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Krieg in Nahost ++ Iran könnten EU-Sanktionen drohen ++

Stand: 15.04.2024 22:08 Uhr

Die EU-Außenminister wollen bei einer Dringlichkeitssitzung über eine Reaktion auf den iranischen Angriff beraten - auch Sanktionen könnten folgen. Mehrere Länder, darunter Deutschland, haben die iranischen Botschafter einbestellt. Der Liveblog zum Nachlesen.

15.04.2024 • 22:08 Uhr

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15.04.2024 • 22:06 Uhr

Erdogan berät mit Emir von Katar

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach Angaben seines Büros mit dem Emir von Katar telefoniert und angesichts des Krieges in Nahost eine verstärkte Zusammenarbeit islamischer Länder gefordert. Diese müssten ihre Bemühungen erhöhen, um Israels "brutale Angriffe" im Gazastreifen zu stoppen und um das Land für "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zur Rechenschaft zu ziehen, hieß es in einer Mitteilung des Präsidialamts nach einem Telefonat Erdogans mit dem katarischen Emir Tamim bin Hamad al-Thani.

Es sei entscheidend, zügelnd auf Israel einzuwirken und mit gesundem Menschenverstand zu handeln, um eine Ausbreitung der Spannungen in der Region zu verhindern, hieß es weiter. In der Mitteilung wird der iranische Angriff auf Israel nicht explizit erwähnt. Am Sonntag hatte der türkische Außenminister Hakan Fidan in einem Telefon mit seinem iranischen Kollegen zur Deeskalation aufgerufen. Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober haben sich die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei massiv verschlechtert. Erdogan kritisiert das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen immer wieder scharf.

Der Iran hat die US-Regierung nach Darstellung aus Washington nicht über den Zeitpunkt, Ablauf und Umfang seines Angriffs auf Israel informiert. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby, wies entsprechende Berichte am Montag entschieden zurück. "Die Vereinigten Staaten haben weder vom Iran noch von irgendjemand anderem Nachrichten erhalten, die Aufschluss über einen bestimmten Zeitpunkt, bestimmte Ziele oder Waffentypen, die sie abfeuern würden, gaben", sagte er.  

Berichte darüber, dass das "spektakuläre und peinliche Scheitern" des Iran beabsichtigt gewesen sei und der Iran eine Frühwarnung abgegeben habe, um Israel bei der Vorbereitung seiner Verteidigung zu helfen und den potenziellen Schaden zu begrenzen, seien alle "kategorisch falsch". "Das ist Quatsch. Dieser Angriff ist gescheitert, weil er von Israel, den Vereinigten Staaten und einer Koalition anderer Partner, die sich für die Verteidigung Israels einsetzten, niedergeschlagen wurde."  Angesichts des Ausmaßes dieses Angriffs sei es "eindeutig Irans Absicht" gewesen, erhebliche Zerstörungen und Opfer zu verursachen", sagte Kirby. 

In der EU werden nach dem Angriff auf Israel mögliche neue Sanktionen gegen den Iran erwogen. Wie mehrere Diplomaten am nach Gesprächen von Vertretern der Mitgliedstaaten in Brüssel sagten, dürfte das Thema an diesem Dienstag bei einer Videoschalte der Außenminister auf den Tisch kommen. Neue Strafmaßnahmen könnten demnach über eine Sanktionsregelung verhängt werden, die nach dem Beginn der iranischen Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine eingerichtet wurde. Über sie wurde bislang unter anderem die Ausfuhr von Bauteilen in den Iran verboten, die für den Bau und die Produktion von unbemannten Luftfahrzeugen verwendet werden. Zudem sind auch Personen und Organisationen von Strafmaßnahmen betroffen.

Gegen neue scharfe Sanktionen könnte laut Diplomaten allerdings ein Eskalationsrisiko sprechen. So will der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell weiter versuchen, den Iran dazu bewegen, wieder ein Abkommen zur Einschränkung seines Nuklearprogramms einzuhalten. Es soll verhindern, dass der Iran eine Atombombe baut.

Bei der wegen des iranischen Angriffs aus Israel einberufenen Videokonferenz soll grundsätzlich darüber gesprochen werden, wie die Europäische Union zu einer Deeskalation in der Region beitragen kann. Dazu dürfte auf der einen Seite der iranische Angriff scharf verurteilt und die Unterstützung der EU für die Sicherheit Israels unterstrichen werden. 

US-Präsident Biden hat bei einem Treffen mit dem irakischen Regierungschef Mohamed Schia al-Sudani im Weißen Haus, bekräftigt, er wolle sich "für eine Waffenruhe einsetzen, die die Geiseln nach Hause bringt und verhindert, dass sich der Nahost-Konflikt noch stärker ausbreitet als es schon der Fall ist".

Zuvor hatten die USA bereits deutlich gemacht, dass sie Israel bei einem möglichen Gegenschlag gegen den Iran nicht unterstützen würden. 

In Israel ist die Sitzung des Kriegskabinetts zu Ende gegangen. Laut Medienberichten plant die Regierung eine Reaktion auf den iranischen Angriff, die Teheran schaden, aber keinen umfassenden Krieg auslösen soll. Was das genau bedeutet, ist indes unklar. Der Iran hat bereits angekündigt, auf einen eventuellen Gegenschlag Israels umfassend zu reagieren.

Bei der fast dreistündigen Sitzung des Kriegskabinetts unter Vorsitz von Regierungschef Benjamin Netanyahu seien verschiedene Reaktionen mit unterschiedlichen Ausmaßen auf den Tisch gelegt worden, berichtete der TV-Sender Channel 12. Man habe Optionen erörtert, die nicht zu einem Krieg mit der Islamischen Republik führen sollten. Einige davon seien demnach sofort umsetzbar. Israel beabsichtige, eine mit den USA koordinierte Aktion einzuleiten. Die US-Regierung hat zuvor erklärt, sie würde sich Israel bei einem direkten Angriff auf den Iran nicht anschließen.

Nach Angaben der Behörden im Gazastreifen hat Israel 150 festgenommene Palästinenser auf freien Fuß gesetzt. "Seit den frühen Morgenstunden sind 150 Gefangene aus verschiedenen Teilen des Gazastreifens, die von der israelischen Besatzung festgehalten wurden, freigelassen worden", sagte ein Sprecher der palästinensischen Grenzübergangsbehörde der Nachrichtenagentur AFP. Nach Darstellung des Sprecher seien einige von ihnen misshandelt worden. Sie würden im Krankenhaus der Stadt Rafah im Süden des Palästinensergebiets behandelt. Überprüfen lassen sich die Angaben nicht.

Das israelische Militär äußerte sich nicht zur Freilassung und erklärte lediglich, dass die Misshandlung von Gefangenen "absolut verboten" sei. "Diejenigen, die nicht in terroristische Aktivitäten verwickelt sind, werden zurück in den Gazastreifen entlassen", erklärte die Armee in einer Mitteilung. Im Laufe der mehr als sechsmonatigen Militäroffensive im Gazastreifen haben israelische Soldaten Hunderte Palästinenser festgenommen und ohne Anklage festgehalten.

Die Außenminister der Europäischen Union beraten am Dienstag über die Folgen des iranischen Angriffs auf Israel in der Nacht zum Sonntag. Ziel der Dringlichkeitssitzung per Videokonferenz ist es nach den Worten des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, "zur Deeskalation und zur Sicherheit in der Region beizutragen". Vertreter aus Brüssel und den Mitgliedstaaten hatten den iranischen Angriff scharf verurteilt. Der Angriff löste weltweit Furcht vor einer Eskalation in der Region ausgelöst. Mehrere EU-Staaten bestellten die iranischen Botschafter ein.

Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah hat den Terrorangriff an der libanesisch-israelischen Grenze für sich reklamiert, bei dem vier israelische Soldaten verletzt worden sind. In einer Mitteilung hieß es, dass mehrere Sprengsätze im Gebiet von Tal Ismail in libanesischem Territorium unweit der Grenze zu Israel platziert worden seien. Als die israelischen Soldaten den Sprengsätzen nahegekommen seien, seien diese explodiert.

Das israelische Militär hatte zuvor mitgeteilt, dass vier Soldaten "im Bereich der Nordgrenze" bei einer Explosion unbekannter Ursache verletzt worden seien. Einer der Soldaten sei schwer verletzt worden, die weiteren drei leicht bis mittelschwer, so die Armee. Die vier wurden demnach zur medizinischen Behandlung in ein Krankenhaus gebracht.

15.04.2024 • 14:33 Uhr

Opposition kritisiert Netanyahu

Der israelische Oppositionspolitiker Jair Lapid hat Premierminister Benjamin Netanyahu scharf kritisiert. Unter Netanyahus seit Ende 2022 regierendem Kabinett unter Beteiligung rechtsextremer Politiker habe Israel einen "vollständigen Verlust" seiner militärischen Abschreckungsfähigkeit erlebt, schrieb der Liberale Lapid auf X.

Netanyahu habe Israel "Trümmerhaufen von Beeri bis Kirjat Schmona" beschert, schrieb Lapid weiter - und bezog sich damit auf einen beim Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober verwüsteten Kibbuz im Süden Israels und eine seit Monaten regelmäßig unter Beschuss der islamistischen Hisbollah-Miliz stehende Stadt im Norden des Landes.

Nach dem iranischen Großangriff auf Israel hat sich Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis für weitere westliche Sanktionen gegen Teheran ausgesprochen. "Wir müssen die Sanktionen gegen Iran wegen seines regional destabilisierenden Verhaltens und seiner Unterstützung der russischen Aggression gegen die Ukraine sofort verschärfen", sagte Landsbergis nach einem Treffen mit seiner niederländischen Amtskollegin Hanke Bruins Slot in Vilnius. Beide Minister riefen dabei zur Deeskalation der Lage in Nahost auf.

Großbritannien tritt Äußerungen des Iran entgegen, das Land habe vorab über seinen Angriff auf Israel informiert. "Ich weise diese Behauptung zurück", sagte ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak. "Und ganz allgemein verurteilen wir ihren direkten Angriff auf Israel auf das Schärfste."

Irans Außenminister Hossein Amirabdollahian hatte am Sonntag gesagt, sein Land habe seine Nachbarstaaten und Israels Verbündeten USA 72 Stunden im Voraus über den Angriff informiert.

Der Iran hat Anerkennung von der internationalen Gemeinschaft wegen seiner angeblichen "Zurückhaltung" gegenüber Israel verlangt. "Statt Anschuldigungen gegen den Iran zu erheben, sollten die (westlichen) Länder sich selbst die Schuld geben und die Frage (...) beantworten, welche Maßnahmen sie gegen die Kriegsverbrechen Israels ergriffen haben", sagte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums in Teheran.

Er fügte hinzu, dass die westlichen Länder "die Zurückhaltung des Iran in den vergangenen Monaten anerkennen" sollten.

Die Bundesregierung hat den iranischen Botschafter in Berlin wegen der Angriffe auf Israel heute einbestellt. Das teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amts mit.

Auch in Frankreich und Großbritannien wurden die iranischen Diplomaten einbestellt - umgekehrt ließ Irans Außenminister die Botschafter der drei Länder in Teheran einbestellen.

Die Bundesregierung hat die Attacke Irans erneut verurteilt. Diese sei "klar völkerrechtswidrig und durch nichts zu rechtfertigen", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sicherte zu, dass sich auch in diesem Fall "Deutschland solidarisch an die Seite von Israel" stelle.

Die Zahl der Toten im Gazastreifen seit Beginn des Krieges ist nach Angaben des von der Terrororganisation Hamas geführten Gesundheitsministeriums auf 33.797 gestiegen. Allein binnen der vorangegangenen 24 Stunden seien 68 Leichen in Kliniken im Gazastreifen gebracht worden, teilte das Ministerium mit.

Weitere 94 Menschen seien verletzt worden. Diese Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Das Ministerium unterscheidet in seiner Zählung nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern, hat aber erklärt, zwei Drittel der Getöteten seien Kinder und Frauen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Mehrere afrikanische Staaten haben den Iran und Israel aufgerufen, ihren Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Der iranische Angriff auf Israel vom Wochenende sei eine echte Gefahr für internationalen Frieden und Sicherheit. Gleichzeitig müsse auch Israel in seiner Reaktion allergrößte Zurückhaltung an den Tag legen, schrieb der kenianische Präsident William Ruto auf X.

Die südafrikanische Regierung rief die Konfliktparteien ebenfalls zur Zurückhaltung auf. Nigerias Außenministerium forderte den Iran und Israel auf, ihrer universellen Verpflichtung zur friedlichen Beilegung von Konflikten nachzukommen.

Das israelische Militär hat die Palästinenser im Gazastreifen erneut aufgefordert, nicht in den Norden des Gebiets zurückzukehren. Der Norden sei eine gefährliche Gefechtszone, schrieb Militärsprecher Awitschai Adrai auf der Plattform X. Die Menschen sollten lieber in den zugewiesenen sicheren Zonen im Süden des Gazastreifens bleiben.

Am Sonntag hatten Hunderte Menschen versucht, wieder in ihre Häuser im Norden des Gazastreifens zurückzukehren. Fünf seien vom israelischen Militär erschossen worden, berichteten Vertreter einer Klinik. Die Hintergründe ihres Todes waren zunächst unklar. Das israelische Militär teilte mit, die Fälle zu prüfen.

15.04.2024 • 12:11 Uhr

Luftverkehr ist weiterhin gestört

Der Luftverkehr ist nach dem Angriff des Iran auf Israel durch Flugstreichungen und Umfliegen der Lufträume weiterhin schwer gestört. Mehr als ein Dutzend Airlines, darunter die Lufthansa, strichen Flüge oder nutzen längere Routen bei Verbindungen nach Asien. Am Sonntag wurden die Lufträume über Israel, Iran, Irak, Libanon und Jordanien wieder geöffnet, nachdem sie während des iranischen Angriffs auf Israel und dessen Abwehr geschlossen worden waren.

Neben der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), die weiterhin zu Vorsicht mahnt, analysieren auch die Krisenstäbe von Fluggesellschaften ständig die Sicherheitslage. Die Lufthansa-Gruppe, zu der auch Swiss und Austrian Airlines (AUA) gehören, stellte bis Montag Flüge nach Tel Aviv in Israel und Beirut im Libanon, sowie nach Erbil im Irak ein.

Bis Montagnachmittag werde entschieden, ob der Flugverkehr am Dienstag wieder aufgenommen wird, sagte eine Lufthansa-Sprecherin. Schon seit dem 6. April fliegt die Lufthansa wegen der angespannten Lage nicht mehr nach Teheran. Das gilt noch bis Donnerstag, seit dem Wochenende auch für die Iran-Flüge der AUA von Wien. Auch Beirut wird bis zum 18. April nicht angeflogen. Von den Airlines aus Europa strichen unter anderem KLM, Easyjet, Wizz und Iberia Express Israel-Flüge.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach dem iranischen Angriff auf Israel vor Folgen für Deutschland gewarnt. "Wir wissen, wie sich Eskalationen im Nahen Osten auch in Deutschland auswirken können", sagte die SPD-Politikerin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem folgenden Gaza-Krieg gebe es einen drastischen Anstieg antisemitischer Straftaten.

"Die Spirale, dass Eskalationen im Nahen Osten zu noch mehr widerwärtigem Judenhass bei uns führen, müssen wir durchbrechen." Die Sicherheitsbehörden seien sehr wachsam und beobachteten genau, "ob die aktuelle Eskalation durch das iranische Regime Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland hat". Dabei habe der Schutz von israelischen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland höchste Priorität.

Nach dem iranischen Angriff auf Israel fordert die Deutsch-Israelische Gesellschaft, DIG, Konsequenzen. Konkret verlangt sie von der Bundesregierung, das Islamische Zentrum Hamburg zu schließen. Außerdem sollten die iranischen Revolutionsgarden in die EU-Terrorliste aufgenommen und Sanktionen gegen den Iran verschärft werden.

"Deutschland muss jetzt zeigen, dass der Satz, Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson, keine leere Worthülse ist", so DIG-Präsident Volker Beck. "Die Staatsräson des Iran ist die Vernichtung Israels."

Laut israelischem Militär sind in der Nacht zu Montag vier Soldaten an der Grenze zum Libanon bei einer Explosion verletzt worden - einer von ihnen schwer. Die Ursache für die Detonation sei unklar. Der Vorfall werde untersucht.

Außenministerin Baerbock setzt nach dem Angriff des Iran darauf, dass Israel bei einer möglichen Reaktion das Völkerrecht einhält. "Das Recht auf Selbstverteidigung bedetet die Abwehr eines Angriffes. Vergeltung ist keine Kategorie im Völkerrecht", so die Ministerin

Sie habe dies in der vergangenen Woche gegenüber ihrem iranischen Kollegen Hussein Amirabdollahian deutlich gemacht. Mit dem Angriff habe das iranische Regime die Region am Wochenende an den Rand des Abgrunds geführt. "Gleichzeitig hat diese Eskalation aber auch gezeigt, dass die Region an der Seite Israels steht, wenn es die Eindämmung des gefährlichen iranischen Verhaltens geht. Der Iran ist isoliert", sagte die Ministerin.

"Israel hat in einer defensiven Art und Weise gesiegt, dank seiner starken Luftabwehr und dank des beherzten Eingreifens der USA, Großbritanniens und arabischer Staaten", sagte Baerbock weiter. "Diesen Defensivsieg gilt es jetzt diplomatisch abzusichern. Unsere Priorität muss dabei sein, einen Flächenbrand in der Region zu verhindern." 

15.04.2024 • 10:59 Uhr

Israels Kriegskabinett tagt erneut

Israels Kriegskabinett kommt am Nachmittag erneut zu Beratungen zusammen. Ein Regierungsvertreter sagte, Premierminister Benjamin Netanyahu habe eine weitere Sitzung einberufen um über das weitere Vorgehen nach dem iranischen Angriff zu beraten. Dem Kriegskabinett gehören neben Netanyahu auch Verteidigungsminister Yoav Gallant und Ex-Verteidigungsminister Benny Gantz sowie mehrere Berater an. Sie waren bereits gestern zusammengekommen.

Die Huthi-Rebellen im Jemen sind laut US-Militär an dem Großangriff auf Israel am Wochenende beteiligt gewesen. US-Truppen hätten in dem Bürgerkriegsland eine Rakete auf einer Startvorrichtung sowie sieben Drohnen zerstört, hieß es.

Insgesamt habe das US-Militär mehr als 80 Drohnen und mindestens sechs ballistische Raketen aus dem Iran und dem Jemen zerstört, die Israel erreichen sollten. Nach US-Darstellung kamen die Angriffe am Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag auch aus dem Irak und Syrien.

Die Huthis hatten den Großangriff des Irans auf Israel als berechtigt bezeichnet, erklärten zunächst aber nicht, inwieweit sie selbst daran beteiligt waren.

Karte: Herkunftsstaaten der Raketenangriffe auf Israel

Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian hat mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell telefoniert. Dabei kritisierte er erneut den mutmaßlich israelischen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in Syrien Anfang April, wie sein Ministerium mitteilte. Nach Untätigkeit der UN hätte der Iran "keine andere Wahl" gehabt, als Israel zu bestrafen.

Amirabdollahian telefonierte am Sonntag nach Angaben seines Ministeriums auch mit den Außenministern von Saudi-Arabien, Syrien, Indien, Katar, Ägypten und Malta. Im Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow warnte Irans Außenminister vor einer harten Antwort, sollte Israel zurückschlagen.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, beklagt ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Israel und den Vereinten Nationen seit dem Terrorangriff der Hamas im Oktober. Dem Spiegel sagte er, Israels Regierung beantworte seine Briefe nicht. "Ich habe darum gebeten, dass ich nach Israel reisen kann. Auch dass ich ein Team schicken kann, um zu dokumentieren, was dort am 7. und 8. Oktober geschehen ist. Ich habe leider nie eine Antwort bekommen."

Israels Regierung habe die Beziehungen zu seinem Amt bereits "vor mehr als drei Jahren auf Eis gelegt, lange vor meinem Amtsantritt", so der Hochkommissar. Er habe zwar ehemalige israelische Geiseln der Hamas und Angehörige von Menschen getroffen, die immer noch in Gaza festgehalten würden. Das sei aber nur außerhalb Israels möglich.

Türk wies Vorwürfe der israelischen Regierung zurück, dass die UN im Gazakrieg einseitig sei und warnte vor einem Freund-Feind-Denken: "Mich beunruhigt ganz allgemein, dass wir immer tiefer in ein binäres Weltbild hineingeraten", so Türk. "Wenn wir uns zu sehr auf diese Mentalität einlassen, setzen wir die Grundfesten der Weltordnung aufs Spiel, die gerade nach den Erfahrungen der beiden Weltkriege und des Holocaust aufgebaut wurde."

Gabi Biesinger, ARD London, tagesschau, 15.04.2024 10:52 Uhr

Der britische Außenminister David Cameron fordert Israel auf, nach dem iranischen Angriff auf Vergeltungsmaßnahmen zu verzichten. Das Vorgehen der Teheraner Führung sei ein fast völliger Fehlschlag gewesen und man solle sich weiterhin auf die Vereinbarung einer Waffenruhe im Gazastreifen konzentrieren.

Israel habe jedes Recht, darauf zu reagieren. Großbritannien wolle eine Eskalation aber vermeiden, sagte Cameron dem Sender Sky News. "In vielerlei Hinsicht war dies eine doppelte Niederlage für den Iran. Der Angriff war ein fast völliger Fehlschlag, und sie haben der Welt gezeigt, dass sie der bösartige Einfluss in der Region sind, der zu so etwas bereit ist. Deshalb hoffen wir, dass es keine Vergeltungsmaßnahmen geben wird."

Großbritannien erwägt laut Cameron nach dem Angriff am Wochenende auch weitere Sanktionen gegen den Iran. Man habe bereits 400 Strafmaßnahmen verhängt und Ende vorigen Jahres ein neues Sanktionssystem eingeführt, das sich als sehr wirksam erweise. Auch die iranische Revolutionsgarde sei mit Sanktionen belegt worden. "Wir werden weiterhin prüfen, welche weiteren Schritte wir unternehmen können", sagt Cameron. Dazu gehöre auch ein Verbot der Revolutionsgarde in Großbritannien.

"Nicht sofort eine Reaktion", Christian Limpert, ARD Tel Aviv, über mögliche Vergeltung Israels

tagesschau, 15.04.2024 09:00 Uhr

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit, EASA, rät weiterhin zur Vorsicht im israelischen Luftraum sowie in einem Umkreis von rund 100 Seemeilen um das Land. Auch im iranischen Luftraum rät sie dazu, Vorsicht walten zu lassen. Sie beobachte die Lage im Nahen Osten genau, erklärt die EASA, fügt aber hinzu, dass zu keinem Zeitpunkt eine Überfluggefahr für die zivile Luftfahrt bestanden habe.

Frankreich wird sich nach den Worten von Präsident Emmanuel Macron dafür einsetzen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation im Konflikt zwischen dem Iran und Israel kommt. "Wir machen uns alle Sorgen wegen einer möglichen Eskalation", sagte er in einem Interview mit dem TV-Sender BFM und dem Radiosender RMC. Israel müsse daher überzeugt werden, dass eine Antwort auf den Angriff keine weitere Eskalation sein dürfe.

Vielmehr müsse der Iran isoliert werden. Sanktionen müssen laut Macron verschärft und Länder in der Region davon überzeugt werden, dass der Iran eine Gefahr ist.

Sorge vor Eskalation: Israels Kriegskabinett trifft keine Entscheidung für Reaktion auf Angriff Irans

Oliver Rabieh, ARD Tel Aviv, tagesschau, 15.04.2024 09:00 Uhr

Nach dem Angriff auf Israel haben die Flughäfen im Iran ihren Betrieb wieder aufgenommen. Wie die Nachrichtenagentur Isna mitteilte, wurde die Sperrung des Flugverkehrs am frühen Morgen aufgehoben. Demnach kehrten auch die beiden Flughäfen in der Hauptstadt Teheran in den Normalbetrieb zurück.

Rund um die Drohnen- und Raketenangriffe des Irans auf Israel in der Nacht von Samstag auf Sonntag waren zahlreiche Flughäfen außer Betrieb. Vor allem im Westen des Landes, wo Drohnenbasen und Raketensilos liegen, wurden Flugverbote verhängt.

Frankreich erhöht nach dem iranischen Angriff auf Israel landesweit die Sicherheitsvorkehrungen rund um jüdische Einrichtungen. Laut einer Erklärung seines Ministeriums forderte der französische Innenminister Gérald Darmanin die Behörden auf, verstärkt Polizisten vor Synagogen, jüdischen Schulen und "besonders sensiblen und symbolträchtigen" Gebäuden zu postieren.

Dies geschehe insbesondere mit Blick auf das jüdische Pessach-Fest Ende April, an dem mit mehr Besuchern bei Gottesdiensten und weiteren Veranstaltungen zu rechnen sei. Begründet wurde der Schritt mit einem "sehr hohen Maß an terroristischer Bedrohung", der "anhaltend hohen Zahl an antisemitischen Handlungen" sowie "anhaltenden Spannungen auf internationaler Ebene, darunter Irans Angriff auf Israel".

Nach Irans Angriff will sich der parteiintern unter Druck stehende republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, für die Freigabe weiterer Mittel für Israel einsetzen - und im Zuge dessen auch die Zustimmung seiner Partei für weitere Ukraine-Hilfen ausloten.

Die Republikaner verstünden "die Notwendigkeit, Israel beizustehen", sagte Johnson am Sonntag im Sender Fox News. "Wir werden es diese Woche erneut versuchen."  Die Einzelheiten des Hilfspakets würden derzeit zusammengetragen. "Wir sehen uns die Optionen für all diese zusätzlichen Themen an", sagte Johnson mit Blick auf die seit Monaten von seiner Partei blockierten Mittel für die Ukraine.

Das US-Militär hat nach eigenen Angaben mit Unterstützung von Zerstörern des US European Command am Samstag und Sonntag mehr als 80 Drohnen und mindestens sechs ballistische Raketen mit Ziel Israel abgefangen und zerstört. Die Geschosse seien vom Iran und Jemen aus abgefeuert worden, teilt das US Central Command (Centcom) auf X mit.

"Centcom ist weiterhin bereit, Israels Verteidigung gegen diese gefährlichen Aktionen des Irans zu unterstützen. Wir werden weiterhin mit allen unseren regionalen Partnern zusammenarbeiten, um die regionale Sicherheit zu erhöhen." Der Angriff mit mehr als 300 Drohnen und Raketen, die größtenteils aus dem Iran abgefeuert wurden, hat nur geringen Schaden angerichtet. Die meisten Geschosse wurden von Israels Abwehrsystem "Iron Dome" und mit Hilfe der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens abgefangen.

In einem Video auf X dankte US-Präsident Biden den amerikanischen Soldaten für ihren Einsatz:

Nach der erfolgreichen Abwehr des iranischen Angriffs öffnet Israel in den meisten Teilen des Landes wieder die Schulen. Nach einer Bewertung der Lage sei beschlossen worden, "die Bildungsaktivitäten im ganzen Land ab Montag wieder aufzunehmen", allerdings mit "Einschränkungen" im Grenzgebiet zum Libanon und in Ortschaften nahe des Gazastreifens, teilte Armeesprecher Daniel Hagar im Onlinedienst X mit.

Angesichts eines befürchteten iranischen Angriffs hatte die israelische Armee am Samstag die vorläufige Schließung der Schulen im Land bekanntgegeben. Am Sonntag, dem ersten Tag der Woche in Israel, wurden demnach "Unterrichtsaktivitäten, Reisen und Ausflüge" an Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen ausgesetzt

Nach dem iranischem Angriff auf Israel hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, vor einem Anstieg antisemitischer Straftaten gewarnt. "Der terroristische Anschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober hat zu einem beispiellosen Anstieg antisemitischer Straftaten in Europa geführt", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Der Angriff Irans auf Israel sollte nun nicht als weiterer Vorwand für antisemitische Aktionen in Deutschland dienen."

Klein rief zudem dazu auf, den "fatalen Mechanismus zwischen erhöhten Spannungen im Nahen Osten und antisemitischer Hetze" zu durchbrechen. Dies käme der "politischen Kultur" in Deutschland zugute. 

US-Außenminister Antony Blinken hat in separaten Telefongesprächen mit seinen jordanischen, saudi-arabischen, ägyptischen und türkischen Amtskollegen über den iranischen Angriff auf Israel gesprochen. Blinken bekräftigte, dass die USA keine Eskalation anstreben und weiterhin die Verteidigung Israels unterstützen werden.

In seinem Telefonat mit dem ägyptischen Außenminister Sameh Shoukry erörterte er zudem die Notwendigkeit, die humanitäre Hilfe für Gaza auszuweiten.Weiterhin müsse die palästinensische Zivilbevölkerung geschützt und einen sofortigen Waffenstillstand erreicht werden, der die Freilassung aller Geiseln sicherstellt, hieß es aus dem US-Außenministerium.

15.04.2024 • 01:07 Uhr

Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen

Außenministerin Baerbock hat alle Beteiligten zur Deeskalation aufgerufen. Die Hisbollah-Miliz bezeichnete den iranischen Angriff gegen Israel als "tapfere und weise Entscheidung". Die Entwicklungen von Sonntag zum Nachlesen.