Händler an der Frankfurter Börse.
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DAX am Mittag etwas tiefer Wundenlecken an den Börsen geht weiter

Stand: 06.08.2024 12:49 Uhr

Gestern haben Anleger zeitweise die Nerven verloren, sagen Analysten. Heute sind die Börsen weltweit auf Erholungskurs, auch an der Wall Street zeichnet sich Besserung ab. Der DAX muss seine frühen Gewinne am Mittag dagegen wieder abgeben.

Das Motto an den Börsen weltweit lautet an diesem Dienstag Wundenlecken. Nach einem Einbruch des DAX um bis zu fast 1.500 Punkte in nur drei Börsentagen ist der freie Fall erst einmal beendet. Gegen Mittag liegt der deutsche Leitindex zwar leicht im Minus bei etwa 17.323 Punkten. Er handelte damit aber doch deutlich über dem Tief vom Vortag, als er unter die Marke von 17.000 Zählern zu fallen drohte.

Im Sog der asiatischen Aktienmärkte war das Börsenbarometer gestern zeitweise auf den tiefsten Stand seit Februar abgesackt. Bis zum Handelsschluss konnte der deutsche Leitindex sein Minus aber auf 1,82 Prozent eindämmen und schloss bei 17.339 Punkten.

Nach dem Kursbeben der vergangenen Tage folgt nun in vielen Märkten die Erholung. Die Wahrscheinlichkeit von Kursgewinnen an den Märkten nach einem Montag mit Verlusten steigt: An den Börsen wird das Phänomen als "Turnaround Tuesday" bezeichnet.

Einen Rekordsprung legte zum Beispiel der Nikkei-Index hin, nachdem der japanische Leitindex den größten Tagesverlust seit dem Schwarzen Montag 1987 eingefahren hatte. Vor allem Rezessionsängste in den USA sowie Sorgen um die Abwicklung von Yen-finanzierten Investitionen hatten am Montag den Kurseinbruch von 12,4 Prozent ausgelöst. Dem steilen Absturz folgte mit einem Plus von mehr als zehn Prozent ein ähnlich steiler Anstieg. Besonders Technologie-Aktien erholten sich. Auch in den USA zeichnet sich nach einem sehr schwachen Wochenauftakt nun Besserung ab.

"Die Kurse sind gestern so stark gefallen, weil die Anleger zeitweise ihre Nerven verloren haben", sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. Nach der Panik gebe es nun eine erste Beruhigung. Auch wenn es das Rezessionsgespenst wieder zurück auf das Parkett geschafft habe, finde diese Furcht vor einem wirtschaftlichen Abschwung momentan nur in den Köpfen der Anleger statt. Wirklich belastbare Beweise gebe es nicht.

Wie geht es jetzt an den Märkten weiter? Die Stimmung an den Börsen bleibe angeschlagen, warnte Jürgen Molnar, Stratege bei RoboMarkets. "Die Nervosität auf den Börsenparketts dieser Welt dürfte nach dem Schwarzen Montag erst einmal hoch bleiben, und mit ihr die Schwankungen in den Indizes in den kommenden Tagen und vielleicht auch Wochen." Vor allem ein Angriff des Iran auf Israel könne jederzeit die Panik auf das Parkett zurückholen. Die unsichere Situation in Nahost hänge wie ein Damoklesschwert über dem Markt, konstatierte Analyst Stanzl.

Aus der deutschen Konjunktur gab es am Morgen positive Nachrichten. Erstmals seit sechs Monaten sind die Aufträge der Industrieunternehmen wieder gestiegen. Die Bestellungen wuchsen überraschend stark um 3,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Zuvor hatte es fünf Rückgänge in Folge gegeben. Dennoch fielen die Aufträge im zweiten Quartal um 1,4 Prozent niedriger aus als in den ersten drei Monaten des Jahres.

"Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Der Auftragszuwachs im Juni übertraf alle Erwartungen, und das selbst ohne Großaufträge", sagt Jens-Oliver Niklasch von der LBBW-Bank zu den Zahlen. Im aktuell dunkelgrauen Mosaik der Konjunkturzahlen sei das aber bloß ein einzelnes hellgrünes Steinchen. "Um wirklich mal Zuversicht für die Industrie zu schöpfen, muss noch mehr zusammenkommen. Der Abwärtstrend ist damit nicht gebrochen."

Ein unerwartet schwacher US-Arbeitsmarktbericht hatte vor dem Wochenende die Furcht vor einer Rezession in Amerika und in der Folge einem deutlicheren Abkühlen der Weltwirtschaft befeuert sowie die Aktienkurse auf Talfahrt geschickt. Der US-Standardwerteindex Dow Jones hatte sich gestern mit einem Minus von 2,6 Prozent aus dem Handel verabschiedet. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 3,0 Prozent, der technologielastige Nasdaq büßte 3,4 Prozent ein. Die Futures der großen US-Indizes deuten aktuell aber auf einen Stabilisierungsversuch an der Wall Street hin.

Die Furcht vor einer Eskalation in Nahost ließ auch die Ölpreise wieder steigen. Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee sowie US-Leichtöl WTI verteuerten sich jeweils um gut ein Prozent auf 77,27 Dollar beziehungsweise 74,08 Dollar pro Barrel. "Der Ölpreis scheint einige seiner Verluste wieder wettgemacht zu haben, da allgemeine Bedenken über eine mögliche Eskalation des Nahostkonflikts die Befürchtungen auf dem Ölmarkt weiter verstärken", sagte Priyanka Sachdeva, Marktanalystin bei Phillip Nova in Singapur.

Der Euro ist heute leicht gesunken und hat damit einen kleinen Teil der Kursgewinne der vergangenen Handelstage abgegeben. Am Mittag wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,0911 US-Dollar gehandelt und damit etwas tiefer als am Vorabend. Der Dollar konnte im Handel mit den meisten anderen wichtigen Währungen zulegen.

Elon Musks Online-Plattform X zieht laut Medienberichten aus dem Hauptquartier des Vorgängerdienstes Twitter in San Francisco aus. X-Chefin Linda Yaccarino habe die Aufgabe des Gebäudes in einer E-Mail an die Mitarbeiter angekündigt, schrieb unter anderem der Finanzdienst Bloomberg. Von X gab es keine Reaktion zu den Berichten. Die Mitarbeiter sollen demnach in Büros im Silicon Valley umziehen - nach Palo Alto und San Jose.

Google hat einen wichtigen Wettbewerbsprozess in den USA verloren. Dabei geht es um die Deals, dank denen die Suchmaschine von Google in Web-Browsern als Standard voreingestellt wird. Ein Richter in der Hauptstadt Washington urteilte, der Internet-Riese habe ein Monopol und schotte es gegen Konkurrenz ab. Google will gegen die Entscheidung in Berufung gehen. Geklagt gegen Google hatten das US-Justizministerium und Dutzende Bundesstaaten. Die US-Regierung argumentierte, Google habe mit der Praxis "eine Mauer um sein Suchmaschinen-Monopol erschaffen". 

Der weltgrößte Flugzeughersteller Airbus hat im Juli die Auslieferungen von Verkehrsflugzeugen beschleunigt. Im abgelaufenen Monat gingen 77 Maschinen an die Kunden, wie der DAX-Konzern gestern nach Börsenschluss mitteilte. Im Juni hatten die Auslieferungen bei 67 Stück gelegen. Nach nun sieben Monaten steht Airbus bei 400 ausgelieferten Jets. Airbus-Chef Guillaume Faury hat im Gesamtjahr 770 Auslieferungen zum Ziel gesetzt. Üblicherweise nimmt das Tempo der Übergaben vor allem gegen Ende des Jahres zu. Der Konzern erhielt im Juli brutto 59 Bestellungen. Storniert wurden zwei Maschinen.

Tech-Milliardär Elon Musk zieht in seiner Fehde mit der ChatGPT-Entwicklerfirma OpenAI erneut vor Gericht. Die vergangene Klage ließ der Tesla-Chef im Juni fallen. Jetzt legte Musk bei den Vorwürfen nach: Er behauptet, dass OpenAI-Mitgründer Sam Altman und dessen "Komplizen" unter Vortäuschung falscher Absichten seine Beteiligung an dem Start-up erschlichen hätten. Seine Anwälte sprechen in der Klage von "Perfidie und Betrug von Shakespearschem Ausmaß". OpenAI verwies in einer Reaktion lediglich auf frühere Vorwürfe gegen Musk, wonach der Tech-Milliardär die volle Kontrolle über das Start-up angestrebt habe.

Der Online-Handelskonzern Zalando hat dank einer robusten Nachfrage bei Sportbekleidung das Wachstum im zweiten Quartal beschleunigt. Niedrigere Lagerbestände und geringere Logistik-Kosten hätten sich zudem positiv auf die Ertragskraft ausgewirkt, teilte Europas größter Online-Modehändler am Morgen mit. Der Konzernumsatz hat um 3,4 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro zugelegt. Dank einer um 0,8 Prozentpunkte auf 6,5 Prozent verbesserten Marge liege der bereinigte operative Gewinn bei 171,6 Millionen Euro.

Seit der Amtsübernahme von Adidas-Vorstandschef Björn Gulden verabschiedet sich bereits der vierte Vorstand des Sportartikelherstellers: Der für Produktionsplanung und Beschaffung zuständige Martin Shankland werde Adidas zum Ende der Woche verlassen, teilte der Sportartikelhersteller mit. Der 52 Jahre alte Australier arbeitet seit 27 Jahren für Adidas und war 2019 in den Vorstand aufgestiegen. Sein Posten wird auf Vorstandsebene nicht nachbesetzt.

Bayer kämpft mitten in seinem von Vorstandschef Bill Anderson verordneten Konzernumbau mit schrumpfenden Gewinnen. Das Leverkusener Traditionsunternehmen vermeldete für das zweite Quartal bei einem leicht gestiegenen Umsatz von 11,1 Milliarden Euro einen Rückgang des bereinigten operativen Gewinns (Ebitda) um 16,5 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Das Unternehmen sieht einen erheblichen Personalabbau vor. Rund 5.500 Stellen wurden binnen Jahresfrist gestrichen, 3.200 davon im ersten Halbjahr 2024. Das verursachte allerdings Kosten. Unter dem Strich schrieb Bayer im Quartal mit einem Minus von 34 Millionen Euro rote Zahlen.

Der Herzogenauracher Auto- und Industriezulieferer Schaeffler hat vom starken Ersatzteilgeschäft profitiert und im zweiten Quartal ein Umsatzplus erwirtschaftet. Die Erlöse legten im Frühjahr um 4,2 Prozent zu auf knapp 4,2 Milliarden Euro. Das Plus sei maßgeblich auf eine stärkere Nachfrage nach Ersatzteilen in Europa und Amerika zurückzuführen, hieß es. Vor Sondereffekten verdiente Schaeffler mit 209 Millionen Euro aber knapp 30 Prozent weniger als vor Jahresfrist.

Der Flughafenbetreiber Fraport hat den Gewinn im zweiten Quartal trotz eines verlangsamten Wachstums der Passagierzahlen am Hauptstandort Frankfurt gesteigert. Der Umsatz legte um 10,6 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro zu, der Betriebsgewinn stieg um knapp zehn Prozent auf 354,5 Millionen Euro, wie Fraport heute mitteilte. Der Nettogewinn sprang um 26 Prozent auf 148 Millionen Euro. Am Flughafen Frankfurt ließ das Wachstum der Fluggastzahlen von April bis Juni nach auf 4,5 Prozent von mehr als zehn Prozent im ersten Quartal.

Angesichts der andauernden rechtsextremistischen Randalen in britischen Städten hat die Regierung die Social-Media-Konzerne in die Pflicht genommen. Technologieminister Peter Kyle betonte nach einem Treffen mit Vertretern von Tiktok, dem Facebook-Mutterkonzern Meta, Google und X, dass die Unternehmen eine Verantwortung hätten, die Verbreitung von Fehlinformationen und Hetze zu stoppen. "Es sind enorme Mengen an Inhalten im Umlauf, mit denen die Plattformen schnell umgehen müssen."

Saudi-Arabiens staatlicher Ölkonzern Aramco hat im zweiten Quartal weniger verdient. Der Nettogewinn sei mit 29,03 Milliarden Dollar um 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen, teilte das Unternehmen mit. Ursache hierfür seien eine geringere Rohölproduktion und schwächere Margen im Raffineriegeschäft gewesen. Aramco übertraf damit jedoch Schätzungen einer selbst zur Verfügung gestellten Prognose von Analysten, die im Schnitt mit 27,7 Milliarden Dollar gerechnet hatten.