Ursula von der Leyen wird nach ihrer Wahl im Plenarsaal des Europäischen Parlaments von zahlreichen Gratulanten beglückwünscht.
kommentar

Von der Leyens Wiederwahl Eine Spaltung, die nichts Gutes verheißt

Stand: 18.07.2024 17:24 Uhr

Mit von der Leyen wird Europa so weiterwurschteln wie bisher, meint Sabrina Fritz. Die EU-Kommissionschefin hat zwar gezeigt, dass sie kämpfen und Deals abschließen kann. Doch die Rechtspopulisten werden blockieren.

Ein Kommentar von Sabrina Fritz, ARD Brüssel

Am Ende hat Ursula von der Leyen ihre Wiederwahl den Grünen zu verdanken. Diese haben sie öffentlich unterstützt, während zum Beispiel die FDP nicht für sie gestimmt hat. Ohne die Grünen wäre es eng geworden. Denn das Ergebnis ist gut, aber auch nicht überragend. Von der Leyen hat nicht alle Abgeordneten aus der sogenannten Mitte überzeugen können. Ziemlich genau zehn Prozent hatten noch eine Rechnung offen oder finden ihre Politik einfach nicht gut.

Was heißt das nun für Europa? Von den Rechten bekam sie trotz kurzer Flirtversuche mit Giorgia Meloni aus Italien so gut wie keine Stimmen, die Mauer im EU-Parlament hält. Man könnte das aber auch als eine Spaltung bezeichnen. Und die verheißt nichts Gutes.

Denn die Rechtspopulisten sind ja nicht weg. Sie werden weiter alles blockieren was geht, wenn es um Geld, Kommissare oder soziale Verbesserungen geht. Die Verhandlungen und Deals werden ewig dauern. Ein modernes Europa, das sich schnell auf Veränderungen einstellen kann, wird es damit nicht geben.

Es wird wohl weitergewurschtelt

Dafür steht von der Leyen aber auch nicht. Mit ihr wird Europa in den nächsten Jahren so weiterwurschteln wie bisher. Die Nuancen werden sich leicht verschieben. Weniger Belastungen für die Wirtschaft. Das heißt vor allem keine neuen Vorschriften, aber welche alten will sie abschaffen? Wie soll der Wettbewerb mit China gelingen? Auch beim Klimaschutz herrscht eher Stillstand.

Der Kontinent soll bis 2050 weiterhin klimaneutral werden und aus dem Wort "technologieoffen" kann nun jeder herauslesen, was er will. Bleibt die große Verantwortung für Sicherheit und Demokratie in Europa.

Was von der Leyen kann

Dafür braucht von der Leyen vor allem die Unterstützung der Mitgliedsstaaten. Und die verändern sich gerade dramatisch. Sie werden auf jeden Fall extremer. Viktor Orban wird ihr nach dem letzten Rüffel keinen Krümel mehr entgegenkommen. Einzig die 20 Milliarden Euro, die er noch abgreifen will, dürften ihn ein bisschen gefügig machen.

Von der Leyen hat heute gezeigt, was sie kann: kämpfen und Deals abschließen. Dafür hat sie jeder Partei das vom Büffet gegeben, was ihr am besten schmeckt. Ihre eigenen Überzeugungen und Leitlinien für die nächsten Jahre drohen dabei in einem großen Matsch unterzugehen. Wenn sie einen Kompass braucht, sollte sie sich vielleicht daran erinnern, dass es die Grünen waren, die ihr zu einer zweiten  Amtszeit verholfen haben.

Redaktioneller Hinweis

Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 18. Juli 2024 um 17:15 Uhr auf NDR Info.