Ein Schild mit der Aufschrift "Achtung Hochwasser" steht am 05.06.2024 überfluteten Ufer von Passau

Hochwasser in Süddeutschland Die Anspannung bleibt

Stand: 06.06.2024 12:05 Uhr

Das Hochwasser in Süddeutschland fließt nur langsam ab, in Passau soll der Pegelstand sogar noch leicht steigen. Die Suche nach Vermissten geht weiter. Derweil drohen schon die nächsten Regenfälle.

Nach tagelangem Dauerregen herrscht in Bayern inzwischen weitgehend wieder sommerliches Wetter. Doch der Sonnenschein ist trügerisch: Die Hochwasserlage bleibt weiter angespannt. Besonders an der Donau gibt es noch keine Entwarnung, nur langsam fließen die gewaltigen Wassermengen ab.

In Regensburg, Straubing und Passau gilt weiterhin die höchste Hochwasser-Meldestufe vier mit Pegelständen zwischen gut sechs bis über 8,80 Metern am Morgen - ein Drittel mehr als normalerweise. Während das Wasser in den anderen beiden Städten langsam sinken soll, soll es in Passau laut Prognose sogar noch leicht zunehmen.

Sorge um Schutzwände in Regensburg

Sorgenkind ist besonders Regensburg, wo der Boden entlang einer Straße in der Altstadt völlig durchweicht ist. Die Ortskräfte haben Bedenken, dass der weiche Boden versagen und dadurch Schutzelemente abrutschen könnten, die aktuell das Wasser aufhalten. Um den Druck von den Schutzwänden zu nehmen, verzichtete die Stadt zeitweise darauf, das durch die Schutzwände fließende Wasser zurück in die Donau zu pumpen.

Weil das Wasser nur so langsam abfließt, bitten die Städte die Bürgerinnen und Bürger, weiterhin vorsichtig und geduldig zu sein. Durch den hohen Grundwasserspiegel könnte nach wie vor Wasser in Keller eindringen.

Weiterer Starkregen und Unwetter am Wochenende

Während die Hochwasserlage in der Oberpfalz und Niederbayern angespannt bleibt, entspannt sich die Situation weiter westlich an der Donau. Im zwischenzeitlich stark betroffenen Landkreis Neuburg-Schrobenhausen fielen die Pegelstände an der Donau wieder auf Meldestufe drei von vier. Der Wasserstand des Flusses Paar, der vor einigen Tagen noch massive Probleme in der Region bereitet hatte, fiel auf die mittlere Meldestufe zwei.

Ruhe beim Wetter kehrt allerdings erstmal nicht ein: An manchen Orten drohen laut Deutschem Wetterdienst schon die nächsten Unwetter mit Starkregen. Südlich der Donau kann es am Freitag nass werden, am Samstag erwarten die Meteorologen im Norden sowie südlich des Mains Schauer, im Süden auch kräftige Gewitter mit Starkregen und lokale Unwetter.

Zugstrecken teilweise wieder frei

Ein Stück Normalität kehrt trotzdem schon zurück: Ab heute sollen Schulen und Kindergärten in der Passauer Altstadt wieder öffnen. "Die nächsten Tage werden ganz im Zeichen von Aufräumarbeiten stehen", sagte Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD).

In vielen Regionen sind auch die Fernverkehrszüge der Bahn wieder auf wichtigen Strecken unterwegs, darunter Ulm-Augsburg-München oder Donauwörth-Augsburg. Gesperrt bleibt noch die Eurocity-Express-Verbindung von München über Lindau nach Zürich sowie die ICE-Strecke Nürnberg-Würzburg. Dort verspäten sich Züge um etwa 25 Minuten wegen einer Umleitung.

Im Regionalverkehr müssen Fahrgäste wegen Streckensperrungen weiter mit Verspätungen und Zugausfällen rechnen, unter anderem zwischen Kitzingen und Würzburg sowie zwischen Landshut und Regensburg.

Mitarbeiter des THW und der Feuerwehr reinigen die Uferstraßen in Passau

Das Aufräumen beginnt: Mitarbeiter des THW und der Feuerwehr reinigen Straßen in Passau.

Wassersport auf Flüssen "absolut lebensgefährlich"

Das aktuell schöne Wetter in Süddeutschland verleitet schon die Ersten, die Flüsse wieder für Wassersport zu nutzen - zum Entsetzen der Einsatzkräfte. "Wir haben schon Kanufahrer und Standup-Paddler gehabt, die sich auf der Donau bewegen", sagte Andreas Dietz von der Wasserwacht Passau im ARD-Morgenmagazin.

Das sei absolut lebensgefährlich - und auch ein Problem für die Rettungskräfte. "Wenn dort was passiert, müssen wir raus, und auch unsere Einsatzkräfte in Gefahr bringen."

22-jähriger Feuerwehrmann weiter vermisst

Bei dem Hochwasser in Süddeutschland kamen mindestens sechs Menschen ums Leben - allein vier davon in Bayern. Aktuell werden laut bayerischem Innenministerium noch drei Menschen vermisst, darunter ein 22-jähriger Feuerwehrmann, der in Schwaben kenterte. Die übrigen vier Einsatzkräfte an Bord konnten sich an Land retten und blieben unverletzt.

Die Suche nach dem vermissten Kollegen geht heute weiter. "Wir geben die Hoffnung nicht auf", sagte ein Sprecher der Kemptener Polizei. Im Laufe des Tages wollen die Retter versuchen, an den Ort zu gelangen, an dem das gekenterte Boot gesichtet wurde, in dem sich der Feuerwehrmann befand. Das war bislang nicht möglich, weil Treibgut den Weg versperrt.

Hoffnung macht ihnen die Geschichte einer 32-Jährigen, die nach zweieinhalb Tagen im überfluteten Silberwald von einem Baum gerettet wurde. Mit einer Drohne wurde sie am Dienstag entdeckt und in ein Krankenhaus gebracht.

Scholz sagt Betroffenen Hilfe für Hochwasserschäden zu

Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Betroffenen des Hochwassers derweil erneut die Hilfe des Staates zugesagt. "Wir werden diese Schäden - wie bei früheren Hochwassern auch - gemeinsam mit den Ländern bewerten und Hilfe organisieren", versprach der SPD-Politiker in seiner Regierungserklärung im Bundestag. Der Bundeskanzler dankte auch erneut allen Helfern.

Zugleich räumte Scholz ein, Bund und Länder müssten sich besser auf solche Katastrophen vorbereiten. Überall im Land müssten Flutpolder und Rückhaltebecken entstehen - auch wenn das nicht beliebt sei. Am 20. Juni will er mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder über eine Versicherungspflicht für Elementarschäden beraten. "Eigentümer von Häusern und Wohnungen müssen sich gegen Elementarschäden versichern können", sagte Scholz.

Die reguläre Gebäudeversicherung zahlt für Sturm und Hagelschäden, nicht jedoch bei Hochwasser. Für eine Zusatzversicherung finden Hauseigentümer in extrem hochwassergefährdeten Gebieten oft keine Versicherer. Bisher springen nach Flutkatastrophen regelmäßig Bund und Länder ein, mit Milliardenkosten für die Allgemeinheit.

Überflutete Wahllokale, verlorene Unterlagen

Das Hochwasser in Süddeutschland wirkt sich auch auf die Europawahl aus: Teilweise braucht es in Bayern neue Wahllokale, Wahlunterlagen gingen verloren. Laut Landeswahlleiter sei es aber möglich, dass die Wahl ordnungsgemäß stattfindet.

Wer seine Wahlunterlagen durch das Hochwasser verloren oder noch gar nicht erhalten hat, solle sich so schnell wie möglich an seine Gemeinde wenden und neue Unterlagen beantragen. Neue Wahlscheine bekommt man noch bis Samstag um 12 Uhr.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 06. Juni 2024 um 12:00 Uhr.