Reaktionen im Fall Lübcke "Abgründe an Häme und Hass"
Ein erschreckendes Ausmaß an Gewalt, ein neues Stadium des Rechtsterrorismus, Abgründe des Hasses: Auf das Geständnis des Verdächtigen im Fall Lübcke haben Politiker reagiert - und Konsequenzen gefordert.
Nach dem Geständnis des Verdächtigen im Mordfall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble eine konsequente Reaktion des Rechtsstaates verlangt.
"Das Machtmonopol des Staates ist dazu da, dass es auch angewandt wird. Konsequent und durchschlagend", sagte der CDU-Politiker zur Eröffnung der Bundestagssitzung. Sollten sich die Vermutungen der Bundesanwaltschaft über die Tatmotive bestätigen, wofür nach dem Geständnis des Tatverdächtigen vieles spreche, "haben wir es mit einem erschreckenden Ausmaß an rechtsextremistischer Gewalt zu tun", betonte Schäuble.
Neben dem rechtsextremistischen Gewaltpotenzial gehörten "die Abgründe an Häme und Hass inmitten unserer Gesellschaft" gegenüber denen, die in unserem Land Verantwortung übernähmen, zu den beklemmenden Erfahrungen der jüngsten Tage, sagte Schäuble.
In einigen Fällen sei dies womöglich nur "Gedankenlosigkeit oder schlicht Dummheit" geschuldet. Aber menschenfeindliche Hetze sei Nährboden für Gewalt, bis hin zum Mord - "und wer diesen Nährboden düngt, macht sich mitschuldig."
Attentat müsse "Wendepunkt" sein
Auch andere Politiker zeigten sich schockiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel nutzte den Fall für eine Mahnung: "Der Kampf gegen Rechtsextremismus erfordert eine klare Absetzung vom Rechtsextremismus." In der Debatte dürften keine Lücken eröffnet werden, die Gedanken ermöglichten, die solchen Taten irgendeine Legitimität verschafften.
Außenminister Heiko Maas warnte davor, den Fall mit dem Geständnis als erledigt zu betrachten. Die Hintergründe müssten aufgeklärt werden, sagte der SPD-Politiker und frühere Justizminister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Mit diesem Mord sei "ein ganz anderes Stadium des Rechtsextremismus erreicht worden", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU).
Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka sagte, der Mordfall zeige, wie weit sich "der braune Terror" ausgebreitet habe. Das Attentat müsse "ein Wendepunkt werden". Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz forderte, rechtsterroristische Strukturen stärker zu durchleuchten. Die Behörden müssten Menschen, die sich bedroht fühlten - etwa weil sie sich als Ehrenamtliche oder Politiker für Flüchtlinge einsetzen - eine Einschätzung über ihre konkrete Gefährdung liefern.
Nach Ansicht von FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae stellt sich die Frage, ob die richtigen Konsequenzen aus der NSU-Affäre gezogen worden seien.