Vier-Punkte-Plan vorgestellt Faeser löst Debatte über Schutzstatus von Syrern aus
Innenministerin Faeser hat mit ihrem Plan zum Umgang mit Geflüchteten aus Syrien eine breite Debatte angestoßen. Der Union gehen die Punkte der SPD-Politikerin nicht weit genug. Kritik kam auch von den Grünen.
Knapp einen Monat nach dem Umsturz in Syrien hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser einen Plan für den Umgang mit Geflüchteten aus dem Land vorgestellt, der auch die Aufhebung von Schutzgewährungen vorsieht. Die SPD-Politikerin stieß damit die innenpolitische Debatte neu an, die seit dem Ende des Assad-Regimes schwelt.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, kritisierte Faesers Pläne als unzureichend. "Bei den meisten syrischen Flüchtlingen ist der ursprüngliche Fluchtgrund des schrecklichen Assad-Regimes jetzt weggefallen", sagte er der Rheinischen Post. Alle Syrer, die in Deutschland "nicht ausreichend arbeiten", sollten in das Land zurückkehren. Er forderte zudem, den Familiennachzug aus Syrien sofort auszusetzen und Straftäter abzuschieben.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), hält Teile von Faesers Plan für unrealistisch. Entgegen der Ankündigung der Innenministerin werde das Bundesamt (BAMF) "nicht in der Lage sein, mehrere Hunderttausend Asylbescheide zu überprüfen", sagte der Innenpolitiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Frei plädierte für Gesetzesänderungen auf nationaler und europäischer Ebene. "Die Bundesregierung sollte die Arbeit daran schleunigst aufnehmen, um im Fall der Fälle einen Kollaps des BAMF und auch unserer Verwaltungsgerichte zu verhindern."
Faeser stellt Vier-Punkte-Plan zu Geflüchteten vor
Faeser hatte zuvor einen Vier-Punkte-Plan für den Umgang mit geflüchteten Syrerinnen und Syrern vorgestellt. "So wie es unser Recht vorsieht, wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen, weil sich die Lage in Syrien stabilisiert hat", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das wird dann für jene gelten, die kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen wie Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig nach Syrien zurückkehren."
Faeser sagte weiter, das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium arbeiteten daran, nach dem Sturz des Assad-Regimes ein klareres Lagebild von Syrien zu gewinnen. "Wer gut integriert ist, arbeitet, Deutsch gelernt hat und hier eine neue Heimat gefunden hat, der soll in Deutschland bleiben dürfen", sagte Faeser.
Zudem würden Menschen unterstützt, die zurückkehren wollten. Weiterhin sprach sich die Innenministerin dafür aus, Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abzuschieben. "Die rechtlichen Möglichkeiten dafür haben wir stark erweitert und werden sie nutzen, sobald die Lage in Syrien dies zulässt."
CSU-Politikerin Lindholz stützt Faesers Punkte
Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Andrea Lindholz (CSU), nannte ähnliche Prioritäten wie Faeser. "Straftäter werden sofort abgeschoben. Freiwillige Rückkehrer sollten unterstützt und für Rückkehrverweigerer sollten gleichzeitig Abschiebemaßnahmen vorbereitet werden." Gut integrierte Menschen sollten bleiben können, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Hilfen für Syrien und die Aufhebung von Sanktionen sollten an die Bedingung geknüpft werden, dass die neue Regierung in Damaskus geflüchtete Landsleute umgehend zurücknehme.
Grüne sind skeptisch
Vom grünen Koalitionspartner wurde Skepsis gegenüber Faesers Plänen deutlich. Die Migrationsexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat, sagte der Rheinischen Post, "das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird wie üblich in jedem Einzelfall sorgfältig etwaige Fluchtgründe prüfen. Insofern gibt die Innenministerin die Rechtslage wieder." Einen Anlass für Widerrufsprüfungen für syrische Schutzberechtigte gebe es im Hinblick auf die aktuelle Lageeinschätzung derzeit nicht.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Lamya Kaddor, warnte vor vorschnellen Schritten mit Blick auf Syrien. "Es gibt noch keine stabile politische Lage, sondern weiterhin Kämpfe in mehreren Teilen des Landes. Wir kennen die neuen Machthaber und werden sie an ihren Taten messen müssen", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Syrern, die in Deutschland lebten und sich am Wiederaufbau beteiligen wollten, müssten Reisen nach Syrien und zurück erleichtert werden.
Wer gut integriert ist, soll bleiben können
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, begrüßte die Pläne seiner Ministerin. "Wenn sich die Lage in Syrien stabilisiert, dann werden auch Menschen wieder zurückgehen. Für verurteilte Straftäter muss dies dann sowieso gelten", sagte er der gleichen Zeitung. Viele Syrer würden aber auch bleiben, weil sie hier Arbeit gefunden, sich ein neues Leben aufgebaut hätten und sich klar zu Demokratie und Rechtsstaat bekennen würden. "Auf sie können wir nicht verzichten", betonte Wiese gegenüber der Rheinischen Post.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, sagte der dpa: "Über die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern muss mit der neuen syrischen Führung schnellstmöglich gesprochen werden." Auch er plädierte aber für eine Bleibemöglichkeit von gut integrierten Menschen. Für andere entfalle der Schutz jedoch, wenn sich die Verhältnisse in Syrien stabilisierten. Deutschland solle sich für eine Syrien-Konferenz einsetzen, damit das Land rasch wirtschaftlich und politisch stabil werde.
Rund 975.000 Syrerinnen und Syrer in Deutschland
In Deutschland leben laut Bundesinnenministerium aktuell rund 975.000 Syrerinnen und Syrer. Die meisten kamen seit 2015 infolge des syrischen Bürgerkriegs. Mehr als 300.000 von ihnen haben einen subsidiären Schutztitel. Sie wurden also nicht wegen einer individuellen Verfolgung aufgenommen, sondern wegen des Bürgerkriegs in ihrer Heimat.
Das BAMF hat kürzlich entschieden, über Asylanträge von Menschen aus Syrien wegen der dynamischen Entwicklung im Land vorerst nicht zu entscheiden.