Europäische Zentralbank EZB senkt Leitzins auf 3,0 Prozent
Die Europäische Zentralbank senkt zum vierten Mal in diesem Jahr die Zinsen im Euroraum. Um 0,25 Prozentpunkte setzen die Währungshüter den Zins herab, den Banken für geparktes Geld bei der EZB erhalten.
Angesichts trüber Konjunkturaussichten und abnehmender Inflationssorgen senkt die Europäische Zentralbank (EZB) zum vierten Mal in diesem Jahr die Zinsen. Die Währungshüter beschlossen heute auf ihrer Sitzung in Frankfurt, den am Finanzmarkt richtungsweisenden Einlagensatz um einen Viertelpunkt von 3,25 auf 3,00 Prozent nach unten zu setzen. Die Währungshüter sind optimistisch, dass sich die Inflation nachhaltig um ihr Ziel von zwei Prozent in der Eurozone einpendelt.
Die Euro-Wächter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde hatten im Juni die Zinswende eingeleitet und dann im September und im Oktober weitere Lockerungsschritte folgen lassen. Die sogenannte Einlagefazilität gilt als Leitzins und entspricht dem Satz, mit dem die Einlagen von Banken bei der Notenbank verzinst werden. Aktuell verdienen Banken Geld damit, wenn sie ihre überschüssige Liquidität über Nacht bei der EZB parken. Dieser Zinssatz ist auch für Sparer maßgeblich, denn Banken geben sinkende Einlagenzinsen in Form niedrigerer Tages- und Festgeldzinsen an Kunden weiter.
Der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, der sogenannte "Hauptrefinanzierungssatz", sank ebenfalls. Er beträgt nun 3,15 Prozent.
Inflation bleibt hoch
"Es ist gut, dass der EZB-Rat auf einen großen Zinsschritt verzichtet hat. Der anhaltende Lohndruck und die hohe Inflation bei den Dienstleistungen beweisen, dass sich die Lohn-Preis-Spirale immer noch dreht", urteilt Friedrich Heinemann vom ZEW-Institut. Auch andere Experten hatten im Vorfeld der Zinssitzung vor zu stark sinkenden Zinsen gewarnt.
Denn die Inflation in der Eurozone zeigte sich zuletzt hartnäckig: Seit dem kurzen Tief der Inflationsrate im September zog die Teuerung wieder an und lag im November bei 2,3 Prozent. Für Dezember und Januar werden noch höhere Raten erwartet. Damit liegt die Inflation weiterhin über dem mittelfristigen Zielwert von 2,0 Prozent.
Vor allem bei Nahrungsmitteln gibt es kaum Entspannung. Auch die sogenannte Kerninflation, bei der normalerweise schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet sind, ist mit 2,7 Prozent hartnäckig und zu hoch.
Entwicklung "unsicher"
"Die weitere Entwicklung der Inflation im kommenden Jahr bleibt unsicher", betont Heiner Herkenhoff, der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. "Völlig offen sind die Preiseffekte, die von der Handelspolitik der künftigen US-Regierung ausgehen. Sie könnten bei einer weiteren Abwertung des Euro oder möglicher handelspolitischer Gegenmaßnahmen auf europäischer Seite die Inflation im Euroraum wieder beschleunigen."
In der zweiten Amtszeit des designierten US-Präsidenten Donald Trump drohen neue Zölle, was Handelskonflikte auslösen und die Wirtschaft in der Euro-Zone zusätzlich belasten würde. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte davor gewarnt, dass in Deutschland ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten könne, sollten die Zollpläne umgesetzt werden.
Konjunktursorgen nehmen zu
Allerdings nehmen derzeit die Sorgen um eine in der Eurozone schwächelnde Konjunktur zu: Erst kürzlich warnte Präsidentin Christine Lagarde vor einer anhaltenden Wirtschaftsschwäche. Die EZB hat ihre Erwartungen an das Wirtschaftswachstum im Euroraum weiter nach unten geschraubt. Für das Gesamtjahr 2024 erwartet die Notenbank nur noch ein Plus von 0,7 Prozent. Auch die Prognosen für 2025 (1,1 Prozent) und 2026 (1,4 Prozent) fallen pessimistischer aus als noch im September.
"Aktuell sind die Leitzinsen noch auf einem Niveau, das die Wirtschaft dämpft, was angesichts der ohnehin schwachen Entwicklung der Wirtschaft nicht sinnvoll ist", so Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK-Institut. "Deshalb müssen im kommenden Jahr zügig weitere Zinssenkungen folgen."
Sparkassenpräsident Ulrich Reuter betont in diesem Zusammenhang aber auch: "Es liegt an der Politik, die richtigen Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen: Weniger Bürokratie, Wachstumsinitiativen und eine Stärkung des Unternehmertums sind nötig."
Nächster Zinsentscheid im Januar
Zu ihrem weiteren Vorgehen im nächsten Jahr erklärte die EZB, der Zentralbank-Rat sei entschlossen, für eine nachhaltige Stabilisierung der Inflation beim mittelfristigen Zielwert von zwei Prozent zu sorgen. Die Festlegung des angemessenen geldpolitischen Kurses werde von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung entschieden. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter ist für den 30. Januar geplant.