Olaf Scholz

Deutsche Reaktionen auf Trump Eine weitere Zeitenwende?

Stand: 06.11.2024 13:17 Uhr

Zwischen Gratulation und Sorge: Neben schon bestehenden Krisen und Konflikten weltweit dürfte der Ausgang der Präsidentenwahl in den USA weitere Erschütterungen für die deutsche Politik bedeuten.

Von Markus Sambale, ARD Berlin

Anders als vor acht Jahren war das politische Berlin zumindest mental etwas besser vorbereitet, auch auf einen Wahlsieg von Donald Trump. Gehofft hatten viele aber doch, dass sich Kamala Harris durchsetzen würde.

Daraus macht auch SPD-Chef Lars Klingbeil keinen Hehl: "Das ist doch selbstverständlich, dass jeder, der auf Anstand setzt, der diesen Wahlkampf beobachtet hat, sagt, dass man sich wünscht, dass Kamala Harris diese Wahl gewonnen hätte. Wenn ich mir angucke, wie Trump unterwegs war - spaltend, polarisierend, frauenverachtend."

"Wir sind bereit, den Amerikanern entgegenzukommen", Lars Klingbeil, Parteivorsitzender SPD, zur US-Wahl

tagesschau24, 06.11.2024 10:00 Uhr

"Die Welt ist eine andere"

Doch genau mit diesem Donald Trump wird Deutschland nun zusammenarbeiten müssen. "Die Welt ist schon eine andere, wenn Donald Trump zurückkehrt", erwartet der SPD-Vorsitzende Klingbeil. Und es klingt wie eine weitere Zeitenwende, mit der Deutschland nun umgehen muss.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzler Olaf Scholz gratulierten Donald Trump zum Wahlsieg. Scholz bot dem Republikaner dabei eine Zusammenarbeit an, "um Wohlstand und Freiheit auf beiden Seiten des Atlantiks zu fördern". In einer kurzen Erklärung im Kanzleramt forderte er später einen Schulterschluss Europas. "Als deutscher Bundeskanzler wirke ich darauf hin." Er habe sich dazu bereits am Vormittag mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ausgetauscht.

Außenministerin Annalena Baerbock ließ durchblicken, dass die Zusammenarbeit nicht einfach wird: "Dabei gilt wie in jeder guten Partnerschaft: Dort, wo es ohne Frage politische Differenzen gibt, ist ein ehrlicher und vor allen Dingen intensiver Austausch wichtiger denn je."

Sorge wegen Ukraine-Unterstützung

Baerbock war gerade zurückgekommen von einer Ukraine-Reise. Die Sorge in Berlin ist jetzt groß, dass sich die USA unter Trump nun aus ihrer Unterstützung für die Ukraine zurückziehen könnten.

Baerbock forderte deshalb, Europa müsse jetzt noch mehr sicherheitspolitische Verantwortung übernehmen. "In dieser sicherheitspolitischen Verantwortung müssen wir jetzt handeln. Investitionen in unsere europäische Sicherheit müssen wir jetzt groß denken und groß machen. Das heißt auch: Wir müssen uns von den selbst angelegten Fesseln gerade bei Investitionen in unsere Sicherheit in Deutschland und in der EU befreien."

"Sind gut vorbereitet"

Insgesamt sehe sich die Bundesregierung für die Wahl Trumps gut vorbereitet, sagte Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP). "Es ist bei uns kein Erschrecken vor diesem Wahlergebnis."

Auf die transatlantischen Beziehungen sehe er gleichwohl unruhige Zeiten zukommen: "Trumps Prinzip ist die Unvorhersagbarkeit." Link fügte hinzu: "Wir dürfen jetzt nicht wie das Kaninchen auf die Schlange schauen. Wir müssen handeln gerade im Angesicht einer Regierung von Trump." 

CDU fordert Neuwahlen

Aus der Opposition kommt Kritik. Kanzler Scholz habe es versäumt, Deutschland auf einen Wahlsieg Trumps vorzubereiten. Der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul spricht sich deshalb mit Blick auf die Krise der Ampel-Regierung für Neuwahlen in Deutschland aus: "Man muss in aller Nüchternheit zur Kenntnis nehmen, dass Donald Trump wenig Rücksicht auf Befindlichkeiten in Europa nehmen wird. Wir haben leider viel Zeit verloren in Deutschland. Um so wichtiger ist es, dass wir einen Neubeginn machen."

Unter vielen sorgenvollen und kritischen Tönen sticht heute früh eine Stimme heraus - nämlich die von AfD-Chefin Alice Weidel, die geradezu begeistert ist über das Wahlergebnis in den USA: "Diese Wahl könnte ein Vorbild auch für Deutschland sein - ein klares Statement gegen Massenmigration, Kriminalität und wirtschaftlichen Niedergang, gegen fehlgeleitete Klima-Ideologie."

Neben den schon bestehenden Krisen und Konflikten weltweit dürfte die Präsidentenwahl in den USA nun also weitere Erschütterungen für die deutsche Politik bringen.

Markus Sambale, ARD Berlin, tagesschau, 06.11.2024 11:01 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 06. November 2024 um 10:00 Uhr.