Neue EU-Mittelmeermission Bis zu 300 deutsche Soldaten für "Irini"
Das Bundeskabinett hat die deutsche Beteiligung an der neuen EU-Mittelmeer-Mission "Irini" gebilligt. Das Mandat sieht eine Obergrenze von 300 Soldaten vor.
Losgehen soll es mit dem "fliegenden Auge": Geht es nach dem Willen der Großen Koalition, dann beteiligt sich Deutschland zunächst mit einem Seefernaufklärungsflugzeug vom Typ P3C-Orion an der neuen EU-Mission, um aus der Luft die Routen der Waffenschmuggler im Mittelmeer auszuspähen. Denn darum soll es gehen: Der Zustrom an Kriegsgerät ins Bürgerkriegsland Libyen, der einfach nicht versiegen will, soll unterbunden werden.
Waffenembargo durchsetzen
"Wir sind fest davon überzeugt, dass diese Mission einen Beitrag dazu leistet, das Waffenembargo deutlich besser durchzusetzen", unterstrich gestern Außenminister Heiko Maas mit Blick auf das UN-Embargo. Beginnen soll die Aufklärung also von der Luft aus, doch auch zu Wasser soll die Bundeswehr aktiv werden: Und zwar "spätestens ab August 2020", so steht es in dem von Maas und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer erarbeiteten Mandatstext, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Dann ist auch der Einsatz eines Schiffes - einer "seegehenden Einheit", wie es wörtlich heißt - geplant. Die Truppen-Obergrenze soll demnach bei 300 deutschen Soldaten liegen und das Mandat für ein Jahr gelten. Nötig ist allerdings die Zustimmung des Bundestags.
"Die EU-Mission ist zumindest ein ganz wichtiger Schritt, um von Seeseite her zu schauen, wer wirklich versucht, Waffen einzuschmuggeln", meint SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich. Sie benennt damit jedoch sogleich ein Problem: Zunächst nämlich wird die EU nur die Seewege überwachen können. Auf die Luft- und Landrouten hat sie vorerst keinen Zugriff. Zuletzt war unter anderem den Vereinigten Arabischen Emiraten immer wieder vorgeworfen worden, den libyschen Ex-General Haftar per Lufttransport mit Waffen zu versorgen, der mit einer Offensive dem international anerkannten Regierungschef Sarradsch, der von der Türkei unterstützt wird, die Macht zu entreißen sucht.
Grüne kritisieren "symbolische Wirkung"
"Die Waffen werden zumindest zu Haftar, zu der einen Kriegspartei, über Luft und Land transportiert und nicht über See, so dass die Mission nicht in erster Linie dazu beitragen wird, dass der Waffenschmuggel unterbunden wird, sondern eher eine symbolische Wirkung hat", kritisiert der Grüne Außenpolitik-Experte Omid Nouripour.
Der Bürgerkrieg tobt in Libyen derzeit brutaler als je zuvor, obwohl das Land von der Corona-Pandemie betroffen ist. Auch ein Brief, den Außenminister Maas mit einigen EU-Kollegen Anfang April wortgleich sowohl an General Haftar als auch an Regierungschef Sarradsch sandte und über den das ARD-Hauptstadtstudio berichtete, hat daran nichts geändert. Was eben auch daran liegt, dass die beiden Bürgerkriegsparteien sich um Waffennachschub bislang keine Sorgen zu machen brauchen.
"Es ist gut und sinnvoll, wenn sich die Europäische Union um ihre Nachbarschaft kümmert. Denn wo wir nicht präsent sind, diktieren andere die Preise: In Libyen ist das Vakuum der EU gefüllt worden von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Russland und der Türkei", so Nouripour.
Vorgängermission scheiterte an einigen EU-Staaten
Nun war es schwierig genug, sich von EU-Seite überhaupt auf eine neue Mittelmeer-Mission zu einigen. Die Vorgängerin namens "Sophia" war auch deshalb erst auf Eis gelegt und dann beendet worden, weil einige EU-Staaten wie Ungarn oder Österreich darauf beharrten, die Rettung von Flüchtlingen in Seenot durch "Sophia"-Schiffe würde noch mehr Menschen dazu bewegen, die Reise über das Mittelmeer anzutreten.
Sophia-Nachfolgerin "Irini" soll sich nun in erster Linie um die Eindämmung des Waffenschmuggels kümmern und abseits der Flüchtlingsrouten operieren. Doch ob die nach einer griechischen Friedensgöttin benannte EU-Mission ihrer Hauptaufgabe wird gerecht werden können und zumindest für ein bisschen mehr Frieden in Libyen sorgen kann, ist fraglich.