Händler an der Wall Street
marktbericht

Tauziehen um US-Haushalt Anleger bleiben weiter vorsichtig

Stand: 22.05.2023 22:18 Uhr

An den Finanzmärkten steht der Schuldenstreit in den USA im Mittelpunkt. Der Disput über die Anhebung der Schuldengrenze ist noch nicht gelöst, obwohl schon in wenigen Tagen die Zahlungsunfähigkeit droht.

Die Sorgen vor einem möglichen US-Zahlungsausfall haben die Laune der Anleger an der Wall Street gedämpft. Der US-Leitindex verlor 0,42 Prozent auf 33.286 Punkte. Der technologielastige Nasdaq rückte dagegen 0,34 Prozent auf 13.849 Punkte vor und der breit gefasste S&P 500 zeigte sich mit plus 0,02 Prozent auf 4192 Zähler nahezu unverändert, nachdem dieser viel beachtete Index am Freitag zeitweise auf den höchsten Stand seit dem vergangenen Sommer geklettert war.

Die Anleger richteten ihren Blick auf das für den Tagesverlauf geplante Spitzengespräch zwischen US-Präsident Joe Biden und dem führenden Republikaner im Kongress, Kevin McCarthy. Denn die USA blicken wieder einmal in den finanzpolitischen Abgrund: Sollte sich der Kongress nicht bald auf eine Anhebung der staatlichen Schuldengrenze verständigen, droht der wohl wichtigste Schuldner der Welt bereits Anfang Juli zahlungsunfähig zu werden. "Ich denke, wir können heute Abend eine Einigung erzielen", sagte der Verhandlungsführer der Republikaner vor einem Treffen.

Die konkreten Folgen eines solchen Zahlungsausfalls sind zwar schwer absehbar, sehr wahrscheinlich würde aber das Vertrauen in die Vereinigten Staaten als solventer Schuldner erschüttert werden. Mittelfristig könnte dadurch sogar der Status des Dollar als globale Reservewährung in Frage gestellt werden. Experten der US-Bank JP Morgan sehen zudem die Gefahr, dass in den USA wichtige Staatsausgaben wie Rentenzahlungen zumindest zeitweise ausfallen würden.

Der ungelöste US-Schuldenstreit ist nur ein Risiko, dem sich die Finanzmärkte derzeit gegenübersehen. Denn ein Verkaufsverbot für Produkte des Chipherstellers Micron Technology in China setzte nicht nur dem Unternehmen selbst zu, auch Papiere von Konkurrenten wie Intel und AMD verloren.

China habe daran erinnert, dass sich der Handelskonflikt mit den USA jeden Moment wieder zuspitzen könne, schrieb CMC-Marktanalyst Konstantin Oldenburger unter Verweis darauf, dass Produkte von Micron einer Überprüfung der Cybersicherheit der chinesischen Behörden nicht standgehalten hätten. Chinesische Unternehmen seien daher vor dem Kauf dieser Produkte gewarnt worden. "Der Technologiesektor ist längst zum zentralen Spielfeld für die nationale Sicherheit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften geworden", so Oldenburger.

Stützend für die Börsen dürfte heute die Nachricht des US-Notenbankpräsidenten Jerome Powell gewirkt haben, der erneut Hoffnungen schürte, die Fed könnte die Leitzinsen im Juni womöglich erst einmal nicht weiter anheben. Unter Berufung auf die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor hatte Powell gesagt, dass die Zinssätze "vielleicht nicht so stark steigen müssen, wie es sonst nötig wäre, um unsere Ziele zu erreichen.

Der DAX hat heute seinem zuletzt guten Lauf etwas Tribut gezollt. Zum Handelsschluss sank der deutsche Leitindex um 0,32 Prozent auf 16.223 Punkte, das am Freitag markierte Allzeithoch des deutschen Leitindex bei 16.332 Zählern bleibt also in Reichweite.

Der MDAX der mittelgroßen Börsenwerte verlor heute ebenfalls leicht um 0,20 Prozent auf 27.584 Punkte. "Nach dem Gipfelsturm der vergangenen Woche geht es für den DAX heute vor allem darum, das Erreichte zu verteidigen", sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Auch die Experten von Index-Radar sind mit Blick auf die weitere DAX-Entwicklung zurückhaltend. Der neue Rekord sei zwar "ganz klar ein positives Zeichen", hieß es.

Update Wirtschaft vom 22.05.2023

Samir Ibrahim, HR, tagesschau24, 22.05.2023 09:05 Uhr

Der Euro hat sich am Montag stabil präsentiert. Die Gemeinschaftswährung notierte die meiste Zeit über 1,08 Dollar und kostete zuletzt 1,0808 Dollar. Dies entsprach etwa dem Niveau vom Freitagabend. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0822 Dollar fest.

Öl baute frühere Preisverluste im Handelsverlauf wieder ab und verteuerte sich. Die Nordsee-Sorte Brent und die leichte US-Sorte WTI notierten je etwa einen halben Prozentpunkt höher bei 75,99 beziehungsweise 71,97 Dollar pro Barrel (159 Liter). Die Produktionskürzungen des Ölverbands OPEC+ und ein unerwarteter Rückgang bei den Lieferungen aus Kanada glichen die Sorgen um den US-Schuldenstreit mehr oder weniger aus.

Dagegen setzen diese Bedenken sowie düstere Prognosen für die Nachfrage aus China den Rohstoffpreisen zu. Industriemetalle wie Kupfer, Zink, Zinn und Aluminium verloren zwischen ein und 2,4 Prozent.

Nach rund einem Jahr bekommen die bisherigen Aktionäre der an Finanzinvestoren verkauften Wiesbadener Aareal Bank im Juni ihr Geld. Nach der Genehmigung der Europäischen Zentralbank lägen nun alle Freigaben der Aufsichtsbehörden vor. Die Finanzinvestoren Advent und Centerbridge sowie der kanadische Pensionsfonds CPPIB hatten sich im Mai vergangenen Jahres mit einem Gebot über 33 Euro je Aktie die Mehrheit an dem Immobilienfinanzierer gesichert. Bis 7. Juni soll die Übernahme abgewickelt werden, dann kommen die neuen Eigentümer nach eigenen Angaben auf rund 90 Prozent der Anteile.

Gemeinsam mit anderen Branchenvertretern zieht sich der Rückversicherer Swiss Re aus einer erst vor zwei Jahren gegründeten Klima-Allianz zurück. Der Schweizer Konzern nannte keinen Grund für den Schritt. Die Nachhaltigkeits-Strategie bleibe aber unverändert. Ende März waren der Branchenprimus Münchener Rück und im April Zurich Insurance und Hannover Re aus der 2021 geschaffenen Allianz von großen Versicherungskonzernen und Rückversicherern ausgetreten.

China will sich diese Woche den vertraglichen Zugriff auf Bodenschätze der Demokratischen Republik Kongo sichern. Während der mehrtägigen Visite von Präsident Felix Tshisekedi in China wollen er und der chinesische Präsident Xi Jinping mehrere Handelsabkommen unterzeichnen. Dabei geht es auch um ein bereits von Tshisekedis Vorgänger-Regierung ausgehandeltes Programm zum Aufbau von Infrastruktur durch China und im Gegenzug Exporten von Mineralien in die Volksrepublik. Die Maßnahmen haben ein Volumen von sechs Milliarden Dollar.

Verbraucher sollen nach Willen der EU-Länder künftig unionsweit binnen Sekunden Geld in Euro überweisen können - ohne Mehrkosten. Den von den Ländern angestrebten Regeln zufolge müssen etwa Banken, die Standardüberweisungen in Euro anbieten, auch Sofortüberweisungen in Euro anbieten, wie heute bekannt wurde. Sollten dafür Gebühren fällig werden, dürften sie nicht höher sein als die Gebühren, die für Standardüberweisungen erhoben werden. Die neuen Regeln sollen für die 27 EU-Staaten sowie für Norwegen, Island und Liechtenstein gelten.

Der US-Kabelkonzern Comcast nimmt Insidern zufolge einen neuen Anlauf, den Pay-TV-Sender Kabel Deutschland an ProSiebenSat.1 abzugeben. Die Gespräche mit dem Münchner Fernsehkonzern seien wieder aufgenommen worden, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Um ProSiebenSat.1 die Übernahme schmackhaft zu machen, sei Comcast sogar bereit, Sky Deutschland eine Mitgift von mehreren hundert Millionen Euro mitzugeben, hieß es. ProSiebenSat.1 und Sky wollten sich zu den Informationen vorerst nicht äußern, der US-Konzern war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Die geplante Übernahme von PDC Energy kommt bei Chevron-Anlegern anscheinend nicht gut an. Die Chevron-Aktie gibt gut ein Prozent nach, die Papiere von PDC gewinnen dagegen mehr als acht Prozent auf 70,49 Dollar. Chevron will das Öl- und Gasexplorations- und Produktionsunternehmen für 72 Dollar pro Aktie kaufen, teilten die Konzerne mit. Das entspricht einem Aufschlag von 14 Prozent gegenüber dem Zehn-Tage-Durchschnitt vom Freitag.

Ford hat sich in Kanada langfristig die Versorgung mit dem Batterierohstoff Lithium für den Bau von E-Autos gesichert. Mit dem Unternehmen Nemaska Lithium sei ein Vertrag über die Lieferung von Lithiumprodukten geschlossen worden, der auch das für Akkus wichtige Lithiumhydroxid umfasse, teilte der zweitgrößte US-Autobauer heute mit. Mit der Vereinbarung will Ford seinen Plan untermauern, die Produktion von batteriegetriebenen Autos bis Ende 2026 auf zwei Millionen Einheiten pro Jahr zu steigern.

Die Adidas-Aktie gehört zur Mittagszeit zu den größten DAX-Gewinnern. Der Nike-Konkurrent wirft noch in diesem Monat einen Teil der "Yeezy"-Schuhe aus der beendeten Kooperation mit dem Rapper Kanye West auf den Markt. "Einige Yeezy-Produkte" würden Ende Mai über die Adidas-App und online verfügbar sein, teilte der weltweit zweitgrößte Sportartikelkonzern am Freitagabend mit. Aus dem Erlös werde Adidas "einen signifikanten Betrag spenden".

Der Chef des Konsumgüterkonzerns Henkel, Hersteller von Persil, Pril oder Pritt, hat die jüngsten Preiserhöhungen verteidigt und angekündigt, in bestimmten Bereichen und Kategorien müsse Henkel die Preise weiter erhöhen. "Natürlich steigen auch manche Verbraucher von Premiumprodukten auf etwas günstigere Marken um", sagte Carsten Knobel der "Süddeutschen Zeitung". Aber nach der Krise ändere sich das wieder. "Auf Dauer werden unsere Kunden nicht auf Persil verzichten."

Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental ist beim geplanten Rückzug aus Russland einen wichtigen Schritt weiter. Das Werk in der Stadt Kaluga mit 1100 Beschäftigten wurde an das russische Unternehmen S8 Capital verkauft, wie der DAX-Konzern heute mitteilte. Über den Kaufpreis sowie weitere Details hätten die Parteien Stillschweigen vereinbart.

Die Übernahme der kollabierten First Republic Bank lässt die größte US-Bank JPMorgan etwas zuversichtlicher auf das laufende Jahr blicken. Der Nettozinsüberschuss exklusive des Investmentbankings solle dieses Jahr rund 84 Milliarden US-Dollar betragen, wenngleich es noch Unwägbarkeiten gebe, teilte das Institut heute mit. Bislang hatte die Prognose bei 81 Milliarden Dollar gelegen.

Der Facebook-Konzern Meta hat wegen eines Verstoßes gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eine Rekordstrafe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro erhalten. In dem Verfahren geht es um die Beteiligung von Facebook an der Massenüberwachung durch angloamerikanische Geheimdienste, die vom US-Whistleblower Edward Snowden aufgedeckt wurde.

Eine chinesische Aufsichtsbehörde warnt wegen angeblicher Sicherheitsrisiken vor der Verwendung von Bauteilen des US-Speicherchipherstellers Micron Technology. Die Produkte stellten massive Sicherheitsrisiken für die Lieferkette der kritischen Informations-Infrastruktur der Volksrepublik dar, teilte die Cybersicherheits-Behörde (CAC) am Sonntag mit. Zwischen den Regierungen in Washington und Peking ist ein massiver Streit über Chip-Technologie entbrannt.

Siemens Energy verkauft den von der Tochter Siemens Gamesa gehaltenen Anteil von 32 Prozent an dem Windturbinen-Produzenten Windar Renovables an die britische Bridgepoint. Eine Vereinbarung dazu sei unterzeichnet worden, teilte ein Sprecher von Siemens Energy am Sonntagabend mit. Ein Verkaufspreis wurde nicht genannt.

Mit der Bundesliga-Meisterschaft unmittelbar vor Augen haben die Aktien von Borussia Dortmund (BVB) einen Freudensprung auf den höchsten Stand seit September 2021 vollzogen. Am Vormittag gewannen die Papiere des Fußballvereins bis zu 15 Prozent auf 5,15 Euro. Im Jahr 2023 steht bislang ein Kursplus von rund 38 Prozent zu Buche. Von den wenigen Analysten, die die BVB-Aktien mit Anlageempfehlungen unter Beobachtung haben, votierten bereits vor dem vergangenen Wochenende alle mit "Kaufen".

Der finanziell angeschlagene Fußball-Bundesligist Hertha BSC will eine 40 Millionen Euro schweren Anleihe nach dem Abstieg zwei Jahre später zurückzahlen. Statt wie vorgesehen im November 2023 soll die vor fünf Jahren begebene unbesicherte Anleihe nach den Plänen des Berliner Profiklubs erst im November 2025 getilgt werden, wie aus einer Pflichtmitteilung hervorgeht. Im Gegenzug bietet Hertha BSC ab August 8,5 Prozent Zinsen, zwei Prozentpunkte mehr als bisher.

Europas größter Billigflieger Ryanair hat in seinem Bilanzjahr 2022/23 so viele Passagiere befördert wie noch nie und einen neuen Rekordgewinn nur um Haaresbreite verfehlt. In dem Ende März abgelaufenen Geschäftsjahr verdiente die Airline 1,43 Milliarden Euro. Ryanair zeigte sich vorsichtig optimistisch, den Gewinn in den kommenden zwölf Monaten moderat weiter steigern zu können. In der Hochsaison liege der Trend bei den Ticketpreisen noch über dem des Vorjahres.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 22. Mai 2023 um 09:00 Uhr.