Regierungserklärung im Bundestag Scholz geht riskante Wette ein - und Merz auch
In der Regierungserklärung blieb der Kanzler seiner nüchternen Linie treu, doch sein Mantra hat Risse bekommen. Merz will das ausnutzen - aber auch sein Angriffsmodus ist riskant.
Mit dieser Regierungserklärung ist Olaf Scholz eine Wette eingegangen. Eine Wette darauf, dass beruhigende Sätze am Ende beim Wähler ankommen. Sätze wie: An Ihrem Alltag wird sich nichts ändern. Die Botschaft: Machen Sie sich keine Sorgen, das übernehmen wir für Sie.
Auch wenn das Bundesverfassungsgericht der Regierung ihre Haushaltspläne gerade unterm Allerwertesten weggezogen hat, sieht der Bundeskanzler offenbar keinen Grund, irgendetwas an seiner Art zu ändern, Politik zu machen: Ruhe bewahren, nüchtern erklären, Lösungen im Klein-Klein erarbeiten. Nicht sexy, nicht die große Samstagabendshow.
Mit ebendieser Strategie ist es Olaf Scholz gelungen, Kanzler zu werden - und offensichtlich meinen seine Berater: Lass es uns noch mal probieren!
Enttäuschung statt Entschuldigung
Die Erwartungshaltung an die Regierungserklärung war im Vorfeld gewaltig. Eine Entschuldigung hatten viele gefordert, eine Ruck-Rede, irgendetwas Großes. Diese Erwartung hat Scholz enttäuscht.
Aber wer guckt schon die ganze Rede am Stück? Wer hat die Zeit, sich am Vormittag den Livestream aus dem Bundestag anzusehen? Wahrscheinlich wenige. Die meisten nehmen einen kleinen Ausschnitt in den Nachrichten wahr. Und wenn der lautet: Machen Sie sich keine Sorgen - dann geht Scholz' Wette vielleicht auf.
Merz sieht sich als der bessere Kanzler
Eine Wette ist auch der Oppositionsführer eingegangen: Friedrich Merz im Angriffsmodus. Die Bundesregierung bezeichnete er vor dem Parlament als peinlich. Nannte Scholz abwertend einen "Klempner der Macht". Rief ihm zu: Die Schuhe eines Kanzlers seien ihm ein paar Nummern zu groß. Scharfe Polemik, wenig staatsmännisch.
Gleichzeitig ließ Merz keinen Zweifel daran, dass er der fähigere Staatsmann sei. Der bessere Kanzler. Mehr Durchblick, mehr Weitsicht, mehr Plan. Gestützt von Umfragen, die die CDU mit deutlichem Abstand vorn sehen, wähnt er sich nur noch wenige Meter von seinem großen Traum entfernt: Endlich Kanzler sein.
Es ist eine Wette, weil Friedrich Merz in seinem langen Berufsleben noch nie zeigen konnte, dass er regieren kann. Er hat es schließlich noch nie getan. Nicht auf kommunaler Ebene, nicht in Nordrhein-Westfalen, nicht im Bund. Sein politisches Lebenswerk - es ist das eines Oppositionspolitikers, wo markige Sätze mehr zählen als konkrete Entscheidungen.
Mantra von Scholz bekommt Risse
Beide Wetten - die von Olaf Scholz, aber auch die von Friedrich Merz - sind, wie das bei Wetten so üblich ist, mit einem gewissen Risiko versehen. Das Mantra des Bundeskanzlers, dass man sich auf ihn verlassen könne, hat mit dem Karlsruher Urteil deutliche Risse bekommen. Denn offensichtlich hat er die Haushaltslage falsch eingeschätzt. Dieses verlorene Vertrauen wird, wenn überhaupt, nur sehr mühsam wieder herzustellen sein.
Aber auch die Wette von Friedrich Merz ist riskant. Sein harter Kurs gegen eine Reform der Schuldenbremse, seine Selbstsicherheit, alles besser zu machen, wenn er erstmal dran ist - all das könnten wie ein Boomerang zu ihm zurückkommen. Top, die Wette gilt.
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