Pläne der EU-Kommission Europas Industrie retten - ohne Schulden?
Mit ihren Plänen für eine grüne Industrie will EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen mit den USA und China mithalten. Neue gemeinsame Schulden soll die EU dafür nicht machen. Das ist riskant.
Das also soll Europas Antwort auf das fast 400 Milliarden Dollar schwere Subventionsprogramm der Regierung Biden in den USA sein. Die Antwort auf die massiven Staatshilfen der chinesischen Führung für lokale Unternehmen. Die Antwort auf staatliche Unterstützungen, wie sie auch in Kanada oder in Japan gemacht werden - um die Wirtschaft in Zeiten der hohen Inflation zu schützen. Aber vor allem: um sie umzubauen - hin zur Nachhaltigkeit, zum Klimaschutz.
Das will Europa ja auch: Kein CO2-Ausstoß mehr bis zum Jahr 2050 und große Schritte hin zur Kohlenstoffdioxid-Reduktion schon bis zum Ende dieses Jahrzehnts. Ein riesiger Anspruch, aber die Schritte sind bisher deutlich zu klein und werden gebremst durch den Ukraine-Krieg, die Geldentwertung und schlechte Aussichten.
Um es gleich deutlich zu sagen: Was die EU-Kommission und ihre Präsidentin Ursula von der Leyen da heute in Brüssel vorgelegt haben, wird daran kaum etwas ändern. Es ist, wie es ausgerechnet ein Europaparlamentarier der CSU treffend auf den Punkt gebracht hat: nicht viel mehr als alter Wein in neuen Schläuchen.
International mithalten - durch umschichten?
Die Kommissionspräsidentin - wortreich wie immer - betont zwar, wie wichtig der schnelle Umbau von Europas Wirtschaft und Gesellschaft hin zu den Null-Emissionen sei. Sie bekräftigt zwar die Notwendigkeit, dabei international nicht ins Hintertreffen zu geraten und besser zu sein als die anderen ökonomisch relevanten Blöcke auf diesem Globus. Aber dann sagt sie: Vorhandenes Geld aus EU-Töpfen müsse nun zügiger investiert werden - und meint vor allem bisher ungenutzte dreistellige Milliardenbeträge aus dem Corona-Rettungsfonds. Umschichten will sie die Mittel.
Warum das zusätzliche Investitionen bringen soll, neue Impulse und Europa gar international einen Wettbewerbsvorteile - das bleibt ihr Geheimnis. Denn eigentlich war das Geld ja dafür gedacht, die ökonomischen Blessuren durch Corona in der EU zu heilen und die Mitgliedsstaaten trotz ihrer unterschiedlichen Finanzkraft zusammenzuhalten.
Innereuropäischer Subventionswettlauf
Offenbar spielen solche Absichten jetzt keine Rolle mehr, im Gegenteil: Zusätzlich will die Kommission nämlich auch das europäische Beihilferecht lockern. Das ist eigentlich unverzichtbar, damit der Binnenmarkt funktioniert und nicht in Schieflage rutscht. Die Konsequenz: Ökonomisch starke Staaten wie Deutschland und Frankreich können ihre eigenen Industrien munter unterstützen, die kleinen bleiben bei so einem innereuropäischen Subventionswettlauf auf der Strecke. Unwahrscheinlich, dass das gut geht.
Und dann? Dann müssen die Schwachen doch wieder mit riesigen Zahlungen aus Brüssel unterstützt werden, damit die EU nicht zerreißt. Wie man das verhindern will und trotzdem im internationalen Wettbewerb in nie gekannten globalen Krisenzeiten bestehen will, an dieser Frage hat sich die EU-Kommission mit diesen Plänen vorbeigemogelt. Ansonsten hätte sie nämlich zumindest neue gemeinsame europäische Schulden als ein mögliches Mittel der Wahl zumindest ins Spiel bringen müssen. Dass sie es nicht getan hat, ist - vorsichtig gesagt - nicht ohne Risiko.