Zukunft des Bezahlens Was für Bargeld spricht - und was dagegen
In anderen EU-Staaten ist das Bezahlen per Karte oder Handy viel üblicher als in Deutschland. Pläne der EZB für einen digitalen Euro könnten dem bargeldlosen Einkaufen einen Schub geben.
Wer in diesem Sommer in Urlaub ist, dem fällt in vielen Ländern auf: Mit Bargeld zahlen ist ziemlich unüblich geworden. Andersherum ging es vielen Fußballfans bei der Europameisterschaft in Deutschland. Da waren viele verwundert über die "Cash only"-Schilder an vielen Geschäften. Wie werden wir künftig zahlen?
Wie in Deutschland und Europa bezahlt wird
In Deutschland war Bargeld lange die Nummer Eins, doch inzwischen gibt es ein Patt: 51 Prozent der Zahlungen erfolgen noch bar. Das geht aus einer aktuelle Untersuchung der Bundesbank hervor. Gemessen am Umsatz liegt der Anteil der Bargeldzahlungen bei 26 Prozent, da vor allem kleine Beträge bar gezahlt werden, größere Beträge eher mit Kredit- oder Debitkarte.
Ulrike Malmendier ist Professorin für Finanzmarktökonomik an der Universität in Berkeley in Kalifornien und eine der "Wirtschaftsweisen", also Mitglied im Sachverständigenrat, der die Bundesregierung in ökonomischen Fragen berät. Für sie ist der Rückgang der Bargeldnutzung logisch.
"Man sieht schon seit vielen Jahren die Tendenz, immer mehr weg vom Bargeldnutzung zu gehen. Diese Tendenz ist deutlich beschleunigt worden durch die Corona-Krise", sagt die Ökonomin. "Wir sehen auch eine starke Korrelation mit dem Alter. Je jünger die Bevölkerung ist, desto offener ist man für Kartenzahlung oder Zahlung direkt mit dem Handy."
In anderen europäischen Ländern zahlen die Menschen teilweise ähnlich wie in Deutschland, teilweise aber auch deutlich seltener mit Bargeld.
Während zum Beispiel in Frankreich und Italien das Zahlungsverhalten ähnlich wie in Deutschland ist, wird in den Niederlanden und vor allem in Schweden deutlich seltener bar bezahlt - dort nur noch bei rund zehn Prozent aller Käufe. Das wird in Deutschland so nicht kommen, ist sich Ulrike Malmendier sicher, vor allem wegen der Sorge über Datensicherheit. Ihrer Einschätzung nach wird es erst mal beim Mix aus Bargeld und Zahlung mit Karte oder Handy bleiben.
Scheine und Münzen funktionieren auch ohne Strom
Für das Bargeld spricht unter anderem, dass es technologieunabhängig ist: Bargeld funktioniert ohne technische Geräte und auch bei Stromausfall. Ein weiterer Punkt ist die finanzielle Inklusion: Bargeld ist unverzichtbar für Menschen ohne Bankkonto.
Eine nicht zu unterschätzende Gefahr, wenn man nur noch mit Karte oder Handy bezahlt: Man kann schneller den Überblick verlieren. Laut einer Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) benutzen Menschen Bargeld auch deshalb, weil sie den Überblick über ihre Finanzen behalten.
Dieser Aspekt ist auch für die Finanzwissenschaftlerin Ulrike Malmendier wichtig: "In den USA erlebe ich, wie sich Leute durch Plastikgeld, die Kreditkarten, ungemein verschulden, weil sie sich nicht bewusst sind, in welcher Höhe sie da Geld ausgeben."
Bares erleichtert Geldwäsche
Gegen Bargeld sprechen zunächst mal die Kosten: Bargeld muss erst produziert und dann transportiert werden, zum Beispiel zwischen Supermärkten und Banken. Außerdem begünstigt Bargeld Geldwäsche. Weniger Bargeld könnte illegale Geschäfte erschweren und damit die Kriminalitätsbekämpfung erleichtern.
Es ist eine erschreckende Zahl: In Deutschland werden nach Schätzungen von Experten jedes Jahr 100 Milliarden Euro "gewaschen". In diesem Umfang wird also illegal erwirtschaftetes Geld in den normalen Wirtschaftskreislauf eingeschleust. Bei Kriminellen ist Deutschland als Ort der Geldwäsche beliebt: Es gibt viele Banken, das Land ist politisch und wirtschaftlich stabil und die Menschen hier haben immer noch eine Vorliebe für Bargeld.
Geldwäsche funktioniert zwar auch ohne Bargeld, doch ist es damit deutlich leichter. Darum fordern Fachleute wie Dirk Peglow, der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Kriminalbeamter ein Limit: "Eine Bargeldobergrenze ist das, was mein Berufsverband schon lange fordert, um dem Thema Geldwäsche Einhalt zu gebieten. Es würde dann nicht mehr wie bisher möglich sein, Gelder, die aus Straftaten stammen zu reinvestieren."
Viele europäische Länder wie Italien, Frankreich und Griechenland haben schon eine Bargeldobergrenze. In der Bundesregierung gibt es keine einheitliche Haltung zur Frage einer nationalen Regelung. Ab 2027 gibt es jedoch in der EU eine einheitliche Bargeldobergrenze in Höhe von 10.000 Euro.
Digitaler Euro könnte Zweifler überzeugen
Die Europäische Zentralbank EZB prüft derzeit die Einführung eines digitalen Euro. Der soll die digitale Variante des Zentralbankgeldes sein und das jetzige Bargeld ergänzen. Er soll sicher und einfach sein und für Händler vermutlich kostenfrei.
Finanzwissenschaftlerin Ulrike Malmendier plädiert für die Einführung eines digitalen Euro: "Da wir alle schon Erfahrung mit digitaler Bezahlung haben, wird das gar nicht so eine Umstellung werden. Der große Unterschied ist, dass man direkt die digitale Version von Bargeld hat. Ich glaube, dass gerade ältere Menschen, die dem digitalen Bezahlen grundsätzlich eher kritisch gegenüberstehen, einem digitalen Euro gegenüber offen wären."
Die Vorbereitungsphase des digitalen Euro läuft seit Herbst 2023 und wird vermutlich zwei Jahre dauern. Im Herbst 2025 könnte also klar sein, ob der digitale Euro wirklich kommt und wie eine Einführung konkret aussehen würde.
Bis dahin wird in Deutschland die Entwicklung beim Bargeld vermutlich so weitergehen wie in den vergangenen Jahren: Die Bargeldnutzung nimmt langsam, aber stetig ab. Doch anders als in Schweden wird Bargeld hier wohl noch für viele Jahre eine wichtige Rolle spielen.