Streiks in Griechenland Die Minister müssen draußen bleiben
Es ist nur eine symbolische Aktion, aber sie verdeutlicht die Wut weiter Teile der Bevölkerung: In Athen haben Streikende mehrere Ministerien besetzt. Sie wollen damit den Druck auf das griechische Parlament erhöhen. Dort wird Mitte der Woche über das Sparpaket der Regierung abgestimmt.
Von Oliver Neuroth, SWR, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Vor dem Finanzministerium in Athen stehen große Lautsprecher. Die Musik klingt ein bisschen nach Jahrmarkt - die Stimmung vor dem Ministerium passt dazu überhaupt nicht. Beamte stehen am Eingang, gucken grimmig und verketten die Tür. An der Fassade des Ministeriums hängt ein Schriftbanner, auf dem in großen Buchstaben "BESETZT" steht.
"Papandreou muss jetzt weggehen! Aber nicht jetzt - gestern!", fordert eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums. Ihre Kollegen nicken. Um sie herum stehen etwa zehn Polizisten. Sie wollen verhindern, dass es zu Ausschreitungen kommt.
Die meisten anderen Ministerien sind ebenfalls besetzt, unter anderem das Wirtschafts- und das Umweltministerium. Christina Ramou von der Gewerkschaft der Beamten erklärt, es handele sich um eine symbolische Aktion. Dass die Minister an einem anderen Ort Entscheidungen treffen, könne natürlich nicht verhindert werden.
Wie alle Streikaktionen in Griechenland richtet sich auch dieser Protest gegen das Sparprogramm der Regierung, das am Donnerstag durchs Parlament soll. Das Gesetz sieht unter anderem neue Steuern vor. Außerdem sollen die Löhne und Gehälter der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst um weitere 20 Prozent gekürzt werden.
"Wir streiken, weil die Gehälter sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor zum Teil schon halbiert worden sind", erläutert Gewerkschafterin Ramou. "Unsere Lebenshaltungskosten sind aber weiterhin hoch: Bei Lebensmitteln sind die Preise etwa gleich geblieben - beim Benzin sogar gestiegen."
Rausschmiss auf Raten
Einer der Hauptkritikpunkte der Beamten ist die sogenannte Arbeitsreserve. Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes werden dabei in eine Art Zwangsurlaub geschickt - für ein Jahr. Während dieser Zeit bekommen sie 60 Prozent des bisherigen Gehalts. Die meisten haben keine realistische Chance, nach der Arbeitsreserve wieder einen Job zu finden.
Gewerkschaftlerin Christina Ramou sieht vor allem die Staatsbediensteten der Ministerien in Gefahr. "Die Arbeitsreserve, also die Frühpensionierung für Leute, die mindestens 33 Jahre gearbeitet haben, führt zu einer Verwüstung des öffentlichen Sektors. In Zukunft werden die öffentlichen Behörden nicht mehr richtig funktionieren!"
Lassen sich die Abgeordneten beeindrucken?
Wie die meisten Streikenden in Athen haben auch die Beschäftigten der Ministerien noch einen Funken Hoffnung, dass ihr Protest etwas bringt und das griechische Parlament am Donnerstag dem Sparpaket vielleicht doch nicht zustimmt. Aber das ist sehr unwahrscheinlich.
Ab morgen wollen die beiden größten griechischen Gewerkschaften das ganze Land lahmlegen. Mit massiven Streiks, unter anderem bei den Bus- und U-Bahnfahrern und den Fluglotsen.