Einigung auf EU-Asylreform Nicht ideal, aber besser als der Status quo
Mit der Einigung auf das Asylpaket hat die EU Handlungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein bewiesen. Auch wenn der Kompromiss nach jahrelangem Ringen nicht ideal ist: Besser als der Status quo ist er allemal.
Kaum ein Thema sorgt für so viel Spannung in den europäischen Gesellschaften, wie das der Migration. Mehrere Regierungen in der EU sind deswegen nach rechts gerückt. In den Niederlanden ist sogar eine Mitte-Links-Koalition daran zerbrochen. Die AfD treibt die Bundesregierung in der Frage vor sich her und steuert auf schwindelerregende Zustimmungswerte bei den kommenden Landtagswahlen zu.
EU-Staaten müssen sich um Asylberechtigte kümmern
Im Rechtsruck äußert sich vor allem das große Bedürfnis, Fluchtbewegungen in Bahnen zu lenken. Dafür Lösungen anzubieten, darf jedoch kein Alleinstellungsmerkmal von Rechtspopulisten sein. Stattdessen sollten demokratische Parteien diesen Anspruch an sich selbst haben. Im EU-Parlament haben Christ- und Sozialdemokraten sowie Liberale bewiesen, dass sie sich der Aufgabe stellen und dem Pakt zugestimmt.
Auch wenn der Kompromiss nicht ideal ist: Besser als der Status quo ist er allemal. Selbstverständlich muss dafür gesorgt werden, dass sich die EU-Staaten um diejenigen Flüchtlinge kümmern, die Anspruch auf Asyl haben. Der Asylkompromiss gibt ihnen endlich Raum dafür. Damit sich die Länder in Zukunft stärker auf die regulären Verfahren für Schutzberechtigte konzentrieren können, muss schneller Klarheit herrschen für Migranten ohne Bleibeperspektive. Das ist die Idee hinter den Grenzverfahren. Freilich ist damit noch nicht gesagt, dass diese Schnellverfahren tatsächlich in zwölf Wochen abgeschlossen sein werden und noch weniger, dass die Abschiebungen wie vorgesehen in weiteren zwölf Wochen gelingen.
Frage der Rückführungen überhaupt nicht geklärt
Die große Achillesverse des Kompromisses bleibt, dass die Frage der Rückführungen überhaupt nicht geklärt ist. Es gibt schlichtweg keine Gewissheit, ob Transit- und Herkunftsländer bei dem EU-Asylpaket mitspielen. Trotzdem durfte das kein Grund sein, das Regelwerk platzen zu lassen. Im vergangenen Jahr hatte es mehr als eine Million Asylanträge in der Europäischen Union gegeben, es wurden nahezu die Zahlen von 2015 wieder erreicht. Das verdeutlicht nochmal, wie dringend eine Asylregelung in der EU nötig ist.
Es ist eine große Erleichterung, dass es bei der Entscheidung im Parlament mal nicht auf die Grünen ankam. Vor allem aus Sorge um haftähnliche Bedingungen in den Schnellverfahren haben sie in einigen Teilen gegen das Paket gestimmt. Aber sie können nicht glaubhaft erklären, warum es zwangsläufig menschenunwürdige Zustände geben wird.
Vielmehr ist es das erklärte Ziel des Paktes, keine weiteren Flüchtlingslager wie im griechischen Moria entstehen zu lassen, in denen Menschen monate- oder jahrelang im Unklaren gelassen werden, ohne Perspektive für ihre Zukunft. Das sollten eigentlich auch die Grünen unterstützen.
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