Assaad Hassan al-Schibani und Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al-Thani
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Lage im Nahen Osten ++ Syrien fordert Ende der US-Sanktionen ++

Stand: 05.01.2025 23:27 Uhr

Syriens Außenminister al-Schibani hat bei seiner Katar-Reise erneut die Aufhebung der US-Sanktionen gefordert. Israels Verteidigungsminister wirft der Hisbollah Verstöße gegen das Waffenruhe-Abkommen vor. Der Liveblog zum Nachlesen.

05.01.2025 • 23:26 Uhr

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Bei neuen israelischen Angriffen im Gazastreifen sind einem Bericht der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zufolge mindestens 24 Menschen getötet worden. Drei Tote habe es bei einem Angriff auf ein Haus im Lager Bureij im Zentrum des Küstenstreifens gegeben, berichtete die Agentur unter Berufung auf medizinische Kreise. Weitere Angriffe mit Toten und Verletzten wurden demnach im Flüchtlingslager Nuseirat und aus der Umgebung von Chan Junis im Süden gemeldet. 

Die israelische Armee teilte mit, sie habe Terroristen in einer Kommandozentrale der islamistischen Hamas in der Gegend von Chan Junis angegriffen. Zudem sei ein Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Dschihad getroffen worden, der aus der humanitären Zone in Deir al-Balah angegriffen habe. Die Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig überprüfen

Medienberichten zufolge reisen ranghohe Vertreter Israels und der US-Regierung zu den laufenden Gesprächen über eine Gaza-Waffenruhe in Katar. Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, werde am Montag in Doha erwartet, berichtete die Nachrichtenseite Ynet. Zudem schrieb ein Korrespondent der US-Nachrichtenseite Axios, auch der Nahost-Koordinator des Weißen Hauses, Brett McGurk, sei in die katarische Hauptstadt gereist.

Beides könnte bedeuten, dass eine mögliche Einigung näher rückt. Allerdings gab es solche Zeichen der Hoffnung in den vergangenen Monaten schon öfter, ohne dass ein Durchbruch erzielt worden wäre.

In Syrien wollen die neuen Machthaber die Gehälter vieler Staatsbediensteter im nächsten Monat um 400 Prozent erhöhen. Finanzminister Mohammed Abasid erklärte, dies sei Teil der Umstrukturierung von Behörden und Ministerien. Ziele seien mehr Effizienz und Rechenschaftspflichten. "Dies ist der erste Schritt hin zu einer Notlösung für die wirtschaftliche Realität im Land", sagte der Minister der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Gehälter der Angestellten im öffentlichen Dienst unter dem gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad lagen bei etwa 25 Dollar pro Monat. Wie bei einem Großteil der Bevölkerung lag das Einkommen damit unter die Armutsgrenze, sagte Abasid. Die Kosten für die Gehaltserhöhung werden auf 1,65 Billionen Syrische Pfund geschätzt, was etwa 127 Millionen Dollar entspricht. Das Geld soll unter anderem aus bestehenden staatlichen Ressourcen, Hilfe arabischer Länder und der Freigabe eingefrorener syrischer Vermögen im Ausland aufgebracht werden.

Angesichts der Debatte um die Zukunft der Syrer in Deutschland warnt Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa vor Populismus. Populistische Forderungen nach schneller Rückkehr syrischer Flüchtlinge schürten falsche Vorurteile und beschädigten die Grundlagen einer Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte", sagte sie dem Tagesspiegel.

Zuvor hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der Funke-Mediengruppe gesagt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werde Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, "wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen".

Welskop-Deffaa erinnerte hingegen daran, dass viele Syrerinnen und Syrer eine große Hilfe seien, etwa in Gesundheits- und Sozialberufen. Es werde aber auch eine Förderung der freiwilligen Rückkehr brauchen, denn Syrien brauche "qualifizierte Kräfte für einen demokratischen und wirtschaftlichen Neuanfang".

Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot hat sich zu dem verweigerten Handschlag des islamistischen syrischen Machthabers Ahmed al-Scharaa für Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) geäußert. Er hätte es befürwortet, wenn al-Scharaa Baerbock die Hand gereicht hätte, sagte Barrot dem französischen Radiosender RTL. "Wäre es mir lieber gewesen, wenn Ahmed al-Scharaa meiner deutschen Kollegin die Hand geschüttelt hätte? Die Antwort lautet Ja. War das der Zweck dieser Reise? Die Antwort ist Nein", sagte Barrot. 

Entscheidend seien andere Themen, etwa der Umgang mit zehntausenden IS-Anhängern, die in Gefängnissen im Nordosten Syriens inhaftiert sind, sowie das Chemiewaffenarsenal der gestürzten Regierung von Ex-Machthaber Baschar al-Assad. 

Al-Scharaa hatte Baerbock und Barrot am Freitag im Präsidentenpalast in Damaskus empfangen. Dass al-Scharaa ihr als Frau bei der Begrüßung nicht die Hand reichte, relativierte die Bundesaußenministerin. Auf die Frage einer Journalistin antwortete Baerbock während ihres Besuchs, ihr sei schon bei der Anreise klar gewesen, "dass es hier offensichtlich nicht gewöhnliche Handschläge geben wird". 

05.01.2025 • 18:29 Uhr

Offenbar Explosionen nahe Damaskus

Nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus hat es am Sonntag nach Angaben von Aktivisten mehrere Explosionen gegeben. Vermutlich habe Israel Waffenlager der Armee des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad bei Kisweh südlich von Damaskus angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die israelische Armee erklärte dagegen auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, sie habe dort nicht angegriffen.

Im Gazastreifen sind nach Angaben des Palästinenserhilfswerks UNRWA bereits sieben Säuglinge an Unterkühlung gestorben. Insgesamt gebe es aus Mangel an Unterkünften infolge des Kriegs für etwa 7.700 Neugeborene keinen ausreichenden Schutz, warnte die UN-Agentur auf der Plattform X.  Ende Dezember hatte bereits die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa von vier Säuglingen berichtet, die an Unterkühlung gestorben seien.

Bei drei israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben mindestens 14 Palästinenser ums Leben gekommen. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden wurden bei einem israelischen Luftschlag fünf Menschen in einem Haus im Lager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens getötet.

Bei einem weiteren Angriff starben demnach vier weitere Menschen in Dschabalia im Norden. Bei einem Angriff auf ein Polizeirevier in Chan Junis im Süden seien fünf Menschen gestorben. Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht dazu.

Die Türkei ist nach eigenen Angaben erneut gegen Kurdenmilizen in Nordsyrien und im Irak vorgegangen. Dabei seien 32 Anhänger der Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien "neutralisiert" worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. In der Regel ist damit die Tötung von Kämpfern gemeint.

Im Nordirak seien vier Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK "neutralisiert" worden, hieß es weiter. Wie genau das Militär vorgegangen war, wurde nicht mitgeteilt. Die Türkei betrachtet die von den USA unterstützen Kurdenmilizen in Syrien als Ableger der PKK und damit als Terrororganisation. Sie fliegt immer wieder Luftschläge in den Nachbarländern und hat mit Unterstützung von Rebellengruppen mehrere Militäreinsätze in Nordsyrien durchgeführt. 

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der neue syrische Außenminister Assaad al-Schibani hat in Doha seinen örtlichen Amtskollegen und zugleich katarischen Premier Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al-Thani getroffen.

"Wir haben Doha unsere Besorgnis über die Herausforderungen im Zusammenhang mit den gegen das syrische Volk verhängten Wirtschaftssanktionen mitgeteilt und erneuern unseren Appell an die Vereinigten Staaten, diese Sanktionen aufzuheben", zitierte der syrische Radiosender Sham FM al-Schibani. Al-Schibani bezeichnete laut einer Erklärung des katarischen Außenministerium die Sanktionen als "Barriere und Hindernis für die rasche Erholung" Syriens.

Der syrische Außenminister teilte auf der Plattform X zudem mit, dass er auch nach Jordanien und in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen werde, um strategische Partnerschaften aufzubauen und die Sicherheit und wirtschaftliche Erholung Syriens zu unterstützen.

Die Aufklärung der Schicksale zahlreicher während des Bürgerkriegs in Syrien verschwundener Menschen stellt nach Angaben des Roten Kreuzes eine "enorme Herausforderung" dar. "Die Vermissten zu identifizieren und die Familien über ihr Schicksal zu informieren, wird eine enorme Herausforderung sein", sagte die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview. 

Es werde Jahre dauern, "bis die Situation aufgeklärt ist und alle Betroffenen informiert werden können", sagte Spoljaric. Zudem werde es Fälle geben, die niemals aufgeklärt werden können.  

In Syrien wurden bei der gewaltsamen Niederschlagung regierungsfeindlicher Proteste unter Präsident Baschar al-Assad nach Beginn des Bürgerkriegs 2011 tausende Menschen festgenommen und inhaftiert - ihre Familien sind seitdem ohne Nachricht. Viele der Inhaftierten starben und wurden in Massengräbern verscharrt. 

Bisher seien 35.000 Fälle verfolgt worden, seit der Einrichtung einer neuen Hotline im Dezember seien weitere 8000 hinzugekommen, erklärte die IKRK-Chefin. Diese Zahlen beträfen jedoch nur einen Teil der Vermissten. Das Rote Kreuz habe den neuen Machthabern in Syrien eine Zusammenarbeit vorgeschlagen, um Institutionen zur Aufklärung der Fälle zu schaffen, erklärte Spoljaric.

Bei einem Feuergefecht mit der paramilitärischen Grenzpolizei Israels soll ein Mitglied des palästinensischen Sicherheitsdiensts im Westjordanland getötet worden sein. Die Grenzpolizei teilte mit, sie habe eine Razzia im Dorf Meithalun vorgenommen, um Hassan Rabaija zu verhaften, einen laut Polizei gesuchten Extremisten.

Er sei bei dem Feuergefecht ums Leben gekommen, als er versucht habe, zu fliehen. Die Polizisten hätten in seinem Haus eine Schusswaffe, Waffenteile und Bargeld in Höhe von 26.000 Dollar entdeckt. Der palästinensische Sicherheitsdienst teilte mit, Rabaija habe zu seiner Einheit für präventive Sicherheit gehört und sei "bei der Ausübung seiner nationalen Pflicht" getötet worden.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat der Hisbollah-Miliz im Libanon vorgeworfen, sich nicht an das Abkommen für eine Waffenruhe zu halten. Katz drohte damit, sein Land könne "zum Handeln gezwungen" werden. Die Hisbollah-Kämpfer hätten sich noch immer nicht nördlich des Flusses Litani im Südlibanon zurückgezogen, welcher 30 Kilometer von der israelischen Grenze entfernt verläuft, erklärte Katz. 

"Wenn diese Bedingung nicht erfüllt wird, wird es kein Abkommen geben und Israel wird zu einseitigem Handeln gezwungen sein, um die sichere Rückkehr der Bewohner des Nordens (von Israel) in ihre Häuser zu gewährleisten", so Katz.

Die Waffenruhe zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah war am 27. November in Kraft getreten. Zuvor hatten sich beide Seiten zwei Monate extrem heftig bekämpft.

Fast einen Monat nach dem Umsturz in Syrien hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) einen Plan für den Umgang mit Geflüchteten aus dem Land vorgestellt, der auch die Aufhebung von Schutzgewährungen vorsieht.

Das Bezirksgericht in Jerusalem hat weitere Anhörungen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in dessen Korruptionsprozess um zwei Wochen verschoben. Das Gericht gewährte den Aufschub, nachdem ihn Netanjahus Anwälte unter Berufung auf dessen jüngste Operation beantragt hatten, berichtete das Armee-Radio. Der Regierungschef muss demnach frühestens am 20. Januar wieder vor Gericht erscheinen.

Netanjahu ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq Vergünstigungen gewährt zu haben. Außerdem soll er von befreundeten Milliardären Luxusgeschenke angenommen haben. Bei einer ersten Anhörung am 10. Dezember hatte er die Vorwürfe als "absurd" zurückgewiesen. 

Bei Gefechten in Nordsyrien sind in den vergangenen zwei Tagen nach Angaben von Aktivisten mehr als 100 Kämpfer getötet worden. Seit Freitagabend habe es in Ortschaften rund um die Stadt Manbidsch bei Kämpfen zwischen von der Türkei unterstützten bewaffneten Gruppen und syrisch-kurdischen Streitkräften 101 Todesopfer gegeben, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. 

Bei den Getöteten handelt es sich den Angaben zufolge um 85 pro-türkische Kämpfer und 16 Mitglieder der von kurdischen Kämpfern dominierten Demokratischen Kräften Syriens (SDF). In einer Erklärung der SDF hieß es, diese hätten alle "durch türkische Drohnen und die türkische Luftwaffe unterstützten Attacken der Söldner der Türkei" abgewehrt.  

Die israelische Luftwaffe hat am Wochenende nach eigenen Angaben mehr als 100 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Dabei seien Dutzende Terroristen der islamistischen Hamas getötet worden, teilten die israelische Armee und Israels Inlandsgeheimdienst Schin Bet mit. Damit habe das Militär auf Angriffe der Hamas reagiert.

Die Armee griff den Angaben zufolge auch mehrere Abschussrampen an, von denen aus Geschosse aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden sein sollen. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete von mehreren Verletzten durch Angriff in der Nacht zum Sonntag. Gestern hatte der von der Hamas kontrollierte Zivilschutz mehr als 30 Todesopfer gemeldet.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben eine aus dem Jemen gestartete Rakete abgefangen. Seit Beginn des Gaza-Krieges feuert die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen immer wieder Geschosse auf Israel. Die israelische Armee reagierte bereits mehrmals mit Gegenangriffen, unter anderem auf den internationalen Flughafen in Jemens Hauptstadt Sanaa.

Erst am Freitag hatte die israelische Luftwaffe gemeldet, sie habe eine Drohne und eine Rakete abgewehrt, die im Jemen gestartet worden seien. Der israelische Rettungsdienst hatte mehrere Verletzte gemeldet. Vor knapp zwei Wochen waren in Tel Aviv 16 Menschen durch eine von den Huthis abgefeuerte Rakete verletzt worden.

In Israel haben erneut Tausende Menschen für einen Geisel-Deal und gegen die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu demonstriert. Die lautstarken Demonstrationen, die es nahezu jeden Samstagabend in israelischen Großstädten gibt, sollen den Druck auf Netanjahu erhöhen, endlich einem Abkommen mit den Geiselnehmern der Hamas zuzustimmen.

Viele Angehörige der Verschleppten hoffen noch immer, dass ein Abkommen, über das derzeit in der katarischen Hauptstadt Doha verhandelt wird, den seit mehr als 15 Monaten andauernden Krieg im Gazastreifen beendet und die Heimkehr der Entführten ermöglicht. Nach israelischer Zählung werden derzeit noch etwa 100 Geiseln in Gaza festgehalten - wobei unklar ist, wie viele von ihnen überhaupt noch am Leben sind.

Die Terrororganisation Hamas hat erneut ein Video einer Geisel veröffentlicht. Darin ist eine 19-jährige Soldatin zu sehen. Israel spricht von psychologischer Kriegsführung. Die Waffenruhe-Verhandlungen gehen derweil nur schleppend voran.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 05. Januar 2025 um 09:00 Uhr.