Entscheidung zu Netzneutralität Gleiches Tempo - egal welcher Inhalt?
Bislang werden alle Inhalte im Internet mit der gleichen Geschwindigkeit bereitgestellt. Doch bleibt das auch so? Das EU-Parlament entscheidet heute über umstrittene Regelungen zur Netzneutralität. Die USA haben diesen Streit schon ausgefochten.
Als Tom Wheeler, Chef der amerikanischen Kommunikationsbehörde FCC, im Februar 2015 das Abstimmungsergebnis bekannt gab, bekam er spontanen Applaus: "Die Entscheidung, die wir heute getroffen haben, ist die unwiderlegbare Antwort, dass weder Regierungen noch Unternehmen den freien Zugang zum Internet kontrollieren sollen." Die Entscheidung für den Erhalt der Netzneutralität fiel ziemlich knapp aus, nur eine Stimme Mehrheit sicherten den USA gleiches Netz für alle.
Der Abstimmung ging eine Lobbyschlacht voraus, wie man sie in Washington sonst nur erlebt, wenn es um strengere Waffengesetz geht. Nicht umsonst gehören Internetanbieter und Waffenhersteller zu den größten Geldgebern in Washington. Kabelbetreiber wie Verizon oder Comcast hatten dafür getrommelt, dass im Internet eben nicht alle gleich sind. Dass Firmen ihnen Geld zahlen müssen, wenn ihre Filme schneller runtergeladen werden sollen als andere, oder wenn die Seite von Amazon schneller angezeigt wird, als die eines kleineren Konkurrenten, weil Amazon es sich leisten kann, dafür zu zahlen.
Obama stellt sich Plänen in den Weg
Der angebliche Vorteil dieses Bezahl-Internets: "Das Netzwerk wird schneller, sicherer und günstiger auch für Familien, die nicht viel Geld haben“, versprach Kabelriese Comcast in einem Werbespot. Doch die Gegenbewegung war riesig, auf der Straße und im Netz. Vier Millionen Menschen in den USA verlangten keine Kontrolle des Internets durch die großen Kabelanbieter.
Google, Facebook und der Präsident persönlich setzten sich für das Internet einer Geschwindigkeit ein: "Es gibt keine Türsteher, die entscheiden, welchen Eingang du nehmen darfst. Es gibt keine Mautstationen auf der Schnellstraße im Netz. Dieses Prinzip der Netzneutralität hat die Kraft des Internet entfesselt, Erfinder blühen auf. Wenn dieses Prinzip entfällt, würde das Internet bedroht, das wir kennen", so Präsident Barack Obama. Er und die anderen Befürworter der Netzneutralität wollen, dass die Internetprovider nur die Straße zur Verfügung stellen und nicht auch noch darüber entscheiden, wer darauf fahren darf und wie schnell.
Kabelanbieter finden bisheriges System unfair
Die Gegner einer Netzneutralität in den USA, die großen Kabelanbieter, argumentierten: Es sei nicht fair, dass Streamingdienste wie Netflix diese Datenhighways verstopfen und dafür nicht mehr bezahlen müssen. Doch am Ende haben sie mit ihrer Argumentation verloren.
Aber der Kampf geht weiter. Die Internetanbieter in den USA sind bereits vor Gericht gezogen. Ihr Anwalt erklärte, die Kommunikationsbehörde hätte ihre Befugnisse überschritten. Außerdem würden die Internetprovider gezwungen, Dinge zu tun, die sie nicht wollen - wie Nazireden zu verbreiten oder islamistische Hassvideo zeigen. Dies würde gegen die amerikanische Verfassung verstoßen.
Eine weitere Abstimmung des Parlaments befasst sich mit der weitgehenden Abschaffung der Roaming-Gebühren. Ab dem 15. Juni 2017 sollen die Extragebühren für das mobile Telefonieren und Surfen und für SMS im EU-Ausland weitgehend wegfallen. Auf die Details hatten sich Vertreter des Parlaments und der EU-Länder schon Ende Juni geeinigt. Die Staaten haben die informelle Abmachung bereits bestätigt, nun soll das Parlament folgen.
Da das Roaming und die Netzneutralität in der Abstimmung gekoppelt sind, wird insgesamt mit einer Mehrheit für die beiden Vorhaben gerechnet.