Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Nach starken Konjunkturdaten Gewinnmitnahmen an der Wall Street

Stand: 07.01.2025 22:20 Uhr

Überraschend robuste Konjunkturdaten dämpften die Zinshoffnungen an der Wall Street. Im Gefolge setzten Gewinnmitnahmen ein. Zuvor hatte sich der DAX gut behauptet.

Gewinnmitnahmen haben heute die jüngste Tech-Hausse an der Wall Street beendet. Vorausgegangen waren überraschend starke Konjunkturdaten, die Zinshoffnungen dämpften. Bereits im frühen Geschäft, spätestens aber nach der Veröffentlichung des besser als erwartet ausgefallenen ISM-Index für die Dienstleister, setzten die Verkäufe ein, die sich zum Ende der Sitzung ausweiteten.

Vor allem die zinssensitive Nasdaq stand unter Druck und gab am Ende 1,89 Prozent nach, der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor 1,79 Prozent. Der Leitindex Dow Jones hielt sich etwas besser und ging bei 42.528 Punkten um 0,42 Prozent leichter aus dem Handel. Der marktbreite S&P 500 schloss 1,11 Prozent leichter bei 5.909 Zählern.

Die Nachfrage nach Personal in den USA ist überraschend gestiegen. Die von der US-Notenbank Fed stark beachtete Zahl der offenen Stellen legte Ende Dezember auf rund 8,1 Millionen zu, wie das US-Arbeitsministerium zu seiner monatlichen Umfrage (Jolts) mitteilte. Experten hatten mit 7,7 Millionen gerechnet.

"Diese Daten signalisieren, dass sich die Wirtschaft der Vollbeschäftigung nähert und nicht, dass sie sich von ihr entfernt", sagte Carl Weinberg, Chefökonom beim Analysehaus High Frequency Economics. "Die Fed wird in den heutigen Daten keinen Grund finden, die Zinsen überstürzt zu senken. Der Arbeitsmarkt hat es nicht nötig!"

Auch die Stimmung unter den Dienstleistern in den USA hat sich im Dezember stärker als erwartet aufgehellt. Der im Vorfeld mit Spannung erwartete Einkaufsmanagerindex des Instituts for Supply Management (ISM) stieg zum Vormonat um 2,0 Punkte auf 54,1 Zähler, wie das Institut heute mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf 53,5 Punkten gerechnet. Der Indikator liegt weiter über der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Er signalisiert damit eine Zunahme der wirtschaftlichen Aktivitäten.

"Zusammen mit dem Anstieg des ISM-Industrieindexes, der zwar unterhalb der Wachstumsschwelle blieb, ergibt sich ein Bild, wonach die US-Wirtschaft zum Ende des Jahres auf Expansionskurs geblieben ist", kommentierte Ralf Umlauf, Volkswirt bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). "Argumente, um die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Fed insbesondere für den laufenden Monat zu verstärken, sehen wir mithin nicht."

Im Fokus stand unter den Einzelwerten die Nvidia-Aktie, die im frühen Geschäft bei 153,15 Dollar zunächst knapp ein neues Rekordhoch markierte. Danach fiel das Papier aber mit dem Gesamtmarkt deutlich zurück und verlor zuletzt 6,22 Prozent auf 140,14 Dollar.

Dabei hatte Firmenchef Jensen Huang auf einer Fachmesse für Unterhaltungselektronik in Las Vegas neue Prozessoren vorgestellt, mit denen sich der Konzern nicht zuletzt in puncto Künstliche Intelligenz die Marktführerschaft sichern will. Konkret will Nvidia einen KI-Supercomputer auf Schreibtische bringen.

Damit sollen nach der Vorstellung von Nvidia Millionen Entwickler, Datenwissenschaftler oder auch Studenten an Software mit Künstlicher Intelligenz arbeiten können. Das Gerät zum Preis ab 3.000 Dollar soll voraussichtlich ab Mai von mehreren Herstellern verfügbar sein. Im Inneren steckt ein bisher geheimer Nvidia-Chip mit der Bezeichnung GB10.

Mit Nvidia in Zusammenhang steht ein Plus von derzeit über fünf Prozent bei Micron, die damit an ihre Vortagsrally anknüpfen konnten. Der Halbleiterhersteller soll sogenannte Memory-Chips für neue Grafikprozessoren von Nvidia liefern. Am Vortag waren Micron dank eines allgemeinen Runs auf KI-Aktien bereits um mehr als zehn Prozent gestiegen.

An der Nasdaq sanken Tesla-Aktien um gut vier Prozent nach einer gestrichenen Kaufempfehlung durch Bank of America. In der Bewertung des Elektroautobauers seien bereits viele Kurstreiber eingepreist, argumentierte die Investmentbank für die nun neutrale Einschätzung.

Der DAX zeigte sich heute von seiner robusten Seite und ging am Ende des Tages bei 20.340 Punkten um 0,62 Prozent höher aus dem Handel. Damit ist es bis zum Rekordhoch von Anfang Dezember nur noch weniger als ein Prozent. Das Tageshoch heute lag bei 20.391 Zählern. Schon gestern hatte der DAX 1,6 Prozent auf 20.216 Zähler zugelegt.

Der MDAX der mittelgroßen Werte rückte 0,43 Prozent vor. Der Markt zeigte damit Stärke, denn er trotzte sowohl höheren Inflationsdaten aus Europa als auch einer schwächelnden Wall Street.

Unter den Einzelwerten im DAX gingen Gewinne und Verluste quer durch alle Branchen. Zu den größten Gewinnern gehörte der Pharma- und Laborzulieferer Sartorius, der knapp vier Prozent zulegte. Auch LKW-Bauer Daimler Truck als Tagessieger legte rund vier Prozent zu.

Mit einem Verlust von mehr als 35 Prozent waren Sartorius im Jahr 2024 der zweitschwächste Wert im Leitindex. Erneut hatte das Unternehmen die Kaufzurückhaltung vieler Kunden zu spüren bekommen, die sich während der Corona-Pandemie die Lager letztendlich zu stark gefüllt hatten. Zuletzt sahen die Göttinger aber eine Geschäftsstabilisierung. Ein Sparprogramm trägt zudem Früchte.

Im Gegenzug litten Siemens Energy und Zalando unter Gewinnmitnahmen und standen am DAX-Ende. Auch der Autozulieferer Continental gab nach. Gestern waren vor allem die exportsensitiven Autoaktien, aber auch Technologievertreter besonders gefragt gewesen. Tech-Aktien folgten dabei dem Aufschwung der Branche an der Wall Street, die insbesondere von neuer KI-Fantasie getrieben wird.

Infineon, die bereits gestern rund acht Prozent gestiegen waren, gewannen heute weitere rund 2,0 Prozent. Der Softwareriese SAP erreichte bei 244,45 Euro ein neues Rekordhoch und schloss am Ende nur moderat darunter.

Thema des Tages aber blieb wie schon gestern die Frage, wie das Zollregime der neuen Trump-Administration aussehen könnte. Zum Wochenstart hatte ein Bericht der "Washington Post" die Märkte angetrieben, wonach die Regierung des designierten US-Präsidenten Donald Trump zwar die Einführung von Zöllen auf Waren aus alle Länder plant, diese jedoch auf bestimmte kritische Importe beschränkt sein sollten.

Im Wahlkampf hatte Trump noch teils pauschal hohe Zölle gefordert. Auch ein Dementi des Berichts durch Trump konnte die Stimmung der Anleger nicht nachhaltig dämpfen. "Wir werden erst dann wissen, was wirklich passiert, wenn es vollbracht ist", teilten die ING-Analysten mit. "Wenn wir im Laufe der Jahre etwas gelernt haben, dann ist es, dass Trump unberechenbar ist. Er liebt es, die Märkte aufzurütteln, aber die endgültigen Ergebnisse sind oft weniger dramatisch als seine anfänglichen Ankündigungen."

Update Wirtschaft vom 07.01.2024

Anne-Catherine Beck, HR, Update Wirtschaft, 07.01.2025 09:00 Uhr

Die Hoffnung darauf, dass schon alles nicht so schlimm wird wie befürchtet, überlagerte sogar den derzeit ungünstigen Inflationstrend in Europa. Nachdem bereits gestern die Verbraucherpreise in Deutschland überraschend deutlich angezogen hatten, zeigten heute auch die Zahlen aus der Eurozone den gleichen Trend.

Die Preise für Waren und Dienstleistungen erhöhten sich im Dezember um durchschnittlich 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat heute mitteilte. Im November hatten sich Waren und Dienstleistungen noch um 2,2 Prozent verteuert. Der jüngste Anstieg ist der dritte in Folge. Das dürfte der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ihrem Zinssenkungskurs sehr ungelegen kommen. Sie hatte allerdings mit einer ruckeligen Inflationsentwicklung im späteren Verlauf des Jahres 2024 gerechnet.

"Die inflationären Auftriebskräfte dürften das Ruder auch zu Jahresbeginn in der Hand behalten", meint Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Die Entwicklung zeigt, dass der Inflationskampf nicht gewonnen ist."

Die Gemeinschaftswährung neigt weiter zur Schwäche und wurde zuletzt im US-Handel am Tagestief bei 1,0341 Dollar gehandelt. Im Fokus standen zunächst die Inflationszahlen aus der Eurozone, aber auch aus Frankreich. Im Dezember lag die Teuerung dort bei 1,8 Prozent, während am Markt im Schnitt eine Jahresrate von 1,9 Prozent erwartet worden war.

Belastend wirkte sich am Nachmittag dann der robuste ISM-Index des US-Dienstleistungsgewerbes aus. Zinssenkungshoffnungen erhalten dadurch einen Dämpfer, was dem Dollar zugute kam. Die US-Notenbank hatte zuletzt die Erwartungen für weitere Leitzinssenkungen in diesem Jahr ohnehin schon gedämpft und damit den Dollar gestützt. Gegen baldige Zinssenkungen sprachen auch die Daten vom US-Arbeitsmarkt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0393 (Montag: 1,0426) Dollar fest.

Drastische Kehrtwende beim Internetkonzern Meta: Zwei Monate nach der US-Präsidentschaftswahl hat das Unternehmen die Beendigung seines Faktencheck-Programms in den USA angekündigt. Der in Kalifornien ansässige Konzern werde seine Richtlinien zur Moderation von Inhalten deutlich überarbeiten und sein Programm zur Überprüfung von Fakten durch Dritte beenden, erklärte heute Meta-Chef Mark Zuckerberg.

Nach Trumps Wahlsieg hatte sich Zuckerberg darum bemüht, sein Verhältnis zum künftigen US-Präsidenten zu verbessern. Unter anderem spendete er eine Million Dollar für die Vereidigungszeremonie am 20. Januar in Washington. Ende November traf er sich mit Trump zum Abendessen in dessen Privatanwesen in Florida. Meta-Aktien verloren an der Nasdaq 1,95 Prozent.

Das US-Verteidigungsministerium hat den chinesischen Tech-Giganten Tencent sowie den Batteriehersteller CATL als Unternehmen eingestuft, die mit dem chinesischen Militär verbunden sind. Das belastete die beiden Aktien deutlich.