Sachsens Ministerpräsident Kretschmer "Die Situation ist dramatisch"
Die Politik will illegale Migration begrenzen. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer fordert nun schnelle Maßnahmen. Im Bericht aus Berlin nennt er stationäre Grenzkontrollen - und die Ausweitung sicherer Herkunftsländer.
In der Debatte um die Migrationspolitik hat sich Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer für schnelle und strikte Maßnahmen ausgesprochen. Als Beispiel nannte er systematische Grenzkontrollen zu den Nachbarländern Polen und Tschechien. "Die Situation ist dramatisch", sagte der CDU-Politiker im Bericht aus Berlin. Stationäre Kontrollen seien daher nötig, um die Situation in den Griff zu bekommen und Menschen auch zurückweisen zu können. "Es bleibt uns gar nichts anderes übrig."
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich am Wochenende offen für vorübergehende stationäre Grenzkontrollen ausgesprochen, um Schleuserkriminalität härter zu bekämpfen. Außerdem müsse die Schleierfahndung in den Grenzgebieten ausgeweitet werden, sagte sie. Die Union warf ihr daraufhin vor, unklare Ankündigungen zu machen, und forderte dauerhafte Grenzkontrollen.
Kretschmer kritisierte die Bundesregierung zudem für das aus seiner Sicht lange Zögern. "Wir sprechen seit einem Jahr mit der Bundesregierung hinter verschlossenen Türen, aber es passiert nichts." Das gelte auch für die Themen Rückführungsabkommen und sichere Herkunftsstaaten. Man müsse etwa an die nordafrikanischen Staaten und die Menschen dort "ein klares Signal senden: Es hat keinen Sinn, sich auf den Weg zu machen." Das ließe sich etwa durch die Einstufung als sicheres Herkunftsland erreichen.
"Rückführungsabkommen bisher nicht gewollt"
Zudem müsste Deutschland diese Länder dazu bringen, ihre in Deutschland ausreisepflichtigen Staatsbürger zurückzunehmen. Diese Länder bekämen Entwicklungshilfe, es gebe wirtschaftliche Zusammenarbeit. "Es wird ja wohl möglich sein, dass die Außenministerin und andere sich auf den Weg machen und in Nordafrika dafür sorgen, dass Rückführungsabkommen verhandelt werden. Natürlich geht das, wenn man das will. Nur das war bisher nicht gewollt."
Generell sei es wichtig, dass "wir als Deutsche zunächst einmal für uns entscheiden in einem gesellschaftlichen Konsens: Wie vielen Menschen wollen wir pro Jahr Schutz geben? Und da sind die 200.000 genannt worden." Das sei eine Zahl, an der man sich orientieren könne. Wenn die Zahlen dennoch schneller stiegen, "muss man zu anderen Werkzeugen, zu anderen Instrumenten greifen". Angesprochen auf den Vorschlag seines CDU-Parteikollegen Thorsten Frei, das Grundrecht auf Asyl auszusetzen, sagte Kretschmer: "Man darf am Anfang nicht alles vom Tisch nehmen."
Breite Debatte
Im Laufe des Wochenendes hatten sich bereits zahlreiche Politiker zu Wort gemeldet. Dabei wurden Appelle für ein parteiübergreifendes Vorgehen lauter - doch die Debatte wird auch zusehends gereizt. Vertreter von Bundesregierung und Union forderten am Wochenende zu gemeinsamen Lösungen auf.
CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte in der "Augsburger Allgemeinen" eine Inkonsequenz bei Zurückweisungen und Abschiebungen. Am Samstag hatte er die Bundesregierung scharf attackiert: "Ich biete Ihnen an: Lassen Sie uns das zusammen machen, und wenn Sie das mit den Grünen nicht hinbekommen, dann werfen Sie sie raus, dann machen wir es mit Ihnen - aber wir müssen dieses Problem lösen", sagte er beim CSU-Parteitag in München.
Warnung vor Populismus
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil warnte vor Populismus. Die eine "Zaubermaßnahme" gebe es nicht, betonte er in der "Bild am Sonntag". Es dürfe jedenfalls nicht das individuelle Grundrecht auf Asyl infrage gestellt werden. Klingbeil sprach sich für mehr Grenzkontrollen und eine stärkere Bekämpfung von Schleusern aus. Wer in Deutschland bleiben dürfe, müsse rasch eine Arbeitserlaubnis bekommen; wer dagegen nicht bleiben könne, müsse das Land verlassen.
Ein gemeinsames europäisches Asylsystem sollte schnellstmöglich eingeführt werden, forderte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der "Bild"-Zeitung.
Ampel streitet
Doch auch innerhalb der Ampelkoalition gibt es Streit. Die FDP forderte ein Umdenken bei den mitregierenden Grünen beim Thema Begrenzung der Migration. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte: "Wir brauchen eine parteiübergreifende Lösung für die Herausforderungen in der Migrationspolitik." In diesem Zusammenhang seien die Grünen aufgefordert, ihre "Blockaden" aufzugeben.
"Ob bei Reformen auf europäischer Ebene oder bei der Einstufung der sicheren Herkunftsländer: Die Grünen sind in der Migrationspolitik ein Sicherheitsrisiko für das Land und erschweren durch realitätsferne Positionen konsequentes Regierungshandeln und parteiübergreifende Lösungen", kritisierte Djir-Sarai.