Israels Polizeiminister Ben-Gvir auf dem Tempelberg
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Krieg in Nahost ++ Berlin verurteilt Tempelberg-Besuch von Ben-Gvir ++

Stand: 14.08.2024 14:47 Uhr

Die Bundesregierung hat den Besuch des israelischen Ministers Ben-Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem verurteilt. US-Präsident Biden hofft, dass eine Waffenruhe im Gazastreifen einen Angriff des Iran verhindern könnte. Die Entwicklungen im Liveblog.

Die Verhandlungsrunde über eine mögliche Waffenruhe im Gaza-Krieg soll am Donnerstag in Katars Hauptstadt Doha stattfinden. Das berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf mit den Gesprächen vertrauten Kreisen. An den Verhandlungen sollten als Vermittler demnach erneut CIA-Chef William Burns, Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani und Ägyptens Geheimdienstchef Abbas Kamel teilnehmen. Für Israel werde der Chef des Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, erwartet. 

Weil Israel und die islamistische Hamas nicht direkt miteinander verhandeln, treten Katar, Ägypten und die USA als Vermittler auf. Die islamistische Hamas will nicht an den Gesprächen teilnehmen ohne eindeutigen Plan zur Umsetzung der Vorschläge von US-Präsident Joe Biden für eine Waffenruhe. Dem Wall Street Journal zufolge wollen arabische Vermittler die Hamas nach den Gesprächen über die besprochenen Punkte aber informieren.

Die Bundesregierung hat den Besuch des rechtsextremen israelischen Polizeiministers Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem in scharfer Form verurteilt. Dieser stelle in der aktuell schon angespannten Lage eine Provokation dar, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in der Bundespressekonferenz in Berlin. "Wir erwarten von der israelischen Regierung, dass sie solche bewussten Provokationen unterbindet. Gerade in der aktuellen Lage sind solche Zündeleien brandgefährlich und gefährden die Sicherheit in Jerusalem, im Westjordanland und in Israel weiter."

Ben-Gvir hatte bei seinem Besuch auf dem Tempelberg am Dienstag gefordert, dort jüdisches Gebet zuzulassen. In einem vor Ort gedrehten und auf X veröffentlichten Video sprach er sich zudem erneut gegen Verhandlungen mit der Hamas über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg aus und forderte die Freilassung der noch im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln.

Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße.

Der US-Diplomat Amos Hochstein hält zur Abwendung einer drohenden Eskalation zwischen der pro-iranischen Hisbollah und Israel eine Waffenruhe im Gazastreifen für absolut entscheidend. "Die Vereinbarung würde auch zu einer diplomatischen Lösung hier im Libanon beitragen und den Ausbruch eines größeren Krieges verhindern", sagte der US-Sondergesandte von Präsident Joe Biden bei einem Besuch im Libanon. "Wir müssen dieses Zeitfenster für diplomatische Maßnahmen und diplomatische Lösungen nutzen. Diese Zeit ist jetzt."

Er habe mit dem Parlamentsvorsitzenden und Hisbollah-Verbündeten Nabih Berri unter anderem über ein "Rahmenabkommen für eine Waffenruhe im Gazastreifen gesprochen", sagte Hochstein in Beirut. Beide seien sich darin einig, "dass wir keine Zeit mehr verlieren dürfen und dass es von keiner Seite mehr gültige Ausreden für eine weitere Verzögerung gibt".  Je mehr Zeit vergehe, desto größer sei die Gefahr "für Unfälle, Versehen und Fehltreffer". Diese könnten "leicht eine Eskalation nach sich ziehen, die außer Kontrolle gerät".

Weiter sagte der US-Diplomat, der auch mit dem libanesischen Regierungschef Nadschib Mikati zusammentraf: "Hier im Libanon glauben wir, dass wir den Konflikt jetzt, heute beenden können." Eine diplomatische Lösung sei nach wie vor möglich.

Bei einem israelischen Luftangriff im Süden des Libanon sind zehn Menschen verletzt worden, drei davon lebensgefährlich. Israels Armee habe im Ort Abbasija angegriffen, teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit. Die Opfer würden in Krankenhäusern behandelt. Israels Militär äußerte sich zunächst nicht. Bilder in sozialen Medien zeigten ein ausgebranntes Fahrzeug inmitten des Verkehrs und ein auf der Straße liegendes Motorrad. Aus Sicherheitskreisen hieß es, Israel habe einen Mann auf einem Motorrad gezielt angegriffen, dieser habe aber überlebt. 

Die Teilnahme von Hamas-Vertretern an der für Donnerstag geplanten Verhandlungsrunde über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg ist weiter ungewiss. Ein Vertreter der islamistischen Gruppe, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte der Nachrichtenagentur dpa, seine Gruppe werde nicht an den Gesprächen teilnehmen, solange die Vermittler nicht einen eindeutigen Plan zur Umsetzung der Vorschläge von US-Präsident Joe Biden vorlegten. Stattfinden sollen die Verhandlungen in Kairo oder der katarischen Hauptstadt Doha.

Die Vereinigten Arabischen Emirate könnten sich einem Medienbericht zufolge nach Ende des Kriegs im Gazastreifen daran beteiligen, das Küstengebiet militärisch zu sichern. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) dort als zuständige und verfügende Behörde eingesetzt werde, berichtete Israels Armee-Sender unter Berufung auf informierte Kreise. Nur auf ein Gesuch der PA hin seien die Emirate zu solch einem Schritt bereit.

Die Emirate hatten 2020 als erster Golfstaat diplomatische Beziehungen mit Israel aufgenommen. Über eine mögliche Rolle des kleinen, aber einflussreichen Landes nach Ende des Gaza-Kriegs wird schon länger spekuliert.

Die israelische Tageszeitung "Haaretz" hat schwere Vorwürfe gegen die israelische Armee erhoben. Eine Recherche habe ergeben, dass die Armee palästinensische Zivilisten in Gaza zwinge, möglicherweise mit Sprengfallen versehene Tunnel und Gebäude zu inspizieren, heißt es in einem am Dienstagabend veröffentlichten Bericht. Die Armee wies die Vorwürfe gegenüber der Zeitung zurück. Eine unabhängige Prüfung ist nicht möglich.

Der Bericht der Zeitung basiert auf Videomaterial, das vom katarischen Sender Al-Dschasira veröffentlicht wurde, sowie auf Aussagen von Soldaten. Demnach soll die israelische Armee im Gazastreifen wiederholt palästinensische Zivilisten festgenommen und als menschliche Schutzschilde für die Soldaten bei militärischen Operationen eingesetzt haben. Die Palästinenser würden in Uniformen der israelischen Armee gekleidet und dann mit gefesselten Händen sowie mit Kameras ausgestattet in Tunneleingänge und schwer beschädigte Häuser geschickt.

Im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen durch die Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde nahezu 40.000 Menschen getötet worden. Seit Beginn der israelischen Militäroffensive Anfang Oktober seien 39.965 Palästinenserinnen und Palästinenser ums Leben gekommen, teilte die Behörde mit. Mindestens 92.294 Menschen seien zudem verletzt worden. Allein in den vergangenen 24 Stunden seien 36 Menschen getötet und 54 verletzt worden.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Trotz der drohenden Eskalation im Nahen Osten wollen die französische Fluggesellschaft Air France und ihre Tochter Transavia France ihre seit Ende Juli ausgesetzten Flüge in die libanesische Hauptstadt am Donnerstag voraussichtlich wieder aufnehmen. Es sei geplant, die seit dem 29. Juli ausgesetzten Flüge zwischen Paris und Beirut "ab dem 15. August wieder aufzunehmen", erklärte das Unternehmen am Mittwoch. Die Entscheidung gelte auch für Transavia France.

Mehrere andere Fluggesellschaften hielten wegen der Lage in der Region an der Aussetzung ihrer Flüge fest. Die Lufthansa hatten diese zuletzt bis zum 21. August verlängert. Dazu gehören nach Angaben des Unternehmens Flüge nach Tel Aviv in Israel, Beirut im Libanon, Teheran im Iran, Amman in Jordanien sowie Erbil im Nordirak. Zudem wird bis dahin der Luftraum über dem Iran und Irak vollständig gemieden.

Bei einem israelischen Militäreinsatz im Norden des besetzten Westjordanlandes hat es nach palästinensischen Angaben mehrere Tote gegeben. Mindestens vier Menschen seien durch Drohnenbeschuss in dem Ort Tamun getötet worden, teilte ein Behördenvertreter mit. Nach palästinensischen Medienberichten wurde eine weitere Person in Tubas getötet. 

Die israelische Armee sprach von einem Einsatz im Gebiet von Tamun im Rahmen einer Anti-Terror-Operation. Ein Luftfahrzeug habe bewaffnete Terroristen beschossen. Weitere Angaben machte das Militär nicht.

Der US-Gesandte Amos Hochstein bemüht sich weiter um eine Entspannung im militärischen Konflikt zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah. Hochstein wird am Vormittag erneut in Beirut erwartet, wie es aus libanesischen Regierungskreisen hieß. Geplant sei wie bei vorigen Besuchen ein Treffen mit Parlamentspräsident Nabih Berri sowie dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Nadschib Mikati.

Der schiitische Politiker Berri ist ein wichtiger Verbündeter der vom Iran unterstützten Hisbollah im Libanon. Hochsteins Bemühungen gelten als entscheidend beim Versuch, eine noch größere Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah zu verhindern.

Die Miliz hat Vergeltung angekündigt für die Tötung ihres Militärkommandeurs Fuad Schukr durch Israel vor zwei Wochen. Auch ein zeitgleicher Angriff mit dem Iran, der Rache geschworen hat für die Tötung des Hamas-Auslandschefs in Teheran, wäre möglich.

Aus Sicht der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sollte die internationale Politik auf einen Waffenstillstand im Gazastreifen hinwirken. Europäer und Amerikaner müssten jetzt alles tun, um zu einer Einigung zu kommen, damit nicht "die ganze Region in Flammen aufgeht", sagte DIG-Präsident Volker Beck im ARD-"Morgenmagazin"

Langfristig sei ein "seriöses" Ende des Krieges aber nur durch eine Entwaffnung der Hamas möglich, sagte Beck weiter. Komme es nur zu einem Waffenstillstand, müsse man sich auf die nächste Runde einer kriegerischen Auseinandersetzung vorbereiten. "Das ist das Ziel der Hamas", sagte Beck.

Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, über Solidariät Deutschlands zu Israel

Morgenmagazin, 14.08.2024 05:30 Uhr

Der Iran könnte nach Einschätzung von US-Präsident Joe Biden im Falle eines Durchbruchs bei den Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg von seinem angedrohten Vergeltungsschlag gegen Israel absehen. Auf eine entsprechende Frage von Reportern entgegnete Biden: "Das ist meine Erwartung, aber wir werden sehen."

An diesem Donnerstag ist auf Drängen der USA, Katars und Ägyptens, die in dem Krieg zwischen Israel und der Hamas vermitteln, eine möglicherweise entscheidende Gesprächsrunde über ein Abkommen geplant, voraussichtlich in Katars Hauptstadt Doha.

"Lücke zwischen den Positionen bleibt groß", Christian Limpert, ARD Tel Aviv, zu Verhandlungen zwischen Israel und der Terrorormiliz Hamas

tagesschau24, 14.08.2024 09:00 Uhr

Mehrere Mitglieder des UN-Sicherheitsrats haben den Abschluss eines Waffenruheabkommens für den Gazastreifen gefordert. Der Sicherheitsrat, der im Juni für einen US-Vorschlag für eine Waffenruhe gestimmt hatte, ergriff in seiner Dringlichkeitssitzung am Dienstag jedoch keine weiteren Maßnahmen. Algerien hatte die Sitzung wegen eines tödlichen israelischen Luftangriffs auf eine zur Notunterkunft umfunktionierte Schule am Samstag beantragt.

Russland argumentierte, das mächtigste UN-Gremium habe dem US-Plan mehr als ausreichend Zeit eingeräumt. Der russische UN-Botschafter Dmitry Poljanskij schlug vor, die Bemühungen um eine Waffenruhe zu "verstärken".

Ein mutmaßlicher Raketenangriff auf einen US-Luftwaffenstützpunkt in der syrischen Provinz Deir al-Sor hat Insidern zufolge sein Ziel verfehlt. Die Geschosse seien in der Nähe des Stützpunktes eingeschlagen, ohne ihn zu treffen, sagten zwei Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Es habe keine Verletzten gegeben. Die US-geführte Koalition habe auf den Angriff mit Artilleriefeuer reagiert.

Der libanesische pro-iranische Fernsehsender Al-Mayadeen berichtete, dass US-Kampfflugzeuge nach dem Angriff über dem ländlichen Gebiet aufgestiegen seien. Der Vorfall ereignete sich nur wenige Tage nach einem Drohnenangriff auf einen anderen US-Stützpunkt in Syrien, bei dem acht US-Soldaten verletzt wurden.

Die USA haben zusätzliche Rüstungsexporte im Wert von mehr als 20 Milliarden US-Dollar nach Israel genehmigt. Wie das Außenministerium in Washington dem Kongress mitteilte, sind darunter 50 "F-15"-Kampfjets und 33.000 Schuss Panzermunition. Zu letzteren erklärte das Außenministerium, sie würden Israels "Fähigkeit verbessern, auf gegenwärtige und künftige feindliche Bedrohungen zu reagieren".

Die "F-15-Jets" haben der Mitteilung an den Kongress zufolge einen Wert von 18,25 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 16,6 Milliarden Euro) und sollen im Jahr 2029 ausgeliefert werden. Zudem werde das israelische Verteidigungsministerium bis zu 50.000 Mörserpatronen sowie Militärtransporter aus den USA anschaffen.

Bei einem israelischen Angriff im Südlibanon sind zwei mutmaßliche Kämpfer der Terrormiliz Hisbollah getötet worden. Deren Kassam-Brigaden haben nach eigenen Angaben zwei Raketen auf Tel Aviv abgefeuert. Die Entwicklungen vom Dienstag im Liveblog.