Trump oder Harris? Wall Street in der Warteschleife
Die Wall Street ist erwartungsgemäß verhalten in die neue Woche gestartet. Vor den Präsidentenwahlen morgen haben sich die Anleger nicht vorgewagt. Interessante Bewegungen gab es aber trotzdem.
Zum Auftakt der Entscheidungswoche mit Präsidentenwahl und Zinsentscheid der Notenbank Federal Reserve (Fed) ließen die Anleger an der Wall Street Vorsicht walten. Die Schwankungen der großen Aktienindizes blieben dabei den ganzen Tag über überschaubar.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte büßte 0,61 Prozent auf 41.794 Zähler ein. Der breiter gefasste S&P 500 und der Index der Technologiebörse Nasdaq gaben jeweils leicht rund 0,3 Prozent auf 5.712 sowie 18.179 Punkte nach.
"Das ist das größte Ereignis für die Märkte in diesem Jahr, aber wir denken, dass es am klügsten ist, keine großen Wetten einzugehen", sagte Michael Reynolds, Anlage-Experte bei Glenmede, mit Blick auf die Präsidentenwahl.
Einige der sogenannten Trump-Trades verloren an Boden, nachdem die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris laut einer aktuellen Umfrage in Iowa vor ihrem Rivalen Donald Trump lag, was einen Rückgang des Dollars, der Anleiherenditen und des Bitcoins auslöste. Auf mehreren Wettseiten haben sich die Quoten für Harris zuletzt verbessert - ein Wahlindikator, den viele Marktteilnehmer genau beobachten.
Trump hat sich im Wahlkampf als großer Förderer des Bitcoins präsentiert, entsprechend sank die größte der Kryptowährungen zuletzt um knapp drei Prozent. Die leicht aufgehellten Aussichten für Harris ließ Investoren hingegen zu US-Staatsanleihen greifen. Im Gegenzug gab die Rendite der zehnjährigen US-Benchmark-Anleihe um neun Basispunkte auf 4,28 Prozent nach. Gegen Ende der Sitzung setzten dann aber Gewinnmitnahmen ein.
Börsianer gehen davon aus, dass Trumps Einwanderungs-, Steuersenkungs- und Zollpolitik einen Aufwärtsdruck auf die Inflation, die Anleiherenditen und den Dollar ausüben würde. Die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen ist seit Anfang Oktober um über 50 Basispunkte gestiegen.
Derweil geriet der Dollar vor der US-Wahl ins Rutschen, im Gegenzug zog der Euro um gut 0,4 Prozent auf zuletzt 1,0875 Dollar an. Am Freitag hatte die Gemeinschaftswährung noch rund einen halben Cent niedriger notiert. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0904 (Freitag: 1,0885) Dollar fest.
Auch der Rückgang des Dollars könnte mit der Umfrage zusammenhängen, in der Harris in Iowa überraschend und mit drei Prozentpunkten vor dem Republikaner Trump lag, sagten Händler. Iowa war in den letzten Jahren stark republikanisch geprägt.
"Die Umfragen, die am Wochenende veröffentlicht wurden, haben die Gewissheit, mit der einige Marktteilnehmer auf Trumps Sieg gesetzt haben dürften, wohl erschüttert", erklärt Devisenexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. "Der Trump-Trade erscheint risikoreicher und lohnt sich nur noch bei entsprechend höherer Risikoprämie, das heißt bei einem schwächeren US-Dollar."
Allerdings ist auch hier die Meinung der Börse nicht ganz einheitlich. Denn das Papier der Trump Media & Technology Group legte stark um 12,3 Prozent zu - nachdem sie in den letzten Tagen allerdings deutlich gefallen war. Antizipiert die Aktie der von Trump maßgeblich initiierten Medien-Plattform das Wahlergebnis? Fakt ist, dass die Geschäftsdaten mit der Realität nicht viel zu tun haben. Die Aktie gilt als ein Spielball der Spekulation mit den entsprechenden hohen Ausschlägen.
Zudem gibt die US-Notenbank Federal Reserve am Donnerstag auch noch ihren Zinsentscheid bekannt. Experten rechnen mit einem kleinen Zinsschritt nach unten um einen Viertelpunkt auf eine Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent.
Wichtiger wird aber wohl sein, ob Bankchef Jerome Powell Hinweise darauf geben wird, wie der weitere Weg der Zinswende aussehen könnte. Die jüngsten Daten legen nahe, dass es die Fed mit schnellen Senkungen nicht eilig haben dürfte. Insbesondere der Arbeitsmarkt bleibt robust, auch wenn die jüngsten Oktoberdaten durch Sondereffekte verzerrt waren und nur einen geringen Stellenaufbau anzeigten.
Die Fed hat ihre zweitägige Sitzung eigens um einen Tag verschoben, um nicht zeitgleich zu den in aller Welt mit Spannung verfolgten US-Wahlen tagen zu müssen.
Einen Tag vor der entscheidenden US-Präsidentschaftswahl hielten sich die Anleger am deutschen Aktienmarkt mit neuen Engagements weitgehend zurück. Der DAX schloss am Ende am Tagestief bei 19.147 Punkten um 0,56 Prozent schwächer. Am Freitag war der deutsche Leitindex bei 19.255 Zählern aus dem Handel gegangen.
Insgesamt war die Schwankungsbreite mit rund 140 Punkten gering. Das Tageshoch lag bei 19.286 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Werte ging bei 26.417 Punkten um 0,36 Prozent schwächer aus dem Handel.
Die Frage, ob nach der Präsidentschaftswahl erstmals eine Frau oder zum zweiten Mal Donald Trump ins Weiße Haus einzieht, lähme und elektrisiere die Investoren gleichermaßen. Während die Wall Street wohl eher dem Republikaner Trump etwas abgewinnen könne, hoffe man in Frankfurt auf die Demokratin Harris.
"Während Kamala Harris und Donald Trump durch die Swing States ziehen und noch die letzten unentschlossenen Wähler für sich gewinnen wollen, erstarrt der Aktienmarkt wie ein Kaninchen vor der Schlange", kommentierte Konstantin Oldenburger, Analyst beim Broker CMC Markets.
Die deutschen Unternehmen in den USA bewerten ihre Geschäftslage derweil laut einer Umfrage mehrheitlich gut, befürchten aber eine verschärfte Handelspolitik insbesondere unter einer Regierung von Donald Trump. "Die Aussicht auf zusätzliche neue Handelsbarrieren und Lieferkettenstörungen dämpfen den Optimismus" der Unternehmen, erklärte heute der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier.
Gewählt wird morgen. Laut Jochen Stanzl von CMC Markets ist nicht auszuschließen, dass die Auszählung der Stimmen Wochen dauern könnte. "In diesem Fall droht eine richtungslose Phase am Aktienmarkt mit erhöhter Volatilität."
"Die zentrale Frage ist: Wie reagiert der ehemalige US-Präsident, wenn er die Wahl doch noch verliert?", betont derweil IG-Marktexperte Christian Henke. "Kommt es wie im Jahr 2020 zu neuerlichen Stimmenauszählungen - ein Prozess, der durchaus eine Weile andauern und an den Märkten für Verunsicherung sorgen könnte? Ein klares Wahlergebnis wäre daher im Sinne der Marktteilnehmer."
Gleichzeitig nimmt hierzulande die Berichtssaison der Unternehmen mit weiteren Höhepunkten ab morgen kräftig Fahrt auf. Gleich mehrere DAX-Werte öffnen dann ihre Bücher für das dritte Quartal, unter anderem Zalando (am Dienstag) oder die Commerzbank, Fresenius, Siemens Healthineers und BMW (am Mittwoch). Zudem zahlreiche Firmen aus der zweiten Reihe. Heute ist der Terminkalender aber noch überschaubar.
Unter den Einzelwerten heute gingen am deutschen Aktienmarkt einige der zuletzt arg gebeutelten Autowerte auf Erholungskurs. Porsche AG führten den DAX an, auch RWE waren gefragt. Rheinmetall und Vonovia standen am DAX-Ende bei allerdings insgesamt überschaubaren Schwankungen.
Der Goldpreis notierte zuletzt 0,1 Prozent niedriger bei 2.736 Dollar je Feinunze. In der Vorwoche hatte das gelbe Edelmetall noch bei 2.790 Dollar eine Bestmarke aufgestellt.
Am Rohstoffmarkt ziehen die Ölpreise deutlich an, nachdem die OPEC+ ihre geplante Fördermengenerhöhung am Wochenende verschoben hat. Die Nordseesorte Brent verteuert sich um 2,5 Prozent je Barrel (159 Liter). Die Entscheidung der Öl-Allianz, die für Dezember geplante Produktionssteigerung um 180.000 Barrel pro Tag um einen Monat zu verschieben, hat einige Marktteilnehmer überrascht. Experten der ING Bank sehen darin ein mögliches Signal für eine stärkere Preisstützung durch die OPEC+.
Im DAX behaupteten sich Aktien von Qiagen nach positiven Nachrichten aus den USA etwas über ein Prozent im Plus, gaben aber einen Teil ihrer höheren Gewinne vom Vormittag wieder ab. Der Labordienstleister und Diagnostik-Spezialisten teilte mit, dass die US-Gesundheitsbehörde FDA einem Testkit des Unternehmens zur Diagnose der Gehirnentzündungskrankheiten Meningitis und Enzephalitis die Zulassung für den klinischen Einsatz erteilt hat.
Im SDAX ging es für die Aktien von Süss Microtec nach oben. Der auf die Halbleiterindustrie fokussierte Ausrüster teilte heute mit, dass ein langfristiger Mietvertrag für einen neuen Produktionsstandort in Taiwan unterschrieben wurde - mit dem Ziel, neue Produktionskapazitäten zu schaffen, um die weiterhin hohe Nachfrage zu bedienen.
Den Aktionären von Salzgitter winkt ein Übernahmeangebot. Der zweitgrößte Anteilseigner GP Günter Papenburg AG erwäge zusammen mit TSR Recycling GmbH & Co. KG eine entsprechende Offerte, teilte der Stahlhersteller am Abend mit. Das mögliche Angebot würde unter der Bedingung stehen, dass das Konsortium mindestens 45 Prozent plus eine Aktie erhalte. Die mögliche Höhe des Angebotspreises sei Salzgitter noch nicht mitgeteilt worden.
Die Salzgitter-Aktie hat heute im regulären Xetra-Handel bei 13,85 Euro geschlossen und legte nach der Mitteilung am Abend nachbörslich rund 20 Prozent auf 16,90 Euro zu. Der Börsenwert des Konzerns läge damit bei rund 900 Millionen Euro. Laut LSEG-Daten hält die GP Günter Papenburg AG rund 25 Prozent an dem Unternehmen und ist damit zweitgrößter Aktionär nach dem Land Niedersachsen mit rund 26,5 Prozent. Die GP Günter Papenburg AG ist ein Unternehmen mit rund 4.000 Mitarbeitern, das unter anderem im Bauwesen und im Recycling tätig ist
Italiens zweitgrößte Bank, die Unicredit, hat die Mehrheitsübernahme der Rumänien-Tochter der griechischen Alpha Bank abgeschlossen. Unicredit übernimmt 90,1 Prozent der Alpha Bank Romania und fusioniert sie mit ihrer Tochter Unicredit Romania, wie das Geldinstitut heute mitteilte. Damit entsteht die drittgrößte Bank in Rumänien.
Unicredit-Chef Andrea Orcel erklärte, Rumänien sei in der Wachstumsregion Osteuropa "von strategischer Bedeutung" für seine Bank. In Deutschland will die Unicredit gern die Commerzbank übernehmen, stößt dabei aber auf Widerstand von Geschäftsführung, Belegschaft und in der Politik. Zum Portfolio der Italiener in Deutschland gehört bereits seit längerem die Hypovereinsbank.
Die Dauerkrise bei Boeing macht Europas größtem Billigflieger Ryanair weiter zu schaffen. Wegen des Risikos zusätzlicher verspäteter Auslieferungen von bestellten Maschinen stellt sich die Fluggesellschaft nun auf ein geringeres Passagierwachstum im nächsten Geschäftsjahr 2025/2026 ein. Ryanair dürfte dann nur noch rund 210 Millionen Passagiere und damit fünf Millionen weniger als bislang erwartet befördern.
Die Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway von US-Investorenlegende Warren Buffett baut ihren Anteil am iPhone-Konzern Apple weiter ab. Berkshire verkaufte rund ein Viertel seiner Papiere zwischen Ende Juni und Ende September. Unterdessen stieg der Bargeldbestand auf 325,2 Milliarden Dollar und erreichte damit einen Rekordwert.
Die Aktien des Chipherstellers Nvidia steigen am 8. November in den US-Auswahlindex Dow Jones Industrial Average auf. Für den Hersteller von Chips, die besonders für die Anwendungen rund um die Künstliche Intelligenz (KI) geeignet sind, muss der Chiphersteller Intel weichen, wie der Indexanbieter S&P Dow Jones Indices am Freitag nach Börsenschluss in New York mitteilte.
Nvidia-Papiere legten unter Tageshoch 0,48 Prozent auf 136,05 Dollar zu, Intel verloren knapp drei Prozent. An ihr Rekordhoch von 144,42 Dollar vom 22. Oktober kamen die Nvidia-Titel nicht ran. Mit Apple liefern sie sich um den Status des wertvollsten Unternehmens der Welt ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Apple gaben heute um 0,4 Prozent nach.