ifo-Institut zur Euro-Krise Haftet Deutschland für bis zu 465 Milliarden Euro?
Die deutschen Steuerzahler gehen für die Euro-Rettung ein viel höheres Risiko ein als bislang angegeben. Das ifo-Institut bezifferte die Haftungssumme auf im Extremfall bis zu 465 Milliarden Euro. Die Deutsche Bank berechnete 400 Milliarden Euro. Das Finanzministerium nennt die Berechnungen unrealistisch.
Die deutschen Steuerzahler haften für Rettungsmaßnahmen in der Eurozone mit weit höheren Beträgen als bislang angegeben. Das Münchner ifo-Institut geht im Extremfall davon aus, dass 465 Milliarden Euro aufgebracht werden müssen "Die Eurokrise wird für die deutschen Steuerzahler potenziell immer teurer", kritisierte ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Noch im April habe die Haftungssumme unter 400 Milliarden Euro gelegen.
Hintergrund für die Betragssteigerung sind unter anderem die Zinszusagen, die der Hilfsfonds eingeht, wenn er sich refinanziert, und Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank.
Höhere Versicherungsprämien für deutsche Staatspapiere
"Die Märkte beobachten die deutsche Beteiligung an den Rettungspaketen mit zunehmender Nervosität und verlangen immer höhere Versicherungsprämien für deutsche Staatspapiere", sagte ifo-Präsident Sinn weiter.
Im August sei die jährliche Prämie für die Versicherung zehnjähriger Staatspapiere erstmals auf das Niveau der britischen Staatspapiere gestiegen und habe den Wert von einem Prozent erreicht. "Bei Risikoneutralität entspricht dies einer vermuteten Konkurswahrscheinlichkeit Deutschlands von knapp zehn Prozent innerhalb von zehn Jahren", erklärte Sinn.
Deutsche Bank: Risiko doppelt so hoch wie angegeben
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte zuvor unter Berufung auf Berechnungen der Deutschen Bank berichtet, Deutschland hafte im Extremfall für den erweiterten EFSF mit 400 Milliarden Euro, was doppelt so viel sei wie offiziell verbreitet.
Ministerium: Modellrechnungen spekulativ
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte dazu, man kenne die langfristige Finanzierungsstrategie des EFSF nicht. "Insofern sind Modellrechnungen mit gegriffenen Laufzeiten und Zinsen spekulativ und deswegen unrealistisch."
Schlussabstimmung Ende September im Bundestag
Der Euro-Rettungsfonds EFSF war vor eineinhalb Jahren geschaffen worden, um den drohenden Staatsbankrott Griechenlands abzuwenden. Angesichts immer neuer Krisen beschlossen die Euro-Staaten, den Fonds auszubauen.
Die tatsächliche Ausleihkapazität des EFSF-Fonds soll von bislang 250 auf 440 Milliarden Euro erhöht werden. Deutschland muss daher seinen Anteil am Garantierahmen von bislang 123 Milliarden Euro auf rund 211 Milliarden Euro aufstocken und geht damit laut "FAZ" ein erheblich höheres Risiko ein, als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Bundestag erkennen ließ. Die Schlussabstimmung im Bundestag ist für den 29. September vorgesehen.