Ein israelischer Soldat läuft an einer Wand vorbei, an denen Bilder der von der Hamas verschleppten Geiseln angebracht sind.
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Krieg in Nahost ++ Israel erklärt zwei weitere Geiseln für tot ++

Stand: 22.07.2024 13:38 Uhr

Israel hat zwei weitere Geiseln für tot erklärt. Opferverbände kritisieren schleppende Verhandlungen. Das israelische Militär ruft dazu auf, eine Schutzzone im Gazastreifen zu evakuieren. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Israel aufgefordert, Konsequenzen aus einem UN-Rechtsgutachten zu dessen Besatzungspolitik zu ziehen. "Selbst wenn dieses Gutachten nicht bindend ist, wäre die israelische Regierung gut beraten, dieses Gutachten ernst zu nehmen", sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel.

In dem am Freitag veröffentlichten Text des Internationalen Gerichtshofes (IGH) in Den Haag heißt es, Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete sei illegal und müsse so schnell wie möglich beendet werden. Baerbock bezeichnete den Text als wegweisend. Das Gutachten zeige auch die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft für eine Zweistaatenlösung. Diese sei die einzige Sicherheit, dass Palästinenser und Israelis perspektivisch gemeinsam in Frieden leben können.

Israel hat zwei weitere der in Gaza festgehaltenen Geiseln für tot erklärt. Das Militär teilte mit, die Umstände des Todes in Gefangenschaft würden noch untersucht. Bei den Geiseln handelt sich um Yagev Buchshtab, einen 35-jähriger Tontechniker, und Alex Dancyg, einen 76 Jahre alter Historiker. Sie waren beim Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober aus ihrem Kibbuz in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen entführt worden.

Das Hostage Family Forum, eine Organisation von Angehörigen der Geiseln, kritisierte, beide hätten lebend zurückkehren sollen. Ihr Tod in Gefangenschaft erinnere auf tragische Weise an die Folgen davon, wenn Verhandlungen verschleppt würden. Die israelische Regierung hat angekündigt, die Verhandlungen am Donnerstag fortzusetzen. Damit sind nach Armeeangaben 44 der 120 Geiseln im Gazastreifen nicht mehr am Leben.

Ein kanadischer Staatsbürger hat nahe der Grenze zum Gazastreifen israelische Sicherheitskräfte mit einem Messer bedroht und ist daraufhin erschossen worden. Dies teilte die Polizei mit. Demnach fuhr der Mann zum Eingang zu dem in Grenznähe gelegenen israelischen Ort Netiv Haasara, ließ dort sein Auto stehen und begann die Sicherheitskräfte mit dem Messer zu bedrohen. Nebem dem Toten gebe es keine Verletzten, hieß es.

Netiv Haasara liegt rund 300 Meter von der Grenze zum Gazastreifen entfernt. In Israel kommt es seit Ausbruch des Gaza-Krieges, der vom Terrorangriff der Hamas und anderer Extremistengruppen am 7. Oktober ausgelöst wurde, wiederholt zu Messerangriffen.

Im Westjordanland und Ost-Jerusalem sind nach Angaben des UN-Kinderhilfswerk UNICEF in den vergangenen neun Monaten 143 Kinder und Jugendliche getötet worden. Außerdem seien 440 junge Palästinenser durch Munition verletzt worden, teilte UNICEF weiter mit.

Diese Zahlen seien eine "unnötige und exzessive Ausübung von Gewalt gegen die Verwundbarsten". Sie bedeuteten eine Verdreifachung der Opferzahlen im Vergleich zum Neun-Monats-Zeitraum davor. Auf israelischer Seite seien im Westjordanland in den vergangenen neun Monaten zwei Kinder getötet worden, ergänzte UNICEF.

In der Europäischen Union werden Überlegungen konkreter, den Druck auf Israel wegen der jüdischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten zu erhöhen. Zudem soll die Regierung in Jerusalem dazu gebracht werden, die Zwei-Staaten-Lösung für einen dauerhaften Frieden zu akzeptieren.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte die 27 EU-Mitgliedsstaaten auf, eine härtere Haltung gegenüber Israel einzunehmen, nachdem der Internationale Gerichtshof die Besetzung des Westjordanlands für illegal erklärt hat. "Wir müssen jetzt diskutieren, was wir machen, was die Konsequenzen sind", forderte er vor dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Das gelte auch für die Situation in Gaza, wo es eine humanitäre Katastrophe durch die israelischen Angriffe gebe. Fast 40.000 Menschen seien getötet worden.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu ist zu seiner mit Spannung erwarteten Reise in die USA aufgebrochen. Netanyahu sagte, es handle sich um eine "sehr wichtige Reise, die zu einer Zeit großer politischer Unsicherheit stattfindet". Netanjahu bezog sich damit auf die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden, seine erneute Kandidatur aufzugeben.

Ein persönliches Treffen von Netanyahu mit dem US-Präsidenten ist für morgen vorgesehen. Am Mittwoch ist eine Rede des israelischen Premierministers vor dem Kongress geplant. Die USA haben ihren engen Verbündeten Israel seit dem Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober militärisch und diplomatisch unterstützt. Über das militärische Vorgehen Israels hat es allerdings immer wieder teils erhebliche Differenzen gegeben. 

Das israelische Militär hat zur Evakuierung eines Gebiets im Gazastreifen aufgerufen, das es zuvor zu einer humanitären Schutzzone erklärt hatte. In der Gegend planten Truppen eine Operation gegen Mitglieder der Hamas, die sich dort verschanzt hätten, teilten die Streitkräfte mit. Die militant-islamistische Gruppe soll das Gebiet genutzt haben, um von dort Raketen in Richtung Israel abzufeuern.

Das Areal umfasst Teile von Al-Muwasi, das Israel als humanitäre Zone deklariert hat. In weiten Teilen des Gebiets haben palästinensische Vertriebene Zeltlager aufgeschlagen, in denen es nach Angaben der UN und Menschenrechtsgruppen an sanitären Anlagen und medizinischen Einrichtungen mangelt. Auch der Zugang zu Hilfsgütern ist demnach begrenzt.

Ein israelisches Team soll am Donnerstag die Verhandlungen über die Freilassung der israelischen Geiseln aus dem Gazastreifen fortsetzen. Das ordnete Premierminister Benjamin Netanjahu an, wie sein Büro gestern Abend mitteilte.

Der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant begrüßte den Schritt. "Dank unserer militärischen Erfolge in diesem Krieg sind die Voraussetzungen geschaffen worden, und es hat sich ein begrenztes Zeitfenster geöffnet, um einen Rahmen für die Freilassung der Geiseln zu schaffen", erklärte er laut dem Regierungspressebüro nach der Ankündigung Netanjahus. Nach israelischen Angaben befinden sich noch 120 Geiseln in der Gewalt von Terrorgruppen im Gazastreifen. 42 von ihnen wurden von der Armee für tot erklärt.

Auch nach dem israelischen Vergeltungsangriff auf Hudaida wollen die dortigen Huthi-Rebellen ihre Angriffe fortsetzen. Der israelische Premierminister Netanyahu wird am Dienstag US-Präsident Biden treffen. Die Entwicklungen des Sonntags zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 21. Juli 2024 um 09:00 Uhr.