Jerome Powell
analyse

Teuerung bei 4 Prozent Gesunkene Inflation macht US-Zinsentscheid spannend

Stand: 14.06.2023 08:22 Uhr

Die Inflation in den Vereinigen Staaten ist überraschend stark zurückgegangen. Damit wird wahrscheinlicher, dass die US-Notenbank Federal Reserve nach ihrer Serie von Zinserhöhungen eine Pause einlegt.

Die Inflationsrate in den USA ist im Mai überraschend stark zurückgegangen. Die Verbraucherpreise stiegen im Vorjahresvergleich um 4,0 Prozent, teilte das US-Arbeitsministerium mit. Experten hatten mit einem weniger starken Rückgang gerechnet. Im April hatte die Teuerungsrate noch bei 4,9 Prozent gelegen.

Insgesamt zeigt die Tendenz bei den US-Verbraucherpreisen in den vergangenen Monaten nach unten. Elf Monate in Folge geht die Inflationsrate nun schon zurück. Noch im Juni vergangenen Jahres hatte sie 9,1 Prozent betragen - der höchste Stand seit 40 Jahren.

Inflation immer noch über der Zielmarke

Für die Finanzmärkte stehen die US-Inflationsdaten derzeit unter besonderer Beobachtung, denn sie sind für die Geldpolitik der Notenbank Federal Reserve von hoher Relevanz. Die Inflation liegt in den Vereinigten Staaten immer noch deutlich über der Zielmarke von 2,0 Prozent, sodass eine Straffung der Geldpolitik weiterhin als angemessen gilt.

Die Frage ist allerdings, wie lange und mit welchem Tempo. Wenn die US-Teuerung sinkt, steigt zumindest die Chance, dass die Fed die Zinsen langsamer und weniger stark erhöht. Mit Blick auf den Zinsentscheid heute Abend rechnen bereits viele Marktbeobachter mit einer Zinspause, auch wenn es für eine Entwarnung in Sachen Inflation noch zu früh ist.

Die Federal Reserve werde auf ihrer Sitzung "vermutlich die erwartete Zinspause einlegen und den Leitzinskorridor bei 5,00 Prozent bis 5,25 Prozent beibehalten", kommentieren die Commerzbank-Fachleute Christoph Balz und Bernd Weidensteiner. Ob dies allerdings schon das definitive Ende der Zinserhöhungen darstelle, sei weit weniger klar. 

Worauf Ökonomen besonders blicken

Hintergrund der Erwägungen der Commerzbank-Ökonomen, die zur Vorsicht mahnen, ist die sogenannte Kerninflationsrate. Bei dieser Rate, die für die Beurteilung der Lage ebenfalls herangezogen wird, sind die besonders schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert.

Sie gibt nach Ansicht von Fachleuten den allgemeinen Preistrend besser wieder als die Gesamtrate. Die Kerninflation fiel von 5,5 auf 5,3 Prozent - Volkswirte hatten mit 5,2 Prozent einen etwas stärkeren Rückgang erwartet.

Shaan Raithatha, Ökonom beim Fondsanbieter Vanguard Europe, sieht in den aktuellen Daten deshalb noch keinen Wendepunkt für die US-Geldpolitik: "Gemäß unserer Einschätzung wird die Inflation weiter abnehmen, aber bis zum Jahresende voraussichtlich über drei Prozent bleiben. In diesem Szenario ist es unwahrscheinlich, dass die Fed ihren Leitzins in diesem Jahr senken wird."

Warum die Geldpolitik in den USA wichtig ist

Insbesondere die Anleger am Aktienmarkt hoffen auf eine Drosselung des zuletzt scharfen Zinserhöhungstempos der Fed. Dies könnte den Impuls für weitere Kursgewinne liefern. Die Geldpolitik der Fed ist nicht zuletzt deshalb auch für viele Menschen in Deutschland und anderswo in Europa von Bedeutung.

Schließlich haben viele in Altersvorsorge-Produkte wie beispielsweise Investmentfonds investiert, die über den Aktienmarkt Rendite erwirtschaften. Ein florierender US-Aktienmarkt hat positive Auswirkungen auf den europäischen und deutschen Aktienmarkt, der sich oft an den sogenannten US-Vorgaben orientiert.

Auch auf die Wirtschaft hat die Fed-Zinspolitik große Auswirkungen. Ein zu hoher Leitzins könnte die US-Konjunktur abwürgen. Die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und private Haushalte verschlechtern sich mit steigenden Zinsen. Angesichts der globalen wirtschaftlichen Vernetzung und der großen Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von den Vereinigten Staaten und der Wall Street hätte eine US-Rezession auch erhebliche Folgen für die Konjunktur hierzulande, die sich derzeit ohnehin eher schwach entwickelt.

Auswirkungen auf die globale Konjunktur

Der Devisenmarkt wird ebenfalls stark von der US-Geldpolitik beeinflusst. Deswegen reagierte heute beispielsweise der Euro mit Kursgewinnen darauf, dass eine Zinspause in den USA wahrscheinlicher geworden ist, während die EZB die Zinsen in dieser Woche weiter erhöhen dürfte. Hohe Zinsen in den Vereinigten Staaten können dazu führen, dass Investoren ihr Geld bevorzugt in US-Anleihen anlegen, um die Rendite auf ihre Geldanlagen zu erhöhen.  

Ein stark anziehender Dollar und hohe US-Zinsen bedeuten deshalb vor allem für viele sogenannte Schwellenländer ein großes Risiko. Zum einen sind viele Anleihen in Dollar notiert, sodass die Rückzahlung für hoch verschuldete Länder und Unternehmen teurer wird. Zum anderen könnten Investoren ihr Kapital auf der Suche nach höherer und sicherer Rendite aus diesen Ländern abziehen und in die USA transferieren, was zu Turbulenzen an den globalen Finanzmärkten führen könnte.

Die jüngsten Bankenpleiten in den USA hatten gezeigt, dass die Geldpolitik der Fed durchaus auch negative Auswirkungen auf Finanzinstitute hat. Die globale Vernetzung der Finanzmärkte kann dazu führen, dass sich zunächst lokale Bankenkrisen ausweiten und zu Problemen auch in anderen Ländern führen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Juni 2023 um 18:00 Uhr.