EU-Gipfel vorerst beendet Eine Brandmauer gegen die Schuldenkrise
In Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs der EU ihre Beratungen zur Schuldenkrise vorerst beendet. Nach wie vor offen ist ein Gesamtpaket, das soll nun am Mittwoch präsentiert werden. Erste Umrisse sind aber erkennbar. Es wird unter anderem einen Plan zur Stützung der Großbanken geben.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Verabschiedung hätten sich die europäischen Staatenlenker eigentlich sparen können - in zwei Tagen müssen sie schon wieder im Brüsseler Ratsgebäude zum Nachsitzen zusammen kommen. Um dann endlich die Beschlüsse zu fassen, die auf dem jetzigen Gipfel nur versprochen wurden. Bis dahin heißt die Devise, die lauernden Finanzmärkte durch viel Optimismus von einer Panikreaktion abzuhalten. "Es gibt noch einige Probleme zu lösen", so Frankreichs Staatschef Sarkozy, bevor er sich auf den Rückweg zu Frau und neugeborener Tochter machte. Aber besonders in der letzten Arbeitssitzung sei es gut voran gegangen.
Deutschland und Frankreich mit einer Stimme
Schon am Nachmittag hatte Sarkozy durch seinen gemeinsamen Auftritt mit Angela Merkel ein Zeichen setzen wollen: Allem Anschein zum Trotz, sprechen die beiden europäischen Schwergewichte Deutschland und Frankreich mit einer Stimme. "Das ist absolut die Grundlage von allem", betonte Sarkozy. Sarkozy und Merkel bemühten sich dann auch gemeinsam, die ausstehende Einigung auf technische Probleme zu schieben. Es handle sich nun mal um sehr schwierige und komplexe Fragen.
Zumindest die Umrisse des Pakets, das dem siechen Patienten Euro wieder Leben einhauchen soll, sind aber mittlerweile erkennbar. Es wird einen Plan zur Stützung der Großbanken geben. Die müssen ihr Kapitalpolster aufstocken, notfalls auch mit öffentlicher Unterstützung. In der Hoffnung, dass sie einen Schuldenschnitt in Griechenland besser verkraften. Denn dass den Griechen ein größerer Teil ihrer Schulden erlassen wird, ist im Prinzip beschlossene Sache. Die Hiobsbotschaften über das noch viel tiefere Finanzloch in Athen haben nun auch den letzten widerspenstigen Regierungschef überzeugt. Was aber noch lange nicht heißt, dass man sich auch schon über die Höhe des Schuldenschnitts einig ist.
Uneinigkeit herrscht auch darüber, ob man die Banken auch zum Forderungsverzicht zwingen soll, wenn es mit der angestrebten Freiwilligkeit nichts wird. Sarkozy will die französischen Banken möglichst schonen, sie haben nämlich besonders viele griechische Anleihen in ihren Tresoren. So ist es kein Wunder, dass sich die Bundeskanzlerin da sehr bedeckt hielt: "Deshalb ist es völlig ausgeschlossen, dass wir irgendwelche Spekulationen über irgendwas anstellen." Merkel sagte das mit Blick auf die Verhandlungen mit den Gläubigerbanken, die an diesem Wochenende gerade erst begonnen haben. Da drängt also die Zeit.
Unter Zeitdruck
Die Zeit drängt ebenso bei der Ausgestaltung des Euro-Rettungsschirms. Der soll zu einer wirksamen Brandmauer ausgebaut werden, die verhindert, dass die Griechenlandkrise noch weitere schwachbrüstige Eurostaaten ansteckt. Paris wollte da die ganz große Lösung, der EFSF sollte durch den Zugriff auf das Geld der Europäischen Zentralbank praktisch unbegrenzte Feuerkraft erhalten. Für die Deutschen eine grausige Vorstellung, das würde die EZB letztlich zum Finanzierer der Staatschulden machen.
Aber das ist nun vom Tisch. Bundeskanzlerin Merkel sagt: "Die Finanzminister haben zwei Modelle ins Auge gefasst. Beide enthalten die Zentralbank nicht." So weit die gute Nachricht aus Merkels Sicht. Und die schlechte: "Beide Modelle müssen nun näher ausgearbeitet werden." Und zwar spätestens bis heute Abend. Damit der Text dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages rechtzeitig bis zur geplanten Abstimmung am Dienstag vorgelegt werden kann. Denn der muss sein Okay geben, sonst kann die Bundeskanzlerin am Mittwoch dem Euro-Antikrisenpaket nicht zustimmen.
Alles weitere am Mittwoch
Das sieht alles mehr nach heißer Nadel aus als nach dem großen Befreiungsschlag. Und so blieb EU-Ratspräsident Van Rompuy nach Abschluss des gestrigen Euro-Gipfels nichts anderes übrig als ganz tief in die politische Phrasenkiste zu greifen: "Wir sind entschlossen, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Stabilität der Eurozone zu sichern." In Brüssel also nichts Neues: viele Versprechen, wenig Beschlüsse. Und so heißt es Warten auf den Mittwoch.