Strommasten stehen auf einem Feld in der Nähe von Industrieanlagen bei Köln.

Ökonomen geben Schulnoten "Noch befriedigend" für den Standort Deutschland

Stand: 03.05.2024 13:52 Uhr

Zu viel Bürokratie und Regulierung, zu wenig Digitalisierung: Ökonomen bewerten den Standort Deutschland im internationalen Vergleich nur mit der Schulnote 3,4. Aber sie sehen auch Stärken des Wirtschaftsraums.

Ökonomen haben dem Standort Deutschland sehr durchwachsene Noten ausgestellt. Im Schnitt bewerten sie ihn mit der Schulnote 3,4, wie aus einer heute veröffentlichten Umfrage des Münchner ifo-Instituts unter 180 Professorinnen und Professoren der Volkswirtschaftslehre an deutschen Universitäten hervorgeht.

Das sei "für die Industrienation Deutschland besorgniserregend schlecht", sagte die ifo-Experte Niklas Potrafke heute. Besonders deutlich beklagten die Wirtschaftsexperten Bürokratie und Regulierungen.

Ruf nach Reformen

"Damit es dem Wirtschaftsstandort Deutschland besser geht, werden Reformen benötigt", so Potrafke. "Dazu zählen der Bürokratieabbau und mehr öffentliche Investitionen in die Infrastruktur und Digitalisierung." Auch müsse das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung angepasst werden.

Ähnliche Empfehlungen kommen von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Iodustrieländer-Organisation empfiehlt etwa die Streichung umweltschädlicher und anderer verzerrender Steuervergünstigungen - etwa des Dienstwagenprivilegs, der Dieselsubvention sowie der Ausnahmen von der Erbschaftsteuer. Das könne den finanziellen Spielraum der Bundesregierung erhöhen. "Dies sollte mit einer Reform der Schuldenbremse verbunden werden, welche den Spielraum für Nettoinvestitionen erhöht", sagte der OECD-Deutschlandexperte Robert Grundke in dieser Woche.

Lohnniveau nicht im Fokus

In neun von 13 erhobenen Kategorien der ifo-Umfrage sahen die Experten häufiger eine Schwäche als eine Stärke Deutschlands im internationalen Vergleich. Besonders häufig wurde die Bürokratie und Regulierung als Schwäche genannt - gefolgt von Problemen bei Energie, Rohstoffen und Digitalisierung.

Auch in puncto Lohnnebenkosten, Steuern und Infrastruktur erhielt der Standort negative Bewertungen. Das Lohnniveau in Deutschland spielte in der Befragung dagegen keine besondere Rolle. Rund drei Viertel der Ökonomen bewerteten es als neutral. 

Stabile Institutionen als Stärke

Trotz der Kritikpunkte sehen die befragten Experten auch Stärken im deutschen Wirtschaftsstandort. Mit 67 Prozent wurden am häufigsten die politischen Institutionen in Deutschland positiv bewertet.

"Unsere nach wie vor funktionierende Demokratie, verbunden mit Merkmalen wie Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftlicher Freiheit, Schutz des Eigentums und geringer Korruption ist - gerade im Vergleich zu Diktaturen oder Autokratien - ein klarer Standortvorteil für Deutschland", sagte Potrafke.

Tendenziell als Stärke Deutschlands sahen die befragten Experten außerdem die Bildung und das "Humankapital", die Kategorien Sicherheit und geopolitische Risiken sowie den Zugang zu Finanzierung.

Am Ökonomenpanel von ifo und "Frankfurter Allgemeine Zeitung" nahmen vom 16. April bis zum 23. April insgesamt 180 Professorinnen und Professoren der Volkswirtschaftslehre teil.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete "Plusminus" am 13. März 2024 um 21:45 Uhr.