Ins Plus gedreht Wall Street steckt Nvidia-Enttäuschung weg
Nach einem holprigem Start sind die US-Anleger wieder an die Börse zurückgekehrt. Sorgen um die Situation in der Ukraine blieben zwar, traten aber etwas zurück. Auch der DAX fing sich am Nachmittag noch.
An der New Yorker Börse haben sich nach einem zunächst durchwachsenen Start am Ende die Optimisten durchgesetzt. Die großen Aktienindizes erholten sich im Verlauf deutlich, auch die Technologiebörse Nasdaq, die sich aber schwerer tat.
Am besten hielt sich der Leitindex Dow Jones, der 1,06 Prozent vorrückte auf 43.870 Punkte. Auch der marktbreite S&P 500 Index profitierte und gewann ebenfalls klar um 0,53 Prozent auf 5.948 Punkte.
Nicht so dynamisch präsentierte sich die Nasdaq, die zwar ebenfalls ins Plus drehte, deren Anstieg mit 0,1 Prozent aber vergleichsweise gering ausfiel. Der Auswahlindex Nasdaq 100 stieg um 0,36 Prozent.
Frische US-Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten zeigten nur wenig Einfluss auf die Notierungen. So fiel die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der Vorwoche unerwartet, während der Philly-Fed-Index November entgegen der Prognosen sank.
Die Sorgen über die Eskalation im Ukraine-Krieg ließen die Anleger dagegen zunächst hinter sich, was etwas überraschend kam. "Es fühlt sich nicht so an, als ob sich die Ukraine-Russland-Geschichte ausreichend entwickelt hätte, um die Anleger wirklich risikoscheu zu stimmen", sagte Fiona Cincotta, Analystin beim Broker City Index. "Sie wird die Anleger allerdings weiterhin auf Trab halten."
Daher suchten Investoren nach wie vor Schutz in als sichere Anlagehäfen geltenden Vermögenswerten wie Gold, den amerikanischen Dollar und den Schweizer Franken.
Russland hat heute eine Rakete mit mittlerer Reichweite auf die Ukraine abgefeuert, zudem drohte Präsident Putin den Ländern, die der Ukraine die Verwendung von Raketen mit größerer Reichweite zuvor erlaubt hatten, mit einer Eskalation des Konfliktes. Primär sind damit Großbritannien und die USA angesprochen.
Die Wall Street diskutierte natürlich auch die gestrigen Nvidia-Ergebnisse. Quartalsergebnisse und Ausblick seien solide gewesen, schrieb JPMorgan-Analyst Harlan Sur in einer ersten Reaktion. Zudem liege die Nachfrage mit Blick auf 2025 über dem Angebot.
Für Vivek Arya von der Bank of America liegt der Ausblick zwar etwas unter den optimistischsten Erwartungen, sei aber dennoch stark. Die Zeichen stünden gut für ein starkes Jahr 2025. Nvidia hatte am Vorabend nach Börsenschluss über einen Umsatzanstieg im vergangenen Quartal im Jahresvergleich um 94 Prozent auf 35,1 Milliarden Dollar berichtet. Der Gewinn wurde mit 19,3 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt.
Nvidia hatte aber trotz der starken Ergebnisse einen eher defensiven Ausblick auf das laufende Quartal gegeben. Die Aktien sprangen in einer ersten Reaktion bis auf 152,89 Dollar hoch, womit sie die bisherige Bestmarke vom 8. November um gut 3 Dollar hinter sich ließen. Anschließend kämpften sie allerdings um eine klare Richtung - zuletzt stand ein Plus von 0,53 Prozent auf 146,67 Dollar zu Buche.
Aktien der Google-Mutter Alphabet fielen um 4,6 Prozent. Die US-Regierung will vor Gericht durchsetzen, dass Google sich vom weltweit meistbenutzten Web-Browser Chrome trennen muss. Das Justizministerium schlug die Maßnahme im Wettbewerbsprozess gegen Google in Washington vor.
Wie es in dem Prozess weitergeht, ist allerdings offen. Denn der Richter wird erst zum kommenden Sommer entscheiden. Bis dahin wird Donald Trump US-Präsident sein, er wird am 20. Januar vereidigt. Und der Kurs seiner Regierung in dem Verfahren könnte ganz anders aussehen.
Der DAX hat sich am Nachmittag mit Unterstützung der US-Börsen gefangen und ging am Ende des Tages mit soliden Gewinnen aus dem Handel. Am Ende stand ein Tagesgewinn von 0,74 Prozent auf 19.146 Zähler.
Danach hatte es nicht unbedingt ausgesehen, denn angesichts einer ganzen Reihe von Unsicherheiten hielten sich die Anleger am Aktienmarkt heute lange mit Zukäufen zurück.
Das Tagestief lag bei 18.900 Punkten im Verlauf schon gut 100 Punkte unter dem Xetra-Schluss von gestern bei 19.004 Punkten. Einmal mehr stand damit die markttechnische Marke von 19.000 Punkten wieder im Fokus, die überwunden wurde und sich immer mehr als wichtige Orientierungsmarke und Haltelinie für die Anleger erweist.
Der MDAX der mittelgroßen Werte grenzte seine Verluste zwar ebenfalls am Nachmittag ein, schaffte den Sprung ins Plus aber nicht mehr. Der Schlussstand lag bei 25.868 Zählern um 0,52 Prozent unter Vortagesniveau.
Für Belastung sorgen weiterhin Konjunkturunsicherheiten mit Blick auf die protektionistische Wirtschaftsagenda des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Gerade auf dem Frankfurter Parkett dominiere derzeit viel Unsicherheit, vor allem mit Blick auf das kommende Jahr, schrieben die Experten von Index Radar.
Es sei völlig offen, wie sich Trumps Wirtschaftspolitik auf Europa auswirken werde und ob die bevorstehenden Neuwahlen in Deutschland die erhoffte konjunkturelle Wende bringen.
Anleger an den Aktienmärkten blieben aber auch nicht zuletzt wegen der weiter bestehenden nuklearen Bedrohung durch Russland im Ukraine-Krieg nervös, schrieb Analyst Frank Sohlleder vom Broker ActivTrades.
"Zwischen der Ukraine und Russland kommt es zu weiteren Angriffen und die Marktteilnehmer wissen nicht, was sie davon halten sollen. Die Spannungen nehmen zu, statt ab", sagt Dennis Dick, Händler bei Triple D Trading.
Die Fachleute der Commerzbank unterstreichen, dass die Anleger die erneute Eskalation im Krieg zwischen Russland und der Ukraine verdauen müssten.
In diesem Umfeld waren defensive Aktien gefragt. Qiagen führten den Index an mit einem Plus von über drei Prozent. Auch der Gesundheitskonzern Fresenius und die dividendenstarken Versicherungsaktien legten zu. Porsche und Continental standen im Gegenzug am Indexende.
"Die Investoren haben derzeit das Problem, dass sie im deutschen Aktienmarkt investiert bleiben wollen, zugleich aber erhebliches Risiko herausnehmen müssen", begründete Marktexperte Andreas Lipkow die Kursgewinne.
Entsprechend rückten Vertreter aus den defensiven Branchen in den Vordergrund. Defensive Aktien, wie etwa jene aus der Pharmabranche, leiden in der Tendenz deutlich weniger, wenn es wirtschaftlich abwärts geht als zyklische Unternehmen, etwa aus der Chemie- oder Autobranche.
Die Quartalszahlen von Nvidia, die wegen ihrer Bedeutung im Technologiesektor auch den Gesamtmarkt beeinflussen, sind heute kein Kurstreiber. Der US-Chipkonzern konnte seine Ausnahmerolle in Zeiten des KI-Booms bestätigen und mit den Zahlen erneut die Erwartungen übertreffen. Mit dem Umsatzausblick könne Nvidia aber nicht begeistern, schrieb die Commerzbank.
"Während Nvidia ein beeindruckendes Umsatzwachstum und Momentum geliefert hat, will der Markt offensichtlich mehr", erklärt George Boubouras von K2 Asset Management.
Die Furcht vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs sorgt für höhere Ölpreise. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die US-Sorte WTI verteuern sich zuletzt um je rund 1,7 Prozent. Auf Wochensicht legten sie bislang jeweils mehr als drei Prozent zu.
"Beim Öl besteht das Risiko darin, dass die Ukraine die russische Energieinfrastruktur angreift, während das andere Risiko die Ungewissheit darüber ist, wie Russland auf diese Angriffe reagiert", erklären die Analysten der ING.
Der Anstieg der Preise könnte Experten zufolge aber durch Spekulationen auf ein Überangebot auf den Weltmärkten gebremst werden. Die wöchentlichen US-Rohölvorräte stiegen der Energiebehörde EIA zufolge um 545.000 Barrel auf 430,3 Millionen Barrel. Analysten hatten lediglich ein Plus von 138.000 Barrel erwartet.
Der Kurs des Euro blieb heute weiter unter Druck. zuletzt wurden im US-Handel 1,0480 Dollar bezahlt und damit weniger als beim letzten Tiefstand bei 1,0499 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0526 (Mittwoch: 1,0562) Dollar fest.
Schon am Mittwoch hatte eine mögliche Eskalation des Kriegs in der Ukraine für Verunsicherung gesorgt und die Nachfrage nach dem als "sicheren Hafen" geltenden Dollar als Anlagewährung erhöht. Diese Entwicklung hat sich heiute fortgesetzt.
Bevor am Freitag mit den vorläufigen Einkaufsmanagerindizes aus Frankreich, Deutschland und der Eurozone aus konjunktureller Sicht das Highlight der Woche ansteht, wurde am Morgen bereits das französische Geschäftsklima für November veröffentlicht. Der entsprechende Indexwert trübte sich überraschend etwas ein, statt wie erwartet zu stagnieren. Neue US-Konjunkturdaten haben weiter keinen Einfluss.
Die Aktien von Rheinmetall haben heute im frühen Handel ihre erst vor zwei Tagen erreichte Bestmarke übertroffen. Das Rekordhoch steht nun bei 611,80 Euro. Anschließend gaben sie einen Teil der Gewinne ab, um zuletzt bei etwas über 606 Euro um gut 1,7 Prozent höher aus dem Xetra-Handel zu gehen.
Die Aussicht auf höhere Verteidigungsausgaben sowie auf dem Kapitalmarkttag gefasste neue mittelfristige Wachstumsziele hatten den Papieren in dieser Woche Auftrieb gegeben. Zwischenzeitlich hatten Anleger Gewinne mitgenommen, was andere heute anfangs wieder zum Einstieg nutzen.
Im Tarifkonflikt beim kriselnden Autobauer Volkswagen zeichnet sich auch nach drei Verhandlungsrunden keine Lösung ab. Die IG Metall bereite sich nun auf Warnstreiks ab Dezember vor, sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger.
Die Tarifgespräche seien aber nicht gescheitert. Sie sollen am 9. Dezember fortsetzt werden, sagte Gröger. VW habe sich auch bereiterklärt, auf Basis des jüngst von der IG Metall vorgelegten Zukunftskonzepts zu verhandeln. Standortschließungen und Massenentlassungen seien aber weiter nicht vom Tisch. Daher wolle man nun mit Warnstreiks den Druck erhöhen.
Der angeschlagene schwedische Batteriehersteller Northvolt hat Gläubigerschutz nach US-Recht beantragt. Das teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Das Sanierungsverfahren nach Kapitel 11 (Chapter 11) des US-Insolvenzrechts schützt Northvolt für eine gewisse Zeit vor dem Zugriff seiner Gläubiger und erleichtert damit den finanziellen Neustart.
Der Batteriehersteller benötigt derzeit dringend Geld und arbeitet seit mehreren Wochen mit seinen Investoren an einem Rettungspaket. Die schwedische Regierung hatte jüngst erklärt, keine Anteile von Northvolt übernehmen zu wollen.
Northvolt hat noch nie Gewinn erwirtschaftet und kämpft mit Qualitätsproblemen und Verzögerungen. Im Juni zog deswegen BMW einen Auftrag mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro zurück.
Wegen wegbrechender Aufträge und Problemen beim Hochfahren der Produktion hatte der Konzern zuletzt seine Ausbaupläne massiv eingedampft, tausende Mitarbeiter entlassen und Tochtergesellschaften verkauft. Der größte Anteilseigner von Northvolt ist Volkswagen, auch die US-Investmentbank Goldman Sachs und BMW gehören zu den Eigentümern
Der Neuwagenmarkt in der EU hat im Oktober leicht zugelegt. Die Neuzulassungen stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,1 Prozent, wie der europäische Herstellerverband ACEA mitteilte. Verbrenner waren demnach weniger nachgefragt, während die E-Auto-Verkäufe leicht zulegten.
Das Plus unter dem Strich geht jedoch vor allem auf Autos mit Hybridantrieb zurück. Die Neuzulassungen von Hybriden stiegen um 17,5 Prozent. Die Neuzulassungen von E-Autos stiegen leicht um 2,4 Prozent. Ihr Anteil lag im Oktober laut ACEA bei 14,4 Prozent.
Die Kryptowährung Bitcoin hat einen neuen Rekordwert bei zuletzt über 97.750 Dollar erreicht. Beobachter erwarten, dass die Cyber-Devise bald die 100.000-Dollar-Marke erreicht.
Am Tag der US-Präsidentschaftswahl Anfang des Monats kostete ein Bitcoin noch unter 70.000 Dollar. Nach Trumps Wahlsieg am 5. November zog der Kurs aber deutlich an. Der künftige Präsident hatte im Wahlkampf angekündigt, die Regulierung von Kryptowährungen zu lockern und die USA zum weltweiten Zentrum "für Krypto und Bitcoin" zu machen.