Ein "Compact"-Plakat bei "Pegida" in Dresden
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Compact-Magazin verboten Rechtsextreme Agitation mit gefährlicher Reichweite

Stand: 16.07.2024 17:42 Uhr

Für das Verbot des Compact-Magazins gibt es gute Gründe. Es wirft aber viele Fragen auf, und letzte Zweifel an der Rechtmäßigkeit bleiben. Ein Gericht sollte die Entscheidung überprüfen.

Ein Kommentar von Michael Götschenberg, ARD-Hauptstadtstudio

Verbieten ja oder nein? Geht das so einfach? Und bringt das überhaupt etwas? Es sind die immer selben Fragen, die gestellt werden, wenn es um ein Vereinsverbot geht. Zwei Faktoren spielen dabei eine Rolle: die Rechtmäßigkeit und die politische Klugheit.

Zunächst mal ist es eine politische Entscheidung, ob man zu diesem Mittel greift - eine Zwangsläufigkeit gibt es nicht. Zweieinhalb Jahre ist es her, dass der Verfassungsschutz Compact als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft hat - ein Verbot kann die Konsequenz daraus sein, muss es aber nicht. Wenn eine Neonazi-Vereinigung wie Combat 18 verboten wird, fragt keiner allen Ernstes, ob das rechtmäßig war.

Kein Zweifel: Compact war rechtsextremistisch

Es besteht kein Zweifel daran, dass Compact rechtsextremistisch war. Doch die Frage, ob das Verbot rechtmäßig ist, ist in diesem Fall alles andere als abwegig. Denn es gibt durchaus Argumente dagegen: die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit - Grundrechte also.

Stehen sie in diesem Fall einem Verbot entgegen? Das Bundesinnenministerium meint: nein. Es dürfte kein Zufall sein, dass die Bundesinnenministerin bei Compact von einer rechtsextremistischen Plattform spricht. Das klingt nicht nach Presse.

Und Compact war auch genau das - eine rechtsextremistische Agitations-Plattform, denn journalistische Kriterien wie Ausgewogenheit in der Berichterstattung spielten bei Compact keine Rolle.

Pseudojournalistische Plattform für Rechtsextreme

Compact war der Ort, wo waschechte Rechtsextremisten wie Martin Sellner von der Identitären Bewegung eine Plattform hatten, wo aber auch die AfD ihre Botschaften unwidersprochen verbreiten konnte - in einem pseudo-journalistischen Kontext. Und das mit erheblicher Reichweite. Und die Reichweite war das eigentlich Gefährliche an Compact.

Deshalb gab es viele gute Gründe, Compact den Stecker zu ziehen. Doch war es auch politisch klug? Richtig ist, dass ein Verbot kein Problem endgültig löst. Die Akteure verschwinden dadurch nicht. Oftmals finden sie sich in anderer Konstellation wieder zusammen und machen weiter. Doch das kann nicht der Grund sein, Extremisten einfach weitermachen zu lassen.

Gericht sollte Verbot überprüfen

Eine extremistische Struktur zu zerschlagen, deutlich zu machen, dass der Staat nicht hinnimmt, wenn immer wieder rote Linien überschritten werden, ist entscheidend, wenn man es ernst meint mit der Verteidigung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Aber keine Frage: Umso wichtiger ist es, dass ein solches Verbot auch in Einklang mit Recht und Gesetz steht.

Deshalb wäre es wichtig, wenn das Compact-Verbot gerichtlich überprüft würde. Allein schon, damit das Narrativ vom angeblichen Polizeistaat oder dem Anschlag auf die Meinungsfreiheit, das am rechten Rand nun verbreitet wird, nicht verfängt.

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