ihnen jedoch nicht erlauben, andere Ziele in Russland anzugreifen, vor allem keine zivilen Einrichtungen", fügte er hinzu. Damit hat erstmals ein Staatschef eines führenden NATO-Staats den Einsatz westlicher Waffen gegen Stellungen in Russland so deutlich befürwortet.
Scholz hat keine Einwände
Scholz äußerte sich weniger klar als Macron zu der Frage, ließ aber durchblicken, dass er keine rechtlichen Einwände gegen ein solches Vorgehen hätte. "Die Ukraine hat völkerrechtlich alle Möglichkeiten für das, was sie tut", sagte Scholz.
Der Kanzler wies Medienberichte zurück, dass Deutschland dies für gelieferte Waffensysteme untersage. Entsprechende Erklärungen habe es niemals gegeben "und wird es auch nicht geben", sagte er.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist es angegriffenen Staaten erlaubt, auch Ziele in dem Angreiferstaat zu beschießen. Für die Nutzung der von den USA, Frankreich und Deutschland gelieferten Waffen gelte, dass das Völkerrecht einzuhalten sei. Die bisherige Vereinbarung mit der Ukraine habe "praktisch gut funktioniert", sagte Scholz.
Eingefrorene Milliarden für die Ukraine?
Einig zeigten sich beide Seiten mit Blick auf die Pläne, Zinseinnahmen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten in Europa für die Ukraine zu nutzen. "Wir wollen der Ukraine den Zugang zu zusätzlichen Finanzmitteln in Milliardendimension ermöglichen, damit sie ihre Verteidigung verlässlich leisten und damit die Sicherheit ganz Europas weiter erhöht werden kann."
Ziel sei es, die Bemühungen der G7-Staaten und der EU zu bündeln und zu verstärken. Deutschland und Frankreich wollten außerdem ihre Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Präzisionswaffen weiter ausbauen, sagte der Kanzler. Macron bekräftigte: "Wir sind dabei zu einer langfristigen Zusammenarbeit bereit."
Agenda für mehr Investitionen
Scholz und Macron kamen in Meseberg mit mehreren ihrer Ministerinnen und Minister zu Beratungen über europäische Wettbewerbsfähigkeit und Rüstungskooperation zusammen. Schon vor dem Treffen schlugen die beiden in einem Gastbeitrag in der Financial Times dazu eine Agenda für mehr Innovation, Investitionen und europäische Souveränität für die nächsten fünf Jahre nach der Europawahl vor.
"Wir können die Grundlagen, auf denen wir unseren europäischen Lebensstil und unsere Rolle in der Welt aufgebaut haben, nicht mehr als selbstverständlich erachten", heißt es in dem Artikel. "Unser Europa ist sterblich, und wir müssen uns der Herausforderung stellen."