Vorstoß von Macron Waffeneinsatz gegen Russland - USA bleiben beim Nein
Dass die Ukraine westliche Waffen nutzt, um Ziele in Russland anzugreifen, gilt bislang als rote Linie. Nun hat Frankreichs Präsident Lockerungen vorgeschlagen. Doch die USA - wichtigster Waffenlieferant der Ukraine - sprechen sich dagegen aus.
Der Staatsbesuch des französischen Präsidenten hat die Debatte über den Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium erneut angestoßen. Geht es nach Emmanuel Macron, soll die Ukraine auch mit westlichen Waffen ausgewählte Militärziele in Russland angreifen dürfen. Unterstützung bekommt er von der NATO und deren Generalsekretär Jens Stoltenberg. Stoltenberg hatte erklärt, wegen der roten Linien mancher NATO-Länder seien "den Ukrainern die Hände gebunden".
Doch die USA bleiben bei ihrer Haltung: Die US-Regierung sei nach wie vor dagegen, dass die Ukraine bei ihren Angriffen in Russland US-Waffen einsetze, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. "Unsere Position hat sich zu diesem Zeitpunkt nicht geändert. Wir ermutigen oder erlauben nicht den Einsatz der von den USA gelieferten Waffen, um innerhalb Russlands anzugreifen." Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im von Russland begonnen Krieg.
Macron will Einsatz zur "Neutralisierung militärischer Stützpunkte"
Macron hatte beim deutsch-französischen Ministerrat auf Schloss Meseberg bei Berlin ungewohnt deutlich gefordert, der Ukraine das Angreifen von Stellungen in Russland mit westlichen Waffen zu ermöglichen.
"Wir müssen ihnen erlauben, militärische Stützpunkte zu neutralisieren, von denen aus Raketen abgeschossen werden", sagte Macron gestern zum Auftakt des Ministerrats. Die Ukraine werde von Stützpunkten in Russland angegriffen. "Wir sollten ihnen jedoch nicht erlauben, andere Ziele in Russland anzugreifen, andere Ziele in Russland zu treffen, zivile Kapazitäten natürlich oder andere militärische Ziele", fügte er hinzu.
Scholz reagierte zurückhaltend
Verhaltener äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz. Es gebe für den Einsatz der in die Ukraine gelieferten Waffen Regelungen, dass sich dieser "immer im Rahmen des Völkerrechts bewegen muss", sagte der Kanzler.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist es angegriffenen Staaten erlaubt, auch Ziele in dem Angreiferstaat zu beschießen. Für die Nutzung der von den USA, Frankreich und Deutschland gelieferten Waffen gelte, dass das Völkerrecht einzuhalten sei. Die bisherige Vereinbarung mit der Ukraine habe "praktisch gut funktioniert", sagte Scholz.
Eingefrorene Milliarden für die Ukraine?
Einig waren sich Scholz und Macron mit Blick auf die Pläne, Zinseinnahmen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten in Europa für die Ukraine zu nutzen. "Wir wollen der Ukraine den Zugang zu zusätzlichen Finanzmitteln in Milliardendimension ermöglichen, damit sie ihre Verteidigung verlässlich leisten und damit die Sicherheit ganz Europas weiter erhöht werden kann."
Ziel sei es, die Bemühungen der G7-Staaten und der EU zu bündeln und zu verstärken. Deutschland und Frankreich wollten außerdem ihre Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Präzisionswaffen weiter ausbauen, sagte der Kanzler. Macron bekräftigte: "Wir sind dabei zu einer langfristigen Zusammenarbeit bereit."
Agenda für mehr Investitionen
Scholz und Macron kamen in Meseberg mit mehreren ihrer Ministerinnen und Minister zu Beratungen über europäische Wettbewerbsfähigkeit und Rüstungskooperation zusammen. Schon vor dem Treffen schlugen die beiden in einem Gastbeitrag in der Financial Times dazu eine Agenda für mehr Innovation, Investitionen und europäische Souveränität für die nächsten fünf Jahre nach der Europawahl vor.
"Wir können die Grundlagen, auf denen wir unseren europäischen Lebensstil und unsere Rolle in der Welt aufgebaut haben, nicht mehr als selbstverständlich erachten", heißt es in dem Artikel. "Unser Europa ist sterblich, und wir müssen uns der Herausforderung stellen."