Schönbohm gegen Böhmermann Ex-BSI-Chef bekommt Recht - aber kein Geld vom ZDF
Der ZDF-Satiriker Böhmermann hat Unwahrheiten über den damaligen BSI-Chef Schönbohm verbreitet. Eine Entschädigung steht diesem aber nicht zu, entschied das Landgericht München. Der Vorgang hatte auch Innenministerin Faeser in Bedrängnis gebracht.
Das ZDF darf vier bestimmte Behauptungen über den ehemaligen Präsidenten des des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, nicht mehr verbreiten. Schönbohm hatte vor dem Landgericht München gegen Veröffentlichungen im ZDF Magazin Royale von Jan Böhmermann und auf der Webseite zdf.de geklagt. Die Forderung nach einer Entschädigungszahlung in Höhe von 100.000 Euro wies das Gericht allerdings zurück.
Insbesondere zwei im Rahmen der Satire-Sendung von Böhmermann getätigte Äußerungen könnten "so verstanden werden, dass der Kläger bewusste Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten gehabt habe", urteilte das Gericht. Dies stelle "eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht" verletze.
Satire darf nicht alles
Das Gericht begründete sein Urteil unter anderem damit, dass sich auch satirische Äußerungen an den Maßstäben der Meinungsfreiheit messen lassen müssen, wenn es um den Tatsachenkern der Aussage gehe. Es sei "ein großzügiger Maßstab anzulegen, der seine Grenze jedoch dort finde, wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persönlichkeitsrecht verletzende Tatsachenbehauptung" darstelle. Bei vier von insgesamt fünf Äußerungen im ZDF sei diese Grenze nach Ansicht der Richter überschritten.
Bei der fünften der angegriffenen Äußerungen handele es sich dagegen um eine satirisch zugespitzte Meinungsäußerung, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die deshalb unter Abwägung der Umstände noch hinzunehmen sei. Das ZDF hatte hingegen argumentiert, dass die Berichterstattung nicht so zu verstehen sei, dass man Schönbohm bewusste Kontakte nach Russland unterstellt habe. Schönbohm selbst habe jedoch "unbewusste Kontakte" zu russischen Geheimdiensten nicht ausschließen können.
Unmut über BSI-Chef wohl schon vorher
In der Ausgabe des "ZDF Magazin Royale" vom 7. Oktober 2022 beschäftigte sich die Redaktion mit dem von Schönbohm mitgegründeten Verein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland". Dieser soll Verbindungen zum russischen Geheimdienst gehabt haben. Dies allerdings erst lange, nachdem Schönbohm seine Tätigkeiten im Verein ruhen ließ, weil er an die Spitze des BSI wechselte. Die Behörde ist in Deutschland für die IT-Sicherheit zuständig.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte Schönbohm wenige Tage nach der Ausstrahlung als BSI-Präsident abgesetzt und war daraufhin selbst unter Druck geraten.
Später war bekannt geworden, dass einem internen Schreiben zufolge auch Beschwerden einer ehemaligen Abteilungsleiterin des Innenministeriums bei der Entlassung eine Rolle gespielt hätten. Sie habe sich im Sommer 2022 beim Ministerium "mit erheblichen Vorwürfen" über Schönbohm hinsichtlich seines "Führungsverhaltens sowie mangelnder Berücksichtigung von Gleichstellungsbelangen" gemeldet. Auch einige Alleingänge Schönbohms hätten das Ministerium zu seiner Entscheidung geführt.
Schönbohm-Anwalt will weitere Schritte prüfen
Schönbohm forderte in einer Stellungnahme, die sein Anwalt verbreitete, eine transparente Aufarbeitung und personelle Konsequenzen beim ZDF. "Mit völlig haltlosen Vorwürfen hat Jan Böhmermann meine Integrität zerstört, ebenso irreparabel meine Karriere", sagte er und sprach von einer "medialen Hinrichtung". Dem früheren BSI-Chef sei es laut seines Anwaltes vor allem darum gegangen sei, "den Lügenjournalismus aufzudecken".
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Schönbohms Anwalt kündigte an, wegen der abgelehnten Entschädigung Rechtsmittel prüfen zu wollen. Schönbohm ist seit dem 1. Januar 2023 der Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. Das ZDF will sich erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung äußern.
Az.: 26 O 12612/23