Kurz vor der Wahl Arbeitsmarkt in den USA schwächelt
In den USA kommen kurz vor der Präsidentschaftswahl Schwächesignale vom Arbeitsmarkt: Im Oktober kamen lediglich 12.000 neue Jobs hinzu. Das lag auch am Hurrikan "Milton" und dem Streik bei Boeing.
Kurz vor dem Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump um das Weiße Haus hat sich die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt durch die Folgen von tropischen Wirbelstürmen und eines Streiks eingetrübt. Während die Arbeitslosenquote im Oktober bei 4,1 Prozent verharrte, sind deutlich weniger neue Stellen geschaffen worden, teilte das Arbeitsministerium der Vereinigten Staaten heute mit. Im Vergleich zum Vormonat gab es nur 12.000 neue Jobs.
Im September waren nach revidierten Daten noch 223.000 neue Stellen entstanden. Der Beschäftigungsaufbau in der größten Volkswirtschaft im September und August wurde zudem deutlich nach unten revidiert, und zwar um insgesamt 112.000 Stellen.
Verzerrungen durch Hurrikan...
Im Oktober hatten die Folgen des Hurrikans "Milton" in Teilen der USA belastet. Tausende Menschen mussten in der ersten Oktoberhälfte im Bundesstaat Florida ihre Häuser verlassen. "'Milton' ist mit Hurrikan 'Irma' des Septembers 2017 vergleichbar. Damals fiel der monatliche Stellenaufbau aufgrund des Hurrikans um mehr als 100.000 Stellen geringer aus", erläuterte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Dies zeige, wie stark Hurrikans die Beschäftigung belasteten.
Letztlich werde man die Arbeitsmarktberichte für November und Dezember abwarten müssen, um die wahre Lage am Arbeitsmarkt beurteilen zu können, gibt Commerzbank-Ökonom Christoph Balz zu bedenken: Der US-Arbeitsmarkt sei im Oktober quasi "vom Hurrikan zerzaust" worden.
...und Streik bei Boeing
Dazu kommen die anhaltenden Streikmaßnahmen beim Flugzeugbauer Boeing. Seit Mitte September befinden sich die rund 33.000 gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten wegen Tarifverhandlungen im Ausstand.
Nach Einschätzung der DekaBank ist die Bedeutung des Arbeitsmarktberichts aufgrund dieser Verzerrungen geringer als sonst. Rechne man die Sondereffekte heraus, falle der Arbeitsplatzaufbau weiter robust aus, sagte auch Gitzel. Das zeigt sich an der getrennt ermittelten Arbeitslosenquote und an der besser als erwarteten Lohnentwicklung. Im Monatsvergleich stiegen die Löhne im Oktober um 0,4 Prozent.
Was macht die Fed?
Die Arbeitsmarktdaten gelten als mitentscheidend für die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve, die am kommenden Donnerstag wieder über den Leitzins entscheidet. Den Währungshütern dürften die Jobdaten einiges Kopfzerbrechen bereiten. Auch wenn unter dem Strich noch Stellen aufgebaut wurden, blieb der Zuwachs im Oktober mit 12.000 sehr weit unter der Marke von 100.000. Ein monatliches Plus in diesem Umfang gilt als nötig, um die wachsende US-Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit Jobs zu versorgen.
Die Fed hat im September die Zinswende vollzogen und könnte nun nachlegen - nur zwei Tage nach der Präsidentschaftswahl. Anders als bei dem jüngsten XL-Zinsschritt dürfte die Senkung nach Ansicht vieler Experten nun aber eine Nummer kleiner ausfallen: "Die Fed wird ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte zurücknehmen. Das ist gewissermaßen in Stein gemeißelt", so Experte Gitzel. Das Leitzins-Band liege mit aktuell 4,75 bis 5,0 Prozent deutlich über der aktuellen Inflationsrate, so dass es ganz unabhängig von der Entwicklung am Arbeitsmarkt Spielraum für geldpolitische Lockerungen gebe.
Inflation geht zurück
Der Preisauftrieb in den USA ist vor der Präsidentschaftswahl derweil fast auf die Zielmarke der Notenbank von zwei Prozent gesunken. Mit 2,1 Prozent lag die Jahresrate des sogenannten PCE-Index im September nur knapp darüber. Im August waren es noch 2,3 Prozent. Der gestern in Washington veröffentlichte Indikator zeigt die Preisentwicklung eines festen Warenkorbs, der auf die persönlichen Ausgaben der Amerikaner zugeschnitten ist. Die Verbraucherpreise (CPI) legten im September ebenfalls nur noch um 2,4 Prozent zu, nach 2,5 Prozent im August.
Im Zuge der nachlassenden Inflation wird an den Finanzmärkten fest damit gerechnet, dass die Fed auch im Dezember die Zügel lockern und im kommenden Jahr weitere Zinssenkungen folgen lassen wird.
Wieder bessere Konsumlaune
Gleichzeitig sorgt der nachlassende Preisdruck auch dafür, dass die US-Bürgerinnen und Bürger wieder ausgabefreudiger werden. Ihr Konsum legte im September um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu, wie das Handelsministerium mitteilte. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit 0,4 Prozent gerechnet, nach einem Zuwachs von revidiert 0,3 Prozent im August.
Der private Konsum gilt als Triebfeder der US-Wirtschaft, die zuletzt weiter rund lief. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 2,8 Prozent und damit fast so schnell wie im Frühjahr mit damals 3,0 Prozent. "In Erwartung weiterer Leitzinssenkungen steigt bei Verbrauchern wieder die Bereitschaft zu größeren Anschaffungen. Bald dürften auch Pläne zu Immobilienkäufen ausreifen", sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.