Nach Anschlag in Magdeburg Bundestag will Antworten auf offene Fragen
Fünf Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt. Wäre der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg vermeidbar gewesen? Das beschäftigt heute zwei Gremien des Bundestages.
Mehr als eine Woche nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg beginnt die politische Aufarbeitung im Bundestag. Im Innenausschuss beraten dazu ab heute Mittag unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, Verfassungsschutz-Vizepräsident Sinan Selen sowie die Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) erwartet.
Bereits vor seiner Todesfahrt war der Attentäter von Magdeburg, Taleb A., den Sicherheitsbehörden bekannt. Nun soll geklärt werden, wie der 50 Jahre alte Mann mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt rasen und fünf Menschen töten und etwa 230 Menschen verletzen konnte. Im Fokus stehen mögliche Pannen der Behörden bei früheren Auffälligkeiten des Täters - insbesondere der mangelnde Informationsaustausch - und bei der Sicherung des Weihnachtsmarkts. Die Sitzung ist nicht öffentlich, Faeser will sich aber im Anschluss äußern.
Zudem fand am Vormittag eine Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums statt, das unter anderem die Nachrichtendienste des Bundes überwacht. Es tagt im Geheimen. Bisher hat sich noch keiner der Teilnehmenden zum Inhalt der Sitzung öffentlich geäußert.
Aufarbeitung und Aufklärung
SPD-Chef Lars Klingbeil verlangte eine konsequente und schonungslose Aufarbeitung des Anschlags. Alles müsse auf den Tisch kommen, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Klingbeil bot an, noch vor der Bundestagswahl schärfere Sicherheitsgesetze zu beschließen. Polizei und Sicherheitsbehörden bräuchten alle Möglichkeiten, für Sicherheit zu sorgen.
Die Grünen erwarten Aufschluss über die Hintergründe. Die genauen Geschehensabläufe vor, während und nach der Tat, die Informationsflüsse und Verantwortlichkeiten müssten genauestens dargestellt werden, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Aufarbeitung sei für die Angehörigen und Verletzten und für die Öffentlichkeit wichtig. Dafür braucht es nach Einschätzung der Politikerin mehr als eine Ausschusssitzung.
Eine Ausnahme machen wir dann, wenn die Täterschaft gut belegt ist. So ist es auch im Fall des Anschlags von Magdeburg. Hier ereignete sich die Tat in der Öffentlichkeit. Taleb A. wurde festgenommen, nachdem er aus dem Tatfahrzeug ausgestiegen war. Deshalb sprechen wir künftig von Taleb A. als Täter und Todesfahrer und verzichten auf den Zusatz "mutmaßlich".
Auch der Pressekodex sieht dieses Vorgehen vor. In Richtlinie 13.1 heißt es dazu: "Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn (...) er die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. In der Sprache der Berichterstattung ist die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich sind."
Söder fordert "Zeitenwende"
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder forderte gar eine "Zeitenwende" für die Innere Sicherheit. "Wir müssen endlich aufwachen. Wir leben in einer anderen Zeit", sagte er der Bild am Sonntag. "Wir nutzen nicht die technischen Möglichkeiten, die wir hätten, um das Land sicherer zu mache", sagte er.
So sei die Vorratsdatenspeicherung "elementar wichtig", um Kriminalität und Terrorismus einzuschränken, die Speicherung von IP-Adressen sei "entscheidend", um am Ende auch Täter zu finden.