Rauch steigt über Sjewjerodonezk auf.
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ 800 Menschen sitzen in Sjewjerodonezk fest ++

Stand: 03.06.2022 01:34 Uhr

In Sjewjerodonezk sitzen nach Angaben des örtlichen Gouverneurs 800 Menschen in Schutzräumen einer Chemiefabrik fest. Der ukrainische Parlamentspräsident hat die Lieferung deutscher Kampfpanzer gefordert. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

03.06.2022 • 01:34 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir diesen Liveblog. Wir sind aber auch am Freitag wieder mit einem Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine für Sie da. Diesen können Sie hier lesen:

In der ukrainischen Stadt Sjewjerodonezk sitzen nach Angaben des örtlichen Gouverneurs schätzungsweise 800 Menschen in Bombenschutzräumen einer Chemiefabrik fest. Unter ihnen seien auch Kinder, sagte Gouverneur Serhij Hajdaj dem Fernsehsender CNN. Russische Truppen hätten die Asot-Fabrik erneut angegriffen. Dabei seien ein Verwaltungsgebäude und ein Lager mit Methanol beschädigt worden. In dem größten Chemiewerk der Stadt lagerten aber nur noch wenige Chemikalien.

Hajdaj sagte, die Angreifer hätten den größten Teil von Sjewjerodonezk unter ihre Kontrolle gebracht, das Industriegebiet sei aber noch in ukrainischer Hand. Vergleiche mit dem Asowstal-Werk in Mariupol wies er zurück. Dort saßen Zivilisten und ukrainische Soldaten wochenlang fest, während sie von russischen Truppen attackiert wurden.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hält zur Begrenzung hoher kriegsbedingter Gewinne von Energiekonzernen eine Besteuerung dieser Extra-Profite für denkbar. Das sagte die Vize-Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz nach Beratungen der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. "Wenn es über die Maßen Gewinne gibt, die maßgeblich auch da sind, da finde ich schon interessant den Gedanken der Prüfung einer Gewinnbegrenzungsklausel", sagte Giffey. "Und auch die Frage, inweit (...) man in gewisser Weise Gewinne auch besteuern kann."

Die Bundesregierung müsse prüfen, was rechtlich möglich sei und habe das auch zugesagt. Es könne nicht sein, dass eine krisenhafte Situation zur eigenen Profitmaximierung ausgenutzt werde. Die SPD-Politikerin verwies dabei auf einen Vorstoß Bremens. Das Bundesland hatte am Dienstag angekündigt, am 10. Juni einen Antrag in den Bundesrat einzubringen mit dem Ziel, Übergewinne von Mineralölkonzernen infolge von Preissprüngen wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine teilweise mit einer zeitlich befristeten Sondersteuer zu belegen.

Nach seinem ersten Treffen mit den Regierungschefs der Länder in Präsenz hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine positive Bilanz gezogen. "Das war doch ein großes Familientreffen", sagte der SPD-Politiker in Berlin. Das sei ein gutes Gefühl und habe die Beratungen beflügelt.

Man sei sich einig in der Notwendigkeit, solidarisch zu sein, sagte Scholz mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Inzwischen übernähmen die Jobcenter die Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine. "Das ist gut organisiert, wie viele miteinander betont haben."

Man habe auch über die gestiegenen Preise sowie Energie- und Versorgungssicherheit gesprochen und wie man die Bürger unterstützen könne angesichts der dramatischen Preisentwicklung, sagte Scholz. Die ersten von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungen würden nun umgesetzt. Alle unterstützten auch den Ausbau der deutschen Energieinfrastruktur, die notwendig sei, um Gas aus aller Welt importieren zu können.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die westlichen Staaten dazu aufgerufen, sich auf einen langen Abnutzungskrieg in der Ukraine einzustellen. "Was wir sehen, ist, dass dieser Krieg mittlerweile zu einem Abnutzungskrieg geworden ist", sagte der Norweger nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Washington. "Darauf müssen wir uns auf lange Sicht einstellen."

Die Ukrainer zahlten einen hohen Preis dafür, dass sie ihr eigenes Land auf dem Schlachtfeld verteidigten, sagte Stoltenberg weiter. "Aber wir sehen auch, dass Russland hohe Verluste hinnehmen muss." Er bekräftigte zwar, dass die NATO nicht in eine direkte Konfrontation mit Russland eintreten wolle, sagte aber, das westliche Militärbündnis habe die Verantwortung, die Ukraine zu unterstützen.

"Die meisten Kriege - und höchstwahrscheinlich auch dieser Krieg - enden irgendwann am Verhandlungstisch", führte er aus. "Aber wir wissen, dass das, was am Verhandlungstisch passiert, sehr eng mit der Situation vor Ort, auf dem Schlachtfeld, verbunden ist."

Die jüngste Verlangsamung der Teuerungsrate in Russland ist der Zentralbank in Moskau zufolge möglicherweise nicht nachhaltig. Die Inflation könne wieder ansteigen, da gegenläufige Einmaleffekte in der Wirksamkeit nachließen, heißt es in einem Bericht der Notenbank. Es bestehe eher ein Risiko hin zu einer stärkeren Teuerung.

McDonald's wird der russischen Monopolkommission zufolge 15 Jahre lang die Möglichkeit haben, seine Filialen im Land zurückzukaufen. Das Amt hat den Verkauf der Schnellrestaurants an den einheimischen Lizenznehmer Alexander Gowor genehmigt. Dieser will sie unter einem neuen Namen weiterführen. Damit endet nach drei Jahrzehnten die Präsenz von McDonald's in Russland.

Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk hat bei seinem Besuch in Berlin die Lieferung deutscher Leopard- und Marder-Panzer in die Ukraine gefordert. "Natürlich brauchen wir vor allem moderne Waffen. Wir können auch mit alten Waffen aus alten Beständen kämpfen und standhalten, aber die neueren Waffen sind effizienter", sagte er nach einem Treffen mit Bundestagsabgeordneten laut offizieller Übersetzung. "Deshalb erwarten wir sowohl die Marder als auch die Leoparden."

Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall hat die Lieferung von Marder-Schützenpanzern und den deutlich größeren und schlagkräftigeren Leopard-Kampfpanzern in die Ukraine angeboten. Diese Panzer sollen nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung für einen Ringtausch eingesetzt werden. Länder wie Tschechien und Griechenland sollen sie als Ausgleich für die Lieferung alter Panzer sowjetischer Bauart in die Ukraine erhalten. Der Verzicht auf eine direkte Lieferung wird damit begründet, dass die ukrainischen Soldaten mit sowjetischen Waffensystemen besser umgehen und sie sofort nutzen könnten.

Russland ist einem Medienbericht zufolge bereit, die Sicherheit von Schiffen mit Getreide zu garantieren, die die ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer verlassen. Dies sei über humanitäre Korridore möglich, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax das russische Verteidigungsministerium. Dieses kündigt demnach zudem an, die humanitäre Lage in der Ukraine nicht für seinen militärischen Sondereinsatz auszunutzen. Damit bezeichnet die Regierung in Moskau den Krieg in der Ukraine.

Schweden hat weitere Hilfen für die Ukraine im Wert von einer Milliarde schwedischer Kronen (95 Millionen Euro). Dabei handele es sich sowohl um Finanzhilfen als auch um militärische Ausrüstung wie Schiffs- und Panzerabwehrraketen, teilten das Verteidigungs- und das Finanzministerium in Stockholm mit.

"Wir sehen nun eine neue Phase der russischen Invasion, in der Russland im Osten und Südosten der Ukraine an Stärke gewinnt", sagte Verteidigungsminister Peter Hultqvist. Deshalb habe Kiew um Hilfe "in mehreren Bereichen" gebeten.

Finanzminister Mikael Damberg sagte, Schweden werde 578 Millionen schwedische Kronen zum Fonds der Ukrainischen Zentralbank für die Streitkräfte des Landes beisteuern, 60 Millionen Kronen für den NATO-Fonds zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte sowie Militärausrüstung im Wert von 262 Millionen Kronen. Stockholm will demnach unter anderem das Schiffsabwehrraketensystem Robot 17 sowie 5000 Panzerabwehrraketen, Sturmgewehre und Munition liefern.

35 verwundete Ukrainerinnen und Ukrainer sind zur medizinischen Behandlung nach Bayern gebracht worden. Sie kamen mit der Luftwaffe am Flughafen Nürnberg an. Sie stammen aus verschiedenen Behandlungszentren in der Ukraine und haben "kriegstypische Verletzungen", wie das bayerische Innenministerium auf Nachfrage mitteilte. Ob es sich um Zivilisten oder Militärangehörige handele, sei dem Ministerium nicht bekannt; dies spiele auch keine Rolle.

Die Verwundeten waren an Bord eines Airbus A310 der Bundeswehr über Polen nach Nürnberg geflogen worden, wo sie am Nachmittag von rund 100 Rettungskräften in Empfang genommen wurden. Im Anschluss fuhren Rettungswägen sie zu Kliniken in sämtlichen bayerischen Regierungsbezirken. Konkret bleiben acht Patienten in Mittelfranken, je sieben sollten nach Ober- und Unterfranken, vier in die Oberpfalz und je drei nach Oberbayern, Schwaben und Niederbayern gebracht werden.

Eine Delegation der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist zu einem Solidaritätsbesuch in Kiew eingetroffen. Die russische Invasion sei ein "eklatanter Völkerrechtsbruch", der die Existenz der ukrainischen Nation bedrohe, betonte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz. "Ich verstehe gut, dass die Ukrainer diesen Angriff mit entschlossener Gegenwehr beantworten. Europa und die ganze Welt müssen an ihrer Seite stehen."

Nach dem Besuch des Kiewer Vororts Irpin sagte Meier dem Evangelischen Pressedienst, die teils völlig zerstörten Häuser und Gebäude zu sehen, habe ihn zutiefst berührt und geschockt. "Die Brutalität des russischen Besatzungsregimes und die Kriegsverbrechen, die dort begangen wurden, lassen mich sprachlos zurück", sagte Meier. Völlig unschuldige Menschen hätten einfach alles verloren.

Auf dem Programm des bis Samstag geplant Besuchs steht ein Treffen mit dem Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk, Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche. Bei dem Gespräch soll es um die politische und militärische Lage der Ukraine und um Hilfen für die Menschen vor Ort gehen.

Die Deutschen sind in der Frage, welchen Kurs die Bundesregierung in der militärischen Unterstützung der Ukraine fahren sollte, geteilter Meinung. Jeder Zweite vertritt die Haltung, Deutschland solle dabei entschlossen agieren und Härte gegenüber Russland zeigen, wie eine Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend ergab. 43 Prozent sagten, die Bundesregierung sollte eher zurückhaltend sein, um Russland nicht zu provozieren.

Es bestehen massive Unterschiede zwischen West und Ost. Bei Entscheidungen über militärische Hilfen an die Ukraine halten zwar 53 Prozent der Westdeutschen Härte gegenüber Russland für angebracht, im Osten sind es jedoch lediglich 35 Prozent. Für Zurückhaltung hingegen plädieren im Westen 40 Prozent, unter Ostdeutschen sind es 58 Prozent.

02.06.2022 • 17:33 Uhr

Medwedtschuk vor Gericht

Die ukrainische Strafverfolgungsbehörde hat den Oppositionspolitiker Viktor Medwedtschuk des Hochverrats beschuldigt und den Fall vor Gericht gebracht. Medwedtschuk, ein Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Im Bericht der Ermittler heißt es, Medwedtschuk habe die russische Führung bei subversiven Aktivitäten gegen die Ukraine unterstützt. Dazu gehörten Informationen über Standorte von Militäreinheiten. Medwedtschuk bestreitet die Anschuldigungen.

Das ukrainische Militär will das umkämpfte Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk in der Region Luhansk nicht an die russischen Truppen verloren geben. "Die Lage ist schwierig, aber sie ist besser als gestern. Und sie ist unter Kontrolle", sagte der stellvertretende Generalstabschef Olexij Hromow in Kiew.

Zuvor hatten die ukrainischen Behörden mitgeteilt, die Großstadt sei größtenteils unter Kontrolle russischer Truppen. Es gebe sehr blutige Straßenkämpfe in der Stadt, sagte Hromow. Sjewjerodonezk gilt als letzte große ukrainische Hochburg in der Region Luhansk. Prorussische Truppen und das russische Militär stehen dort nach eigenen Angaben kurz vor der Machtübernahme.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Die US-Regierung verhängt wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine weitere Sanktionen gegen russische Oligarchen und Regierungsbeamte. Das Finanzministerium und das Außenministerium in Washington verkündeten eine Reihe von Strafmaßnahmen gegen Personen mit engen Bünden zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Darunter sind etwa der Milliardär Alexej Mordaschow und die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Die US-Regierung nahm auch erneut mehrere Luxus-Jachten ins Visier, die in Verbindung zu Putin stehen sollen.

Wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine haben die Vereinigten Staaten in Abstimmung mit internationalen Partnern bereits Sanktionen gegen Moskau und diverse Putin-Verbündete verhängt.

Russischen Unternehmensvertretern wird ab sofort der Eintritt in das EU-Parlament in Brüssel verwehrt. "Wir dürfen ihnen keinen Raum geben, um ihre Propaganda und falsche, vergifteten Darstellungen über die Invasion der Ukraine zu verbreiten", schreibt die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, auf Twitter.

Die Bundesländer halten ein stärkeres staatliches Vorgehen gegen Energiekonzerne wegen hoher Gewinne infolge des Ukraine-Krieges für nötig. Die Länder hätten sich darauf verständigt, "die Bundesregierung zu bitten, regulatorische Maßnahmen zu ergreifen, um die weitere Spekulation mit Öl, mit Gas, mit Strom zu unterbinden", sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach Beratungen der Regierungschefinnen und Regierungschefs in Berlin. Zudem müssten entsprechende Preiserhöhungen der vergangenen Wochen und Monate kartellrechtlich überprüft werden.

Bremen hatte am Dienstag angekündigt, am 10. Juni einen Antrag in den Bundesrat einzubringen mit dem Ziel, Übergewinne von Mineralkonzernen infolge von Preissprüngen wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine teilweise mit einer zeitlich befristeten Sondersteuer zu belegen. Wie die rechtliche und technische Ausgestaltung einer Sondersteuer im Detail aussehen soll, ließ der Stadtstaat offen. Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, einen Vorschlag für eine rechtliche Grundlage zu erarbeiten, um eine Sonderabgabe zu erheben.

Nach ukrainischen Angaben greifen russische Streitkräfte das ostukrainische Dorf Berestowe an. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Das Dorf liegt an einer Hauptverbindungsstraße. Diese verbindet die Provinz Luhansk mit dem Rest der Ukraine. In der Region wird heftig gekämpft. Nach britischen Angaben haben russische Truppen zwei wichtige Städte - Sjewjerodonezk und Lyssytschansk - größtenteils unter ihre Kontrolle gebracht. Damit wäre ein wichtiges Ziel von Präsident Wladimir Putin erreicht.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Als Konsequenz des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gefordert, Abhängigkeiten Deutschlands von autoritären Regimen künftig umfassend zu vermeiden. "Bei allen systemrelevanten Gütern und Technologien" müsse Deutschland unabhängig werden, sagte Wüst nach Beratungen der Ministerpräsidenten der Länder in Berlin. Das gelte nicht nur für Energie, sondern etwa auch im Gesundheitsbereich. Wüst, der aktuell Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist, betonte aber auch: "Deutschland muss so schnell wie möglich unabhängig vom Import russischer Energie werden." Russlands Präsident Wladimir Putin bedrohe den Frieden und die Sicherheit Europas. Die Ministerpräsidenten hätten beraten, wie die Sicherheit des Landes "in umfassenden Sinne" gestärkt werden könne.

Die EU verzichtet wegen des ungarischen Widerstands vorerst auf Sanktionen gegen das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt Patriarch Kirill. Das sechste EU-Sanktionspaket, in dem auch ein weitgehendes Öl-Embargo enthalten ist, wurde von Vertretern der EU-Staaten ohne die eigentlich gegen Kirill geplante Strafmaßnahme gebilligt, wie mehrere Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa bestätigten.

Die Ukraine erwägt die Abschaltung des Atomkraftwerkes Saporischschia, das in von russischen Truppen kontrolliertem Gebiet liegt. Dies gelte für den Fall, dass die ukrainischen Behörden die Kontrolle über den Betrieb des AKW verlieren sollten, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax einen Regierungsberater. Die Anlage liegt im Südosten der Ukraine und ist das größte Atomkraftwerk in Europa.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) plädiert als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine für einen nächsten Schritt in der europäischen Integration. Zu einem EU-Kandidatenstatus der Ukraine werde die Europäische Kommission gemeinsam einen Vorschlag machen, sagte Baerbock beim 24. WDR-Europaforum. "Wir sind jetzt an einer historischen Wegmarke und das heißt für mich, dass wir nicht nach dem Schema F verfahren können, sondern dass wir uns bewusst machen müssen, es ist ein historischer Moment", sagte die Außenministerin. "Das heißt, auf der einen Seite Nordmazedonien und Albanien jetzt endlich die Beitrittsverhandlungen zu eröffnen." Und mit Blick auf die Ukraine müsse deutlich gemacht werden: "Es reicht nicht zu sagen, Ja, ihr gehört zu Europa, sondern ihr gehört in die Europäische Union."

Ein ukrainischer Militäranalyst sieht in einer Zunahme der russischen Raketenangriffe eine Reaktion auf Versprechen des Westens über weitere Waffenlieferungen an sein Land. "Die Lieferungen westlicher Waffen bereiten dem Kreml große Sorge, weil die ukrainische Armee der russischen Offensive selbst ohne hinreichende Waffen mutigen Widerstand leistet", sagte der Militäranalyst Oleh Schdanow der Nachrichtenagentur AP. "Jeglicher Vormarsch im Südosten kostet Russland bereits eine Menge, einschließlich des Verlusts von Ausrüstung und Soldaten", erklärte er. "Neue Lieferungen westlicher Waffen an die Ukraine könnten das Blatt wenden."

Der Kreml hat erneut westliche Waffenlieferungen an die Ukraine angeprangert. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, die Waffen würden der Ukraine nur mehr Leid bringen. Das Land sei nur ein Werkzeug in den Händen der Länder, die es mit Waffen versorgten. Großbritannien hatte kurz zuvor angekündigt, es werde hochentwickelte Raketenwerfer an die Ukraine liefern.

Peskow warnte vor unerwünschten und sehr unangenehmen Szenarien für den Fall, dass diese Waffen gegen Ziele auf russischem Territorium eingesetzt würden. "Dies wird die Situation erheblich in eine ungünstige Richtung verändern", sagte der Sprecher.

Kurzfristig wird es nach Angaben aus dem Kreml in den besetzten Gebieten in der Südukraine kein Referendum zum Anschluss an Russland geben. "Wenn die Sicherheit nicht völlig gewährleistet ist - und wir sehen die andauernden Schläge der ukrainischen Militärs und Nationalisten auf zivile Ziele in diesen Gebieten - ist es natürlich kaum möglich, davon (von der Abhaltung eines Referendums - Red.) zu sprechen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Damit widersprach er Forderungen der prorussischen Verwaltung in den Gebieten Cherson und Saporischschja sowie einigen Moskauer Politikern nach einem schnellen Anschluss der Region an Russland.

Peskow dementierte, dass Moskau bereits einen Beschluss zu den Abstimmungen getroffen habe und wiederholte seine These, dass die Menschen in der Region selbst über ihre Zukunft entscheiden müssten. "Dazu ist es notwendig, die entsprechenden Bedingungen zu schaffen", fügte er hinzu. Das betreffe in erster Linie die Sicherheit der Bevölkerung. Zugleich verurteilte Peskow die westlichen Waffenlieferungen, versicherte aber, dass sie Russland nicht an der Verwirklichung der selbst gesteckten Ziele bei der Militäroperation hindern würden.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die enge internationale Zusammenarbeit bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen betont. "Nirgendwo dürfen sich Kriegsverbrecher sicher fühlen, auch nicht hier in Deutschland", sagte Buschmann in der Haushaltsdebatte des Bundestags. Es sei Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, das Völkerstrafrecht zu verteidigen. "Auch Krieg findet nicht im rechtsfreien Raum statt", betonte Buschmann.

Der Justizminister verwies darauf, dass der internationale Strafgerichtshof bereits wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine ermittele. Er werde in Kürze in die USA reisen und mit seinem Amtskollegen Merrick Garland darüber sprechen, "wie wir noch koordinierter als internationale Gemeinschaft vorgehen gegen Kriegsverbrechen".

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist in der kommenden Woche nach Angaben von Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda in das baltische EU- und NATO-Land. "Der deutsche Bundeskanzler wird uns nächste Woche besuchen", sagte Nauseda der Agentur BNS zufolge vor Journalisten in Rudninkai. Demnach wollen Scholz und er Deutschlands Pläne besprechen, die Militärpräsenz in Litauen zu verstärken. Nähere Angaben machte der Staatschef nicht.

Die Bundeswehr führt in Litauen auf dem Militärstützpunkt Rukla seit 2017 eine NATO-Einheit zur Abschreckung Russlands. Der multinationale Verband wurde vor dem Hintergrund der russischen Aggression gegen die Ukraine schon vor Kriegsbeginn mit zusätzlichen Kräften aus Deutschland, Norwegen und anderen Staaten von rund 1200 auf etwa 1600 Truppen verstärkt. Mit derzeit gut 1000 Soldatinnen und Soldaten stellt die Bundeswehr das größte Kontingent.

Schweden stellt der Ukraine mehr militärische und wirtschaftliche Unterstützung in Aussicht. Das kündigen Finanzminister Mikael Damberg und Verteidigungsminister Peter Hultqvist an. Zur militärischen Ausrüstung gehörten Schiffabwehrraketen und weitere Panzerabwehrwaffen.

Die französische EU-Ratspräsidentschaft setzt auf ein schnelles Ende von Ungarns neuer Blockade gegen geplante Russland-Sanktionen. Wie die Ratspräsidentschaft mitteilte, wird am Nachmittag bei einem Treffen der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten erneut versucht, eine abschließende Einigung auf das mittlerweile sechste Sanktionspaket der EU gegen Russland zu erzielen.

Russland will nach Darstellung des Präsidialamtes das Fenster nach Europa nicht schließen. Auf die Frage, ob die schwierigen Beziehungen zu Europa die Uhr zurückdrehen würden bis zur Zeit von Zar Peter dem Großen, der Russland nach Westen öffnete, antwortete Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow: "Wir planen nicht, irgendetwas zu schließen." Peter der Große herrschte von 1682 bis 1725. Unter seiner Ägide wurde Russland zu einer Großmacht in Europa. Er gründete Sankt Petersburg, das als Russlands Fenster zum Westen bezeichnet wird.

Im Osten der Ukraine sterben Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge täglich 100 Menschen. 400 bis 500 würden verletzt, sagt Selenskyj vor dem luxemburgischen Parlament in einer Video-Ansprache. Er sei dankbar für die Hilfe, die die Ukraine bislang erhalten habe. Es seien aber noch mehr Waffen nötig.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erwartet auch nach einem Ende des Kriegs in der Ukraine eine lange Auseinandersetzung mit Russland. "Russland wird weiter versuchen, danach die Ukraine zu destabilisieren. Und übrigens, Russland wird weiter versuchen, Europa zu destabilisieren", warnte Djir-Sarai beim 24. WDR-Europaforum. Dies sei für ihn völlig klar. "Der Konflikt mit Putins Russland wird noch lange weitergehen", sagte der FDP-Außenpolitiker. "Jede Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beispielsweise wird mit diesem Regime schwierig sein."

Russland kontrolliert dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge derzeit etwa 20 Prozent der Ukraine. Die Frontlinie reiche über eine Länge von über 1000 Kilometern, sagt Selenskyj im luxemburgischen Parlament per Video-Ansprache. "Wir müssen uns gegen fast die komplette russische Armee verteidigen. Alle kampfbereiten Truppenteile Russlands sind an diesem Angriff beteiligt."

In Russland hat sich der Schwiegersohn von Ex-Staatschefs Boris Jelzin, Valentin Jumaschew, als Berater von Präsident Wladimir Putin zurückgezogen. Jumaschew habe vor etwa einem Monat seine Beratertätigkeit auf freiwilliger Basis beendet, teilt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow mit und bestätigt damit eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters.

Jumaschew hatte als unbezahlter Berater zwar keinen großen Einfluss auf Putins Entscheidungen. Aber er war eine der wenigen verbliebenen Verbindungen in der Moskauer Führung zur Amtszeit des Putin-Vorgängers Jelzin, in der es nach dem Zerfall der Sowjetunion zu liberalen Reformen und einer Öffnung Russlands gegenüber dem Westen gekommen war. Jelzin war von 1991 bis 1999 Präsident.

Die russischen Truppen im Osten der Ukraine versuchen nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, weiter nach Süden vorzurücken. Sie wollten zu den vom ukrainischen Militär kontrollierten Städten Kramatorsk und Slowiansk vordringen - das seien die Schlüsselziele im Norden der Region Donezk. Die Fronten bei den Städten Lyman und Isjum seien die Hauptrichtungen. Kramatorsk ist seit 2014 de facto die Hauptstadt der Region Donezk, nachdem die gleichnamige Stadt von den von Russland unterstützten Separatisten eingenommen wurde.

Eine Delegation der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist zu einem Solidaritätsbesuch in Kiew eingetroffen. "Ich bin hier, um den Christen und allen Menschen in der Ukraine zu zeigen, dass die deutschen Bischöfe und die Gläubigen in unserem Land ihnen gerade in diesen Monaten von Krieg und Leid nahe sein wollen", erklärte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz, der Augsburger Bischof Bertram Meier, in der ukrainischen Hauptstadt. Die russische Invasion sei ein "eklatanter Völkerrechtsbruch", der die Existenz der ukrainischen Nation bedrohe, betonte Meier. "Ich verstehe gut, dass die Ukrainer diesen Angriff mit entschlossener Gegenwehr beantworten. Europa und die ganze Welt müssen an ihrer Seite stehen."

Russland wird wegen der Sanktionen nach Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wirtschaftlich bald am Ende sein. Zwar könne Präsident Wladimir Putin die Armee vielleicht noch über heimische Produkte wie Öl oder Weizen versorgen, sagte der Grünen-Politiker in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Die Wirtschaft des Landes breche aber dramatisch ein. "Er kann das nicht mehr lange durchhalten." Er könne von den Öl- oder Gas-Einnahmen sich wegen der Sanktionen faktisch nichts mehr kaufen.

"Es fehlen Sicherheitsupdates für die Flugzeuge mit der Konsequenz, dass die Flugzeuge bald am Boden bleiben." Auch der Handel mit neutralen oder gar prorussischen Ländern gehe deutlich zurück. "Die Zeit arbeitet nicht für Russland, sie arbeitet gegen Russland." Es sei zwar beschämend, dass Deutschland immer noch russische Energie kaufe. Aber am Druck auf Russland habe die deutsche Wirtschaft und die deutsche Bevölkerung dennoch einen wesentlichen Anteil. Sie trage dies etwa über die hohen Energiepreise mit.

Das russische Militär hat angeblich eine Verringerung der Zahl ausländischer Söldner in den Reihen der ukrainischen Armee festgestellt. "Seit Anfang Mai ist der Zustrom von ausländischen Söldnern für die Teilnahme an den Kampfhandlungen gegen die russischen Streitkräfte versiegt", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Seinen Angaben nach ist die Gesamtzahl der ausländischen Kämpfer beim ukrainischen Militär von 6600 auf 3500 gesunken. Hunderte Ausländer seien kurz nach ihrer Ankunft in der Ukraine noch in den Ausbildungslagern von russischen Raketen getötet worden. Noch mehr seien an der Front gefallen, sagte Konaschenkow.

Die Welthungerhilfe und die Kinderrechtsorganisation Terre des Hommes haben von den führenden Industrienationen mehr Engagement für ärmere Länder gefordert. Wegen der drohenden Hungerkrise infolge des Ukrainekrieges werde allein in diesem Jahr weltweit mit 300 Millionen Hungernden gerechnet, sagte der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, in Berlin. Die G7-Staaten müssten künftig jährlich zusätzlich 14 Milliarden US-Dollar für die Ernährungssicherheit zur Verfügung stellen. Der deutsche Beitrag sollte dabei mindestens 1,4 Milliarden US-Dollar (rund 1,35 Milliarden Euro) betragen.

Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben einen ukrainischen Kampfjet abgeschossen. Die Maschine vom Typ Su-25 sei in der Schwarzmeer-Region Mykolajiw im Süden der Ukraine abgeschossen worden, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Zudem seien Kommandostellungen der ukrainischen Streitkräfte nahe Charkiw im Osten des Landes beschossen worden.

In der Großstadt Charkiw ist nach ukrainischen Angaben in der Nacht eine Schule durch russischen Beschuss in Brand gesetzt worden. Eine Frau sei in den Flammen ums Leben gekommen, teilte der ukrainische Rettungsdienst am Donnerstag mit. Ein Mann habe Verletzungen erlitten. Ähnliche Brände habe es an anderen Orten in der Region gegeben. Russische Streitkräfte beschossen in der Nacht auch die Region Dnipropetrowsk, wie Gouverneur Walentyn Rezsnitschenko im Kurznachdienst Telegramm mitteilte.

Getroffen worden sei die Umgebung von Cherson, das größtenteils unter Moskauer Kontrolle steht. In der Region Sumy, die an Russland grenzt, wurden nach Angaben von Gouverneur Dmytro Schywytskyj in der Nacht drei Menschen durch Raketeneinschläge verletzt. Im Osten rückten russische Truppen nach Angaben des ukrainischen Generalstabs in der Stadt Sjewjerodonezk weiter vor. Das russische Militär stürmte auch die Stadt Komyschuwacha in der Region Saporischschja im Südosten, die zu großen Teilen unter russischer Kontrolle steht, wie der Generalstab in seinem Lagebericht mitteilte.

Die Ukraine betrachtet sich nach den Worten ihres Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schon jetzt als Teil der Europäischen Union. "Die Ukraine ist bereits de facto Mitglied der EU geworden", sagte Selenskyj in einer Videoansprache vor dem luxemburgischen Parlament. "Ich glaube, dass die Ukraine bereits durch ihr Handeln zeigt, dass sie die europäischen Kriterien erfüllt." Selenskyj zeigte sich überzeugt, dass sich Luxemburg dafür einsetzen werde, im Juni den offiziellen Status eines EU-Beitrittskandidaten zu erhalten und "in einem beschleunigten Verfahren EU-Mitglied zu werden".

"Europa steht vor einem großen Test. Ist Europa fähig, seine Werte zu verteidigen?", sagte der ukrainische Präsident. Ohne den russischen Präsidenten Wladimir Putin namentlich zu erwähnen, sagte er: "Man muss diesen einzelnen Menschen daran hindern, die europäischen Werte zu zerstören. Wenn es uns nicht gemeinsam gelingt, diesen Mann zu stoppen, dann sind dies dunkle Stunden. Dunkle Stunden, die wir bereits im Zweiten Weltkrieg erlebt haben."

Selenskyj forderte weitere Sanktionen der EU gegen Russland und die Lieferung von "mehr Waffen, modernen Waffen". Der russische Angriff auf die Ukraine sei eine «Katastrophe von globalem Ausmaß, die uns an den Zweiten Weltkrieg erinnert

Das Ölembargo der Europäischen Union wird Russland zufolge die Märkte destabilisieren. "Brüssel und seine politischen Sponsoren in Washington tragen die volle Verantwortung für das Risiko einer Verschlechterung der weltweiten Nahrungsmittel- und Energiesituation, die durch die unrechtmäßigen Schritte der Europäischen Union verursacht werden", teilte das russische Außenministerium mit.

Die britische Regierung schickt der Ukraine Raketenwerfer-Systeme vom Typ M270. Wie viele genau geliefert werden sollen, sagte Verteidigungsminister Ben Wallace nicht. Die präzisionsgelenkten Waffen haben eine Reichweite von bis zu 80 Kilometern.

Großbritannien folgte damit den USA, die Mehrfachraketenwerfer-Systeme vom Typ Himars an die Ukraine liefern. Die beiden Systeme sind ähnlich. Ukrainische Soldaten sollen in Großbritannien eine Schulung für den Umgang mit den Raketenwerfern erhalten, hieß es.

In der Ukraine haben mehrere Regionen in der Nacht zum Donnerstag und am frühen Morgen Luft- und Raketenangriffe gemeldet. "Vier feindliche Marschflugkörper wurden abgefeuert. Sie wurden vom Schwarzen Meer aus abgeschossen", bestätigte der Chef der Militärverwaltung im westukrainischen Lwiw, Maxym Kosytzkyj, auf seinem Telegram-Kanal. Demnach richtete sich der nächtliche Raketenangriff gegen Eisenbahnobjekte in den Kreisen Stryj und Sambir.

Explosionen waren am Morgen auch in der Hafenstadt Odessa, im Süden der Ukraine, zu hören. Während Kosytzkyj von fünf Verletzten sprach, haben die Behörden zu den Angriffen in Odessa noch keine Angaben gemacht. Der Sprecher der regionalen Militärverwaltung, Serhij Bratschuk, bestätigte zwar einen Luftalarm, warnte aber zugleich lokale Medien vor der Veröffentlichung von Schadensmeldungen, bevor es öffentliche Verlautbarungen dazu gebe.

Im Norden der Ukraine haben die Behörden derartige Angaben schon veröffentlicht. So teilte der Gouverneur des Gebiets Sumy, Dmitro Schywytzkyj, auf seinem Telegram-Kanal mit, dass durch Raketenbeschuss im Kreis Krasnopilja ein Wohnhaus völlig zerstört und drei Menschen verletzt worden seien. Im benachbarten Gebiet Charkiw sind nach Angaben von Gouverneur Oleh Synehubow eine Frau getötet und eine weitere Person verletzt worden. Der nächtliche Beschuss habe eine Schule im Charkiwer Stadtteil Saltiwka getroffen.

Zerstörung, Flucht, Tod - Millionen von Kindern in der Ukraine müssen lernen, den Krieg zu verstehen und zu verarbeiten. Eine Herausforderung, für die selbst den Erwachsenen oft genug die Worte fehlen. Aus Dnipro berichtet ARD-Korrespondentin Andrea Beer:

Die Slowakei liefert der Ukraine acht Haubitzen. Das teilte das slowakische Verteidigungsministerium mit. Es handele sich um den Typ Zuzana 2, eine modernisierte Version eines älteren Modells. Die Haubitzen hätten je nach Munition eine Reichweite von 40 bis 50 Kilometer.

Der Präsident der Afrikanischen Union (AU), Senegals Staatsoberhaupt Macky Sall, trifft am Freitag den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi. Das Präsidialamt in Dakar teilte mit, Ziel des Besuchs sei "die Freigabe von Getreide und Dünger, deren Blockade besonders die afrikanischen Länder betrifft". Der Besuch erfolge auf Einladung von Putin, hieß es weiter.

Die Afrikanische Union habe auch die Bitte des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj akzeptiert, sich in einer Videokonferenz an die Mitglieder des afrikanischen Staatenbundes zu wenden. Das Datum stehe noch nicht fest. Die Ukraine und Russland gehören zu den weltweit wichtigsten Getreideproduzenten, Russland ist ein wichtiger Düngerproduzent. Der Export aus beiden Ländern ist wegen der Kämpfe in der Ukraine und der westlichen Sanktionen gegen Russland eingebrochen. Dadurch erhöhte sich die Gefahr von Unterversorgung und Hunger weltweit.

Russische Truppen haben nach britischer Einschätzung den Großteil der umkämpften ostukrainischen Großstadt Sjewjerodonezk eingenommen. Unterstützt von heftigen Artillerieangriffen machten die Streitkräfte örtliche Geländegewinne, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Sie erlitten aber Verluste. Die Hauptstraße in die Stadt hinein werde vermutlich noch von ukrainischen Einheiten gehalten, hieß es unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse.

Es gäbe mehrere Stellen, an denen Russland erneut versuchen könnte, den Fluss Siwerski Donez zu überqueren, der eine natürliche Verteidigungslinie der ukrainischen Truppen darstellt. Hätten die russischen Streitkräfte dort Erfolg, könnten sie das Gebiet Luhansk sichern und sich stärker auf das angrenzende Gebiet Donezk konzentrieren, betonte das britische Verteidigungsministerium.

Beide potenziellen Stellen zur Flussüberquerung - zwischen Sjewjerodonezk und der Nachbarstadt Lyssytschansk sowie nahe der kürzlich eroberten Stadt Lyman - seien aber weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Die Ukrainer hätten mehrere Brücken zerstört, um den Russen ihren Vormarsch zu erschweren. London geht davon aus, dass die russischen Truppen mindestens eine kurze taktische Pause benötigen, um eine Flussüberquerung und weitere Angriffe im Gebiet Donezk vorzubereiten. Dort hätten die ukrainischen Einheiten Verteidigungspositionen vorbereitet. Damit aber drohe die russische Offensive an Schwung zu verlieren.

Die russischen Truppen erobern Gebäude für Gebäude die strategisch wichtige Industriestadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine. Sie kontrollierten mittlerweile "80 Prozent der Stadt", erklärte der ukrainische Regionalgouverneur Serhij Gajdaj. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj erklärte, dass seine Soldaten in Luhansk mit der derzeit "schwierigsten Situation" konfrontiert seien. "Der Feind hat einen operativen Vorteil in Bezug auf die Artillerie", räumte er laut Kiew in einem Telefongespräch mit seinem französischen Kollegen Thierry Burkhard ein. Er plädierte dafür, seine Truppen "so schnell wie möglich" auf Waffentypen der NATO umzustellen. "Das würde Leben retten."

Die Ukraine hofft auf die kürzlich vom US-Präsidenten Joe Biden versprochenen Mehrfachraketenwerfer, die eine größere Reichweite und Präzision versprechen. "Die Situation im Osten ist wirklich schwierig", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem US-Sender Newsmax in einem Interview. "Wir verlieren täglich 60 bis 100 Soldaten, die im Kampf getötet werden, und etwa 500 werden verwundet."

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nationaltrainer Oleksandr Petrakow hat den Sieg der Ukraine gegen Schottland im Playoff-Halbfinale für die Fußball-WM den Soldaten in der Heimat gewidmet. Das 3:1 in Glasgow am Mittwochabend sei "für die Streitkräfte in den Schützengräben und Krankenhäusern, die ihren letzten Tropfen Blut geben, für die in der Ukraine, die jeden Tag leiden" gewesen, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur AP.

Das ukrainische Team gewann gegen Schottland mit 3:1 (1:0). Am Sonntag (18 Uhr) spielen die Ukrainer nun in Wales um das letzte europäische Ticket für die Weltmeisterschaft am Jahresende.

Der Generalsekretär von Interpol, Jürgen Stock, sieht die Gefahr einer Zunahme des illegalen Waffenhandels nach einem Ende des Ukraine-Krieges. Für ihn gebe es keinen Zweifel, dass sich das Problem verschärfen werde, sagte Stock dem anglo-amerikanischen Presseverband in Paris. Das sei schon in der Balkan-Region beobachtet worden sowie in Teilen Afrikas, wo organisierte Verbrecherbanden die chaotische Lage und Verfügbarkeit von Waffen auszunutzen versuchten. Zugang hätten solche Gangs dabei sogar zu Waffen gehabt, die von Streitkräften eingesetzt worden seien.

Die Hauptsorge seien aktuell Kleinwaffen, ergänzte Stock. Er forderte die 195 Mitgliedsstaaten von Interpol zu einer intensiven Nutzung verfügbarer Datenbanken auf, die beim Aufspüren von Waffen helfen könnten, die etwa in einem anderen Land gestohlen worden seien. "Kein Land in unserer Region kann damit allein fertigwerden, weil die Kriminellen, von denen ich rede, global operieren", erklärte Stock. Interpol nehme keine Ermittlungen vor, sondern könne Polizisten und Zollbeamten etwa in der Identifizierung von Schmuggelrouten schulen.

In fast 100 Tagen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj mindestens 689 Kinder zu Schaden gekommen. 243 Kinder seien getötet worden, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache vom Mittwochabend in Kiew. Mindestens 446 Kinder seien verletzt worden, 139 Kinder würden vermisst. "Und das sind nur die, von denen wir wissen." Es gebe keine Informationen aus den von russischen Truppen besetzten Gebieten.

"Ewiges Gedenken denjenigen, deren Leben der russische Krieg gegen die Ukraine genommen hat", sagte Selenskyj. Er erinnerte mit Namen an mehrere Einzelschicksale getöteter Kinder. Mittwoch war der 98. Tag seit dem russischen Angriff vom 24. Februar. Der Kiewer Präsident erinnerte auch daran, dass weit über 200.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland gebracht worden seien. Er sprach von Deportation und einem "niederträchtigen Kriegsverbrechen". Nach Moskauer Militärangaben sind seit Februar knapp 1,6 Millionen Menschen aus den umkämpften Gebieten der Ukraine und den prorussischen Separatistenrepubliken nach Russland gebracht worden. Dazu zählten knapp 260.000 Kinder.

In ihrer ersten öffentlichen Rede seit rund einem halben Jahr hat die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel den Angriff Russlands auf die Ukraine als "tiefgreifende Zäsur" bezeichnet. Sie wolle als Bundeskanzlerin außer Dienst keine Einschätzungen von der Seitenlinie abgeben, sagte die CDU-Politikerin. Doch zu sehr markiere Russlands Einmarsch in sein Nachbarland einen eklatanten Bruch des Völkerrechts in der Geschichte Europas nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. "Meine Solidarität gilt der von Russland angegriffenen, überfallenen Ukraine und der Unterstützung ihres Rechts auf Selbstverteidigung", sagte Merkel.

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel nennt den Angriff Russlands auf die Ukraine eine "tiefgreifende Zäsur".

Sie unterstütze alle entsprechenden Anstrengungen der Bundesregierung, der EU, der USA, der NATO, der G7 und der UNO, "dass diesem barbarischen Angriffskrieg Russlands Einhalt geboten wird". Nach monatelanger öffentlicher Zurückhaltung hielt Merkel beim Abschied des langjährigen DGB-Chefs Reiner Hoffmann vor mehr als 200 Gästen die Laudatio. Unter den Gästen waren zahlreiche Weggefährten Hoffmanns aus Politik und Gewerkschaften.

Bei dem Beschuss eines Klosters im Osten der Ukraine sind laut der ukrainisch-orthodoxen Kirche zwei Mönche und eine Nonne getötet worden. Drei weitere Mönche seien bei den Bombardements vom Montag verletzt worden, teilte die Kirche mit. Danach wurde das Kloster schwer beschädigt. Es liegt am Ufer des Flusses Siwerskyj Donez und zählt zu den wichtigsten historischen orthodoxen Klöstern in der Ukraine. Das Kloster hat Zivilisten Zuflucht geboten, die vor den Gefechten im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflüchtet sind. Es wurde während der russischen Offensive im Industriegebiet Donbass bereits zuvor von russischen Truppen beschossen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Außenministerin Annalena Baerbock hat sich klar zum Ziel bekannt, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnt. Die Grünen-Politikerin wurde in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" auf die vorsichtigere Formulierung von Bundeskanzler Olaf Scholz angesprochen, dass Russland den Krieg nicht gewinnen dürfe. "Ich sage, das stimmt, was der Kanzler sagt", antwortete Baerbock. "Natürlich darf Russland diesen Krieg nicht gewinnen, sondern muss ihn strategisch verlieren."

Russland breche mit dem internationalen Völkerrecht. "Sie wollen den Frieden in der Ukraine zerstören. Deswegen darf die Ukraine auf keinen Fall verlieren - das heißt: Die Ukraine muss gewinnen."

Bei einem russischen Raketenangriff auf eine Bahntrasse in der westukrainischen Region Lwiw sind laut dem Gebietsgouverneur fünf Menschen verletzt worden. Für Donnerstag kündigte Maxym Kosyzkyj weitere Informationen zu der Attacke an. Anton Geraschtschenko, ein Berater im ukrainischen Innenministerium, sagte, dass die russischen Truppen den Beskyd-Bahntunnel in den Karpaten getroffen hätten, um offenbar eine wichtige Schienenverbindung zu kappen und Lieferungen von Waffen und Treibstoff zu unterbinden.

Der Chef der ukrainischen Bahn erklärte indes, dass Schäden an der Bahntrasse noch geprüft würden. Der Tunnel selbst sei aber verschont geblieben. Durch den Angriff soll es bei drei Passagierzügen zu Unterbrechungen gekommen seien, doch konnten sie die Fahrten offenbar später fortsetzen. Über die Region Lwiw gelangen Waffen und andere Ausrüstung für die Verteidigung gegen die russischen Angriffstruppen in die Ukraine.

Die USA wollen der Ukraine insgesamt vier Mehrfachraketenwerfer zur Verfügung stellen. Wie das US-Verteidigungsministerium mitteilte, soll das neue Waffenpaket für Kiew zudem weitere 1000 Javelin-Panzerabwehrraketen und vier Mi-17-Hubschrauber umfassen. Die US-Regierung hatte das neue militärischen Hilfspaket im Gesamtwert von 700 Millionen Dollar (650 Millionen Euro) am Vortag angekündigt.

Der stellvertretende Verteidigungsminister Colin Kahl sagte, die ukrainischen Streitkräfte bräuchten etwa drei Wochen Training, um das HIMARS-Raketensystem einsetzen zu können. Dieses soll den Ukrainern eine größere Reichweite und Präzision bei den Artilleriegefechten im Osten des Landes ermöglichen. Kahl zufolge können die Raketenwerfer jeweils sechs Lenkraketen gleichzeitig über 70 Kilometer weit schießen.

Robert Kempe, WDR, zzt. Dnipro, zum russischen Vorstoß im Osten der Ukraine

tagesthemen, tagesthemen, 01.06.2022 22:15 Uhr

Brasiliens Fußball-Legende Pelé hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgefordert, den Einmarsch seiner Armee in der Ukraine zu beenden. "Stoppen Sie die Invasion. Es gibt absolut keine Rechtfertigung für diese anhaltende Gewalt", schrieb er in einem offenen Brief an Putin auf der Online-Plattform Instagram. "Dieser Konflikt ist böse, ungerechtfertigt und bringt nichts als Schmerz, Angst, Schrecken und Qualen." Er fügte hinzu: "Kriege gibt es nur, um Nationen zu trennen, und es gibt keine Ideologie, die es rechtfertigt, dass Raketen die Träume von Kindern begraben, Familien ruinieren und Unschuldige töten."

Pelé erinnerte sich daran, Putin in der Vergangenheit getroffen zu haben und "ein Lächeln mit einem langen Händedruck" ausgetauscht zu haben. "Die Macht, diesen Konflikt zu beenden, liegt in Ihren Händen. Dieselben, die ich in Moskau bei unserem letzten Treffen 2017 geschüttelt habe", schrieb er.

Der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, hat erstmals einen anderen Ton angeschlagen und die Ankündigungen von Kanzler Olaf Scholz zu neuen Waffenlieferungen begrüßt. "Wir sind glücklich darüber, dass nun endlich Bewegung in die Sache gekommen und das Eis gebrochen ist", sagte Melnyk der "Stuttgarter Zeitung". "Gerade um das System Iris haben wir uns hinter den Kulissen seit fast drei Monaten bemüht."

Scholz hatte im Bundestag am Mittwoch die Lieferung des modernen Luftverteidigungssystems Iris-T-SLM des Rüstungskonzerns Diehl sowie eines Ortungsradars angekündigt. Melnyk sagte den Zeitungen, er hoffe, dass das System im Sommer fertig produziert ist. Im August solle die Ausbildung starten und im Oktober der Einsatz beginnen. Der "Wirtschaftswoche" gegenüber gab Melnyk die Kosten mit 140 Millionen Euro pro Stück an. Elf weitere Systeme könnte die Ukraine zeitnah beziehen.

"Endlich können wir dem Bundeskanzler Scholz von Herzen sagen: Danke!", sagte Melnyk. "Jetzt kann man wirklich von einer Zeitenwende für die Ukraine sprechen. Wir hoffen auf weitere moderne Waffensysteme aus Deutschland."  Der ukrainische Botschafter zählt zu den schärfsten Kritikern der Bundesregierung und hat ihr in der Vergangenheit immer wieder zu große Zögerlichkeit in der Frage der Waffenlieferungen vorgeworfen.

In der Westukraine sind am Abend mutmaßlich mehrere russische Raketen eingeschlagen. Ziel des Angriffs sei die Verkehrsinfrastruktur im Kreis Stryj gewesen, teilte der Chef der Militärverwaltung im Gebiet Lwiw, Maxym Kosyzkyj, auf Telegram mit. Nach ersten Berichten seien zwei Menschen verletzt worden, Angaben über Tote habe es zunächst nicht gegeben. In allen Teilen der Ukraine wurde gegen 21.00 Uhr Ortszeit (20.00 Uhr MESZ) Luftalarm wegen befürchteter russischer Raketenangriffe ausgelöst. Bei Beschuss auf die Stadt Mykolajiw im Süden waren früher am Mittwoch zwei Menschen getötet und zwei verletzt worden.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. Juni 2022 um 09:00 Uhr.