Zentralbank warnt vor Risiken für Finanzsektor Portugals Banken sind in einer Zwickmühle
Weitere Wackelkandidaten gebe es nicht - so war aus der Politik zu hören, nachdem die EU-Hilfe für Irland beschlossen war. Gerade Portugal wird trotzdem immer wieder genannt. Nun warnt auch die Zentralbank in Lissabon. Sie sieht den Bankensektor gefährdet.
Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid
In Portugal selbst sind heute andere Themen wichtiger, als der Finanzstabilitätsbericht der Notenbank. Viel wichtiger: Ein Wintereinbruch mit Schnee und Problemen auf den Straßen - das ist heute das Thema in Portugal. Die Warnung der Notenbank spielt in den Medien kaum eine Rolle. Und in den vergangenen Tagen und Wochen hatten Experten beim Vergleich mit Irland immer wieder heraus gestellt: Nicht etwa ein angeschlagenes Bankensystem belaste Portugal, sondern Strukturprobleme in der Wirtschaft.
"Die Banken haben sehr gut gewirtschaftet"
Das betont heute auch Fernando Ulrich, Vorstandschef der BIP, einer der größten Privatbanken Portugals. "Die portugiesischen Banken haben sehr gut gewirtschaftet," sagt er. "Und internationale Beobachter bestätigen, dass in diesen schwierigen Zeiten die Stabilität des portugiesischen Finanzsektors einer der größten Aktivposten des Landes ist."
Die Situation im Bankensektor sei wegen der zunehmenden Liquiditätsprobleme "ernst" und mache dringende Maßnahmen erforderlich, warnt die Notenbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht vom 30. November. Sollte die Regierung keine Maßnahmen zur "glaubwürdigen und nachhaltigen Konsolidierung der Staatsfinanzen" ergreifen, werde das Risiko für die Banken untragbar. Die Manager der Notenbank empfehlen den Banken, weniger Kredite zu vergeben, das Sparen zu fördern und sich nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten umzusehen.
Sparprogramm könnte zu Kreditausfällen führen
Warum also warnt die Notenbank nun, die Banken könnten mittelfristig in Schwierigkeiten kommen? Die Erklärung lautet: Wegen des engagierten Sparprogramms der Regierung könnte die Zahl der faulen Kredite steigen. Denn die Regierung kürzt Löhne und Gehälter der Staatsdiener, erhöht die Lohn- und die Mehrwertsteuer. Damit könnte der eine oder andere den Kredit für Auto oder Wohnung nicht mehr zahlen können. Dazu kommt: Wenn weniger Geld im Portemonnaie ist, verkaufen Firmen weniger. Im Extremfall drohen dann Kreditausfälle durch Insolvenzen.
Doch dass Portugal kräftig sparen muss und will um den Haushalt in Ordnung zu bringen, ist seit Monaten bekannt. Warum also die Warnung jetzt? Faria da Oliveira, Vorstandsvorsitzender der Caixa Geral, dem größten Finanzinstitut Portugals, vesucht diese Frage so zu beantworten: "Das größte Problem der portugiesischen Banken ist, wie wir alle wissen, die Liquidität. Natürlich können wir im Moment sagen, dass das System stabil ist. Aber es wäre wichtig, dass sich die Wahrnehmung unseres Landes an den Märkten ändert."
Portugals Banken stehen vor einer Zwickmühle
Zurzeit können sich die portugiesischen Banken noch zu äußerst günstigen Konditionen Geld von anderen Banken leihen, um vorübergehende Engpässe zu überbrücken. Aber mittelfristig sieht die portugiesische Notenbank dabei zwei Probleme: Zuletzt haben die Banken sich deutlich mehr Geld geliehen, als in den Monaten zuvor - und in den nächsten Monaten dürften die Zinsen für solche "Überbrückungskredite" steigen. Die Banken müssten eigentlich selbst vorsichtiger Kredite vergeben - doch das wäre Gift für die schwächelnde Wirtschaft. Eine Zwickmühle, in der es darum geht, nicht aufs Glatteis zu geraten.