Nach Kuss-Eklat Es wird einsam um Luis Rubiales
In Spanien tobt die Kontroverse um den Kuss-Eklat bei den Fußballerinnen. Der Weltfußballverband FIFA hat Verbandschef Rubiales nun vorübergehend suspendiert. Die Rücktrittsforderungen werden lauter.
In diesen atemlosen Tagen der Rubiales-Saga lässt sich so manche unerwartete Erkenntnis gewinnen. Wie die folgende: In kaum einer Sprache dürfte sich Zuneigung so gut ausdrücken lassen wie auf Katalanisch. Der Barcelona-Coach Xavi Hernandez erklärte am Samstag Jennifer Hermoso sowie den derzeit streikenden Nationalspielerinnen seine bedingungslose Unterstützung.
Die Spielerinnen hatten am Freitag angekündigt, so lange nicht für Spanien aufzulaufen, bis Rubiales nicht mehr im Amt sei. Noch besser eignet Katalanisch sich jedoch dafür, Verachtung auszudrücken. Das Verhalten des Verbandspräsidenten verurteile er, es inakzeptabel sei, so Hernandez.
#"MeToo"-Moment des spanischen Fußballs
Auch der Trainer der Nationalelf der Männer, Luis de la Fuente, verschickte am Samstag ein Statement. Darin verurteilte er jegliche Form geschlechtsbezogener Gewalt und erklärte, er hoffe, dass diese, so wörtlich, "unangenehme Episode" zum Wohle des spanischen Fußballs so schnell wie möglich beendet werde.
Die zuständigen Gremien müssten nun die entsprechenden Entscheidungen treffen. Die wollen das Problem Luis Rubiales offenbar mit Hochdruck loswerden. Der Oberste Sportrat des Landes ließ wissen, er habe den Sportgerichtshof wegen des Falls Rubiales angerufen.
Der Vorsitzende des Rates, Victor Francos, machte keinen Hehl aus seiner Verachtung und sprach vom "Me Too"-Moment des Spanischen Fußballs. Er glaube, Spanien sei bereit dafür und für einen Wandel. "Und gestatten Sie mir, die Spielerinnen um Entschuldigung zu bitten - obwohl ich mir nichts zuschulden kommen lassen habe, aber als für den spanischen Sport Verantwortlicher. Denn sie hätten in dieser Woche nicht das, sondern etwas anderes verdient."
Solidarität mit Hermoso
So sieht es auch Xavi Hernandez: "Schade, dass wir nicht über Alexia, Aitana, Cata Coll oder die Hürden reden, die sie überwunden haben, um Weltmeisterinnen zu werden. Lasst uns zusammenkommen, ich bin ein Konsensmensch und ich rede gerne über Fußball und wie gut sie waren. Es ist eine Schande, dass wir nur über dieses Verhalten sprechen. Lasst uns die Spielerinnen wertschätzen."
Es wird zunehmend einsam um Rubiales. Aus Solidarität mit Hermoso ist fast das gesamte Trainerteam der Nationalmannschaft zurückgetreten. Nur Cheftrainer Jorge Vilda hielt zunächst weiter zum Verbandsboss. Ohne den könnte Vilda sich allerdings womöglich auch nicht Weltmeisterinnentrainer nennen. Denn vor ziemlich genau einem Jahr hatte Rubiales eine Revolte mehrerer Spielerinnen gegen den Coach ähnlich brutal beendet, wie er jetzt zu versuchen scheint, Hermoso zur Aufgabe, wenn nicht gar Unterwerfung zu zwingen.
Fußballverband löscht Erklärung
Am späten Samstagabend wurde es dann wohl selbst Vilda zu heiß. In einem Statement, das er der Nachrichtenagentur EFE zukommen ließ, bedauerte er das, so wörtlich "unangemessene Verhalten" seines Verbandschefs. Erklärte, er verurteile uneingeschränkt jede Art von Machogehabe. Weit entfernt von einer fortschrittlichen und entwickelten Gesellschaft sei das.
Vilda beteuerte darüber hinaus sein "unerschütterliches Engagement" für die Förderung eines Sports, für ihn ein "Modell für Gleichheit und Respekt in der spanischen Gesellschaft". Eine Distanzierung. Seinen Posten will Vilda bisher offenbar jedoch nicht aufgeben.
Der spanische Fußballverband hat mittlerweile eine Erklärung von seiner offiziellen Webseite gelöscht, in der er Hermoso erneut angegriffen und sie der Lüge bezichtigt hatte.