Islamkonferenz Faeser will weniger Imame aus dem Ausland
In deutschen Moscheen predigen großteils Imame aus dem Ausland. Bundesinnenministerin Faeser will das ändern, wie sie auf der Islamkonferenz sagte. Zudem müsse Islamfeindlichkeit stärker bekämpft werden.
Der Einfluss ausländischer Imame auf islamische Gemeinden in Deutschland soll nach dem Willen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) deutlich gemindert werden. "Ich will die staatliche Entsendung von Imamen aus dem Ausland nach Deutschland schrittweise reduzieren, mit dem Ziel, sie zu beenden", sagte sie zum Auftakt der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in Berlin. Dies betreffe insbesondere die Türkei.
Deutschsprachige Imame, die auch die Lebensrealität in Deutschland kennen, seien auch im Interesse der Gemeinden, betonte Faeser. Weniger ausländische Abhängigkeiten oder Einflussnahme erleichterten es deutschen Muslimen, mit ihrem Glauben in Deutschland heimisch zu werden. Ihr Ministerium sei bereits im Austausch mit der türkischen Religionsbehörde.
Gespräche in der Türkei
Faesers Staatssekretärin im Innenministerium, Juliane Seifert, sagte, Imame sollten in der deutschen Gesellschaft verwurzelt sein und Brücken bauen können in den Sport oder in die Kultur. Dies sei ein wichtiger Punkt. Sie sei in der vergangenen Woche zu Gesprächen über dieses Thema in der Türkei gewesen. Es gehe nicht darum, die Entsendung von Imamen von einem Tag auf den anderen zu beenden, aber darum, gemeinsam einen verbindlichen Weg zu vereinbaren.
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) bildet inzwischen einen Teil ihres Personals in einem eigenen Zentrum in der Eifel aus. Zudem wurde Ende 2019 das Islamkolleg Deutschland als Einrichtung für die islamtheologische praktische Ausbildung in Osnabrück gegründet. Auch hier sollen - verbandsunabhängig - deutschsprachige Imame und weiteres religiöses Betreuungspersonal ausgebildet werden. Die Ausbildung von Imamen in Deutschland bildete bereits in den vergangenen Jahren unter dem damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU) einen Schwerpunkt der DIK.
Im Vorfeld der diesjährigen Islamkonferenz hatte es Kritik gegeben, dass heikle Themen ausgespart würden. So stünden etwa im kommenden Jahr in der Türkei Präsidentschaftswahlen an, hatte der Publizist Ahmad Mansour angemerkt. Daher müsse jetzt zur Sprache kommen, ob die DITIB wieder Propaganda für Präsident Recep Tayyip Erdogan betreibe. Nach Angaben der Universität Osnabrück finanziert allein die türkische Regierung jährlich 800 bis 900 Imame in Deutschland. Sie gelten als die in Deutschland bestbezahlten Imame.
Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit als Priorität
Neben der Imam-Ausbildung will Faeser auch die Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit in Deutschland verstärkt zum Thema machen. Dasselbe gelte für Antisemitismus von Muslimen, aber auch für Intoleranz unter Muslimen oder gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen, erklärte sie. Zum Thema Muslimfeindlichkeit hat die Bundesregierung eine große Studie in Auftrag gegeben, die den Fokus auf die Situation der Betroffenen legt. Erste Ergebnisse werden im kommenden Sommer erwartet.
Er persönlich habe Muslimfeindlichkeit nicht erlebt, sagte der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, Eyüp Kalyon, der in der DITIB die Imam-Ausbildung verantwortet. Vor allem Kopftuch tragende Musliminnen berichteten aber häufig von "Ausgrenzungserfahrungen". Kalyon wies auch auf Fortschritte bei der Ausbildung von religiösem Personal in Deutschland hin und sprach von einem "Wandlungsprozess". So habe DITIB in diesem Jahr 25 Absolventen des zweijährigen Ausbildungsprogramms gehabt, die in mehreren Bundesländern aktiv seien. Der neue Kurs habe 36 Teilnehmer. Er gab allerdings zu bedenken, dass die meisten Gemeinden nicht in der Lage seien, einen Imam zu bezahlen.
Der Direktor des Zentrums für islamische Theologie der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster, Mouhanad Khorchide, kritisierte unterdessen, dass die Moscheevereine immer noch entlang von Herkunftsländern organisiert seien. Bis heute komme es nicht vor, dass ein aus Marokko stammender Imam in einer DITIB-Moschee predige oder ein Prediger mit türkischen Wurzeln in einer von gebürtigen Marokkanern gegründeten Moschee. Der Imam-Job müsse zudem insgesamt attraktiver werden. Die Bezahlung sei in der Regel schlecht, die Abhängigkeit im Arbeitsverhältnis groß.
"Keine Sicherheitskonferenz"
Von Seiten der islamischen Verbände war mehrfach kritisiert worden, der Fokus werde bei der DIK zu stark auf Sicherheitsfragen und den radikalen Islamismus gelegt. Faeser betonte nun: "Die Islamkonferenz ist keine Sicherheitskonferenz." Sie unterstütze ausdrücklich die in der Vergangenheit getroffene Entscheidung, Sicherheitsthemen auszuklammern. Muslime dürften nicht unter einen allgemeinen Sicherheitsverdacht gestellt werden.
Kritik, dass Bereiche wie islamischer Extremismus vernachlässigt würden, wies Faeser ebenfalls zurück: "Das BMI und die gesamte Bundesregierung messen gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden diesem Thema eine hohe Priorität bei - auch in Kooperation und im Dialog mit Muslimen und muslimischen Organisationen."
In einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte eine Gruppe aus Unions-Politikern und Wissenschaftlern unter anderem aus dem Bereich der Islamischen Theologie gefordert, auf der Konferenz auch über Islamismus zu reden. Gerade islamistische Kräfte würden das von der Bundesregierung angestrebte bessere Miteinander nachhaltig untergraben, argumentierten sie. Außerdem kritisierten die Autoren, dass die wissenschaftliche und gesellschaftliche Aufarbeitung zum Islamismus bisher in Deutschland vermieden werde.