Sabine Döring
analyse

Fördergeld-Affäre Warum die entlassene Staatssekretärin klagt

Stand: 06.07.2024 08:54 Uhr

Bildungsministerin Stark-Watzinger hat im Zuge der "Fördergeld-Affäre" Staatssekretärin Döring verantwortlich gemacht und gefeuert. Die will sich dazu öffentlich äußern - aber das Ministerium verbietet das. Jetzt klagt Döring.

Eine Analyse von Kilian Pfeffer, ARD-Hauptstadtstudio

Die "Fördergeld-Affäre" wird immer mehr zum Politkrimi. Jetzt klagt Sabine Döring, Professorin für Philosophie und Staatssekretärin a. D. unter Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger, vor dem Verwaltungsgericht Berlin gegen das Ministerium. Das Gericht hat dem ARD-Hauptstadtstudio mitgeteilt, dass sich Sabine Döring öffentlich zu ihrem Fall äußern möchte.

Man kann vermuten, dass sie über die Gründe für ihre Entlassung alles andere als glücklich ist. Und es ist naheliegend, dass sie mit einer öffentlichen Aussage ihren Ruf retten will. Immerhin ist Döring eine international renommierte Forscherin. Vor ihrer Aufgabe im Bundesbildungsministerium war sie Professorin für praktische Philosophie an Universität Tübingen und wurde von Ministerin Stark-Watzinger als "exzellente Wissenschaftlerin" gelobt.

Ohne Genehmigung darf sie nicht aussagen

Doch einfach so öffentlich aussagen - das geht nicht für Beamtinnen und Beamte. Sie unterliegen einer sogenannten dienstlichen Verschwiegenheitspflicht. Die gilt auch dann noch, wenn das Arbeitsverhältnis schon beendet ist. Das heißt: Ohne Genehmigung des Dienstherrn dürfen Beamte weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen noch Erklärungen abgeben. Wenn das Dienstverhältnis wie im Fall von Sabine Döring schon beendet ist, muss der letzte Dienstherr die Aussage genehmigen. Geregelt ist das in Paragraf 37 des Beamtenstatusgesetzes.

Doch nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios lehnt das Bundesbildungsministerium es ab, sie von ihrer dienstlichen Verschwiegenheitspflicht zu entbinden. Übrigens unter Androhung von Disziplinarmaßnahmen, wenn sie dagegen verstößt, also wenn sie sich trotzdem öffentlich äußert.

Warum erteilt das Ministerium die Erlaubnis nicht?

Über diesen Vorgang muss man sich schon etwas wundern. Immerhin hat Ministerin Stark-Watzinger am 16. Juni 2024 schriftlich bekannt gegeben, sie habe veranlasst, "dass der Sachverhalt gründlich und transparent aufgearbeitet" werde.

Meint sie das wirklich ernst? Dann wäre es sinnvoll, dass die Öffentlichkeit Dörings Sicht zur Kenntnis nehmen kann. Sie ist schließlich die einzige Person, die bisher verantwortlich gemacht wurde; sie wurde entlassen.

Warum also erteilt das Ministerium die Genehmigung nicht? Wären die Aussagen Dörings möglicherweise nicht so erfreulich für Stark-Watzinger?

Unangenehme Fragen zu Döring schon im Ausschuss

Schon im Bildungsausschuss und im Bundestag am 26. Juni stellten Abgeordnete unangenehme Fragen, auch zur Entlassung von Sabine Döring. Nicole Gohlke von den Linken wollte zum Beispiel von der Ministerin wissen, warum die Staatssekretärin denn überhaupt in den Ruhestand versetzt worden sei. Gohlke warf die Frage auf, ob eine Aufklärung ohne Döring denn so leicht möglich sei.

Auch Thomas Jarzombek, bildungspolitischer Sprecher der CDU, stellte einige unangenehm detaillierte Fragen zur Staatsministerin a.D. Etwa wie genau Dörings Prüfauftrag ausgesehen habe, wann genau er auf den Weg gebracht worden sei und wer dazu angewiesen worden sei.

"Herzlichen Dank für die Nachfragen"

Ministerin Stark-Watzinger mühte sich bei dieser Befragung zwar redlich, den Eindruck zu erwecken, sie wolle alle Fragen umfassend beantworten. Das gipfelte in Formulierungen wie "herzlichen Dank für die Nachfragen und die Möglichkeit, hier nochmal ein paar Worte dazu zu sagen" - geradezu so, als sei das alles ein reines Vergnügen.

Oft waren die Antworten der Ministerin allerdings ausweichend, wofür sie von CDU-Politiker Jarzombek deutlich kritisiert wurde: "Es kann nicht so funktionieren, dass die Mehrheit der Fragen nicht beantwortet wird."

Auch Nicole Gohlke schrieb auf der Plattform X ernüchtert: "Auf meine Fragen in der Fragestunde gestern im Bundestag gab es von #BMBF Stark-Watzinger auch wieder nur Eiertanz in puncto #Fördergeldaffäre."

Zur Causa Döring wollte Stark-Watzinger gar nichts sagen. Die Begründung: Sie finde, es gehöre sich so, "dass Personaldinge nicht öffentlich diskutiert werden". Das klingt zwar vordergründig ehrenwert, so als ob sie keine schmutzige Wäsche waschen wolle, trägt aber eben auch nicht zu Transparenz und Aufklärung bei. Wenn das Strategie war, dann könnte Döring diese Strategie mit einer Aussage nun durchkreuzen.

Was steht in den "Wire"-Chats?

Die Frage ist ohnehin, was durch die Anfrage des Portals "Frag den Staat" nach dem Informationsfreiheitsgesetz noch ans Licht kommt. "Frag den Staat" hatte schon am 17. Mai sämtliche Kommunikation rund um den Vorgang der Fördermittelaffäre angefordert.

In den entsprechenden Akten und E-Mails ist der Name der Ministerin nicht zu lesen. Das könnte, wie "Frag den Staat" berichtet, damit zusammenhängen, dass die Leitungsebene des Ministeriums offenbar über den Messengerdienst "Wire" kommuniziert. Diese Chats tauchen nicht in den bisher übermittelten Akten auf. Sie dürfen aber auch nicht gelöscht werden. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden, "Frag den Staat" hatte einen Eilantrag gestellt. Es könnte sein, dass diese Chatnachrichten aufschlussreich sind.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 05. Juli 2024 um 16:35 Uhr.