US-Außenminister Antony Blinken steigt in ein Flugzeug
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Krieg in Nahost ++ Blinken zu Gesprächen in Kairo eingetroffen ++

Stand: 18.09.2024 09:59 Uhr

Der US-Außenminister ist zu Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen nach Ägypten gereist. Die WHO hat der israelischen Armee den Beschuss eines Hilfskonvois im Gazastreifen vorgeworfen. Alle Entwicklungen im Liveblog.

  • Blinken zu Gesprächen in Kairo eingetroffen
  • Hersteller dementiert Produktion der Pager

Der Pager-Angriff im Libanon sei in Israel das Top-Thema, erklärt ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann. Dort gehen die Menschen ebenfalls davon aus, dass die Anschläge von Israel verübt worden seien. Regierung und Militär hätten sich jedoch nicht dazu geäußert, den Angriff aber auch nicht dementiert. Das sei aber nicht unüblich, so von der Tann.

Sophie von der Tann, ARD Tel Aviv, zu Pager-Explosionen im Libanon

tagesschau24, 18.09.2024 09:00 Uhr

Der Iran hat erste Hilfsteams in den Libanon entsandt. Neben Ärzten und Krankenschwestern sei auch der Leiter der Roten Halbmond-Gesellschaft aufgebrochen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. In Videos von Überwachungskameras im Libanon war gestern zu sehen, wie es etwa in Supermärkten zu kleineren Explosionen kam. Teils lagen Menschen danach am Boden. Bilder aus Krankenhäusern zeigten überfüllte Räume mit blutenden Patienten. Das Gesundheitssystem des Libanons ist nach der schweren Wirtschaftskrise, die den Mittelmeerstaat seit Jahren fest im Griff hat, völlig überlastet. 

Auch Irans Botschafter im Libanon, Modschtaba Amani, wurde Medienberichten zufolge bei der Explosion eines Pagers verletzt. Dieser habe einem Leibwächter gehört, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim. Die Hisbollah ist der wichtigste nichtstaatliche Verbündete der Islamischen Republik Iran.

Auch der Sicherheitsexperte Nico Lange hält es für möglich, dass der israelische Geheimdienst hinter den explodierenden Geräten steckt. Im WDR5-Morgenecho schätzte der Senior Fellow bei der Münchener Sicherheitskonferenz die mutmaßliche Geheimdienstoperation als außerordentlich schwierig ein: "Sie müssen schauen, vor welcher Herausforderung diejenigen stehen, die gegen die Hisbollah und andere Gruppen kämpfen, die vom Iran ausgestattet und unterstützt Israel angreifen. Das sind Terroristen: Die verstecken sich in der Zivilbevölkerung. Immer, wenn man versucht, ihrer habhaft zu werden, dann setzt man sich der Diskussion aus, man würde Zivilbevölkerung gefährden. Also das ist ja eine sehr schwierige Aufgabe", erklärte Lange. "Wenn man dann so ein Instrument findet und die Operation auch gelingen kann, hat man eine Möglichkeit gefunden, mit möglichst wenig Kollateralschäden Terroristen unschädlich zu machen."

Hisbollah-Chef Sajjed Hassan Nasrallah wird nach Angaben der libanesischen Miliz am Donnerstag eine Rede halten. Am Gestern waren bei der Explosion zahlreicher tragbarer Funkempfänger im Libanon, die von der Hisbollah zur Kommunikation genutzt werden, neun Menschen getötet und rund 3.000 verletzt worden. In libanesischen Sicherheitskreisen heißt es, der israelische Geheimdienst Mossad habe in den sogenannten Pagern Sprengsätze platziert gehabt. Die Hisbollah hat Vergeltung gegen Israel angekündigt. Israel äußerte sich bislang nicht zu den Explosionen.

Vier israelische Soldaten, darunter eine Sanitäterin, sind bei einer Explosion in einem Gebäude in Rafah im Süden des Gazastreifens getötet worden. Die israelische Armee bestätigte ihren Tod bei Kämpfen im südlichen Gazastreifen. Fünf weitere Soldaten seien verletzt worden, davon drei schwer. Die Verletzten seien in ein Krankenhaus transportiert worden.  Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete, es habe sich eine Explosion ereignet, während die Soldaten ein Gebäude in Rafah nach Waffen und Munition durchsuchten.  Die 20-jährige Sanitäterin sei die erste Soldatin, die während der Bodenoffensive im Gazastreifen getötet worden sei, berichtete ynet. 

Eine Bewertungsmission der Vereinten Nationen hat zum ersten Mal seit vier Wochen den nördlichen Gazastreifen erreicht. Das berichtete UN-Sprecher Stephane Dujarric. Das Team habe mehr als fünf Stunden an einem israelischen Checkpoint warten müssen, ehe ihm gestattet worden sei, sich auf den Weg in die Stadt Gaza zu machen. Der Zugang für Mitarbeiter von Hilfsorganisationen sei weiter "extrem eingeschränkt".

In der ersten Hälfte des Septembers sei nur einem Viertel der fast 50 Missionen unter Leitung von sieben verschiedenen UN-Einrichtungen, die in den Norden des Küstengebiets gelangen wollten, der Zugang über israelische Checkpoints entlang Wadi Gaza erlaubt worden, sagte Dujarric. Dabei habe man sich mit den israelischen Behörden koordiniert. Selbst wenn die Missionen durchgelassen worden seien, seien sie unterwegs oft auf Hindernisse gestoßen. Einige Konvois seien mit vorgehaltener Waffe gestoppt worden, beschossen worden oder hätten stundenlang warten müssen.

Nach der zeitgleichen Explosion Hunderter Funkempfänger im Libanon hat die in Taiwan ansässige Marke jener sogenannten Pager eine Verbindung zu dem Vorfall von sich gewiesen. Wie der Vorstand von Gold Apollo, Hsu Ching-Kuang, in Neu-Taipeh sagte, trugen die Geräte lediglich das Logo der Firma und wurden nicht von seinem Unternehmen in Taiwan gefertigt. 

Auf telefonische Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa erklärte Gold Apollo, dass eine in Ungarn ansässige Firma die Funkgeräte entworfen und gefertigt habe. "Gemäß einer Vereinbarung ermächtigen wir BAC unser Markenzeichen für den Verkauf von Produkten in bestimmten Regionen zu nutzen, aber Design und Herstellung werden vollständig von BAC übernommen", teilte Gold Apollo außerdem mit. Auch das in Medienberichten genannte Modell AR-924 werde von BAC produziert und verkauft. 

Taiwanischen Medienberichten zufolge will Gold Apollo rechtliche Schritte einleiten, da sich die Firma als Opfer sieht. Gold Apollo wurde 1995 gegründet und ist auf kabellose Funksysteme spezialisiert. 

US-Außenminister Antony Blinken ist zu Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen in Ägypten eingetroffen. Sein Flugzeug landete am Morgen in der Hauptstadt Kairo, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtet. Es wird erwartet, dass Blinken sich mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi treffen wird. Zudem ist eine Pressekonferenz mit dem ägyptischen Außenminister Badr Abdelatty geplant. 

Es ist Blinkens zehnte Nahost-Reise seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober. Nach Israel wird er diesmal nicht reisen. Die USA, Ägypten und Katar bemühen sich seit Monaten als Vermittler in den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas, ein Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung der verbliebenen Geiseln im Gazastreifen zu erreichen. Grundlage der Gespräche ist ein Ende Mai von US-Präsident Joe Biden vorgestellter mehrstufiger Plan. Bislang sind die Verhandlungen jedoch ergebnislos geblieben.

Laut einem Bericht der "New York Times" hatte die Hisbollah die explodierten Pager beim Hersteller Gold Apollo bestellt. Das Unternehmen wies die Angaben jedoch zurück und erklärte, bei den explodierten Pagern handele es sich "nicht um unsere Produkte".

Vor der Explosion der Pager im Libanon soll der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad Insidern zufolge Tausende der Geräte schon Monate vor der Auslieferung an die libanesische Hisbollah-Miliz mit Sprengstoff präpariert haben. In 5.000 Pagern des taiwanesischen Herstellers Gold Apollo sei bereits bei der Produktion eine kleine Menge Sprengstoff versteckt worden, sagten ein hochrangiger libanesischer Sicherheitsbeamter und eine weitere mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. "Der Mossad hat eine Platine mit Sprengstoff und einem Code in das Gerät eingeschleust. Es ist sehr schwierig, das mit irgendwelchen Mitteln zu entdecken, selbst mit Geräten oder Scannern", sagte der Sicherheitsbeamte. Die 5.000 Pager seien von der libanesischen Hisbollah-Gruppe bestellt worden und Anfang des Jahres ins Land gebracht worden.

Die zeitgleich und zu Hunderten im Libanon explodierten Funkempfänger sind Medienberichten zufolge vermutlich von israelischen Agenten vorher mit Sprengstoff präpariert worden. Viele der sogenannten Pager stammten aus einer Lieferung, die die mit Israel verfeindete libanesische Hisbollah-Miliz in den vergangenen Tagen erhalten habe, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Quellen.

Israelische Agenten hätten die in Taiwan hergestellten Geräte vor der Ankunft im Libanon abgefangen und mit jeweils etwa 25 bis 50 Gramm Sprengstoff bestückt, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf amerikanische und andere Behördenvertreter, die über die Operation informiert worden seien. Es sei zwar möglich, dass Hacker die Batterien in den Pagern mit Schadsoftware durch Erhitzen zum Explodieren brachten, zitierte das "Wall Street Journal" den Geschäftsführer einer US-Firma für Cybersicherheit. Aber das wäre sehr schwierig und auch der Effekt wäre nicht so heftig gewesen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat der israelischen Armee den Beschuss eines Hilfskonvois im Gazastreifen vorgeworfen. Der von der WHO angeführte Konvoi sei am Samstag auf dem Rückweg von einer Mission im nördlichen Gazastreifen gewesen und habe die Freigabe zum Passieren eines Kontrollpunkts erhalten, schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus im Onlinedienst X. Zwei Panzer hätten dann aber Schüsse in Richtung des Konvois abgegeben. "Das ist inakzeptabel", erklärte Tedros. "Glücklicherweise wurde niemand verletzt."

In der vergangenen Woche war ein UN-Konvoi mit Mitarbeitern der Polio-Impfkampagne im Gazastreifen nach Angaben der Vereinten Nationen an einem israelischen Kontrollpunkt mit Waffengewalt festgehalten worden. Der Konvoi wurde nach Angaben von UN-Sprecher Stéphane Dujarric beschossen und von einem Bulldozer gerammt. Tedros erklärte, dem WHO-Team sei es am Samstag "trotz des Sicherheitsrisikos" gelungen, dem Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza medizinische Güter für die Notaufnahme zu liefern. Weitere Hilfsgüter seien dem Palästinensischen Rote Halbmond übergeben worden. 

Die Lufthansa setzt ab sofort alle Verbindungen von und nach Tel Aviv und Teheran aus. Der EU-Außenbeauftragte warnt nach Explosionen im Libanon vor einer Ausweitung des Krieges in Nahost.

17.09.2024 • 22:45 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. September 2024 um 05:00 Uhr.