Ein Schiff fährt durch die Pedro-Miguel-Schleusen des Panamakanals.

Höhere Transportkosten Frachterstau auf Ozeanen könnte Inflation anheizen

Stand: 27.06.2024 13:32 Uhr

Die zunehmenden Verspätungen und Staus auf den Weltmeeren könnten einer Studie zufolge die Inflation in der Euro-Zone wieder befeuern. Der Grund dafür sind die massiv steigenden Frachtraten.    

Die zahlreichen Staus und Verspätungen von Containerschiffen auf den Weltmeeren könnten sich negativ auf die Verbraucherpreise auswirken, lautet die These einer aktuellen Analyse der Commerzbank. Jeder zwölfte Container weltweit stecke aktuell im Stau, heißt es darin. Dies treibe besonders die Frachtraten pro Container auf der Route von China nach Europa hoch.

Mittlerweile lägen die sogenannten Spotraten - das sind die Kosten für kurzfristig versteigerte Transportplätze auf Containerschiffen - bei etwa 7.000 Dollar. Vor der Corona-Pandemie seien es zwischen 1.000 und 2.000 Dollar gewesen.

Preisschock entfaltet sich nicht sofort

Die Spotpreise können auch Auswirkungen auf die langfristig geschlossenen Verträge haben: "Je länger die Frachtraten erhöht bleiben, umso wahrscheinlicher steigen auch die langfristigeren Vertragsraten, die große Importeure mit den Reedereien direkt schließen", schreibt Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer in der Studie. Auf diese Weise würden hohe Transportkosten für einen Zeitraum von etwa einem Jahr festgeschrieben. "Das wiederum erhöht die Preise für Konsumgüter und die Preise für Vorprodukte der Unternehmen", so Stamer. Der Schock auf den Weltmeeren entfalte sich nicht sofort, sondern über mehrere Monate.

Wenn Frachtraten auf diesem hohen Niveau verharrten, lege das für die Eurozone eine Erhöhung der Verbraucherpreise (ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel) um etwa 0,25 Prozentpunkte nahe, heißt es weiter. Weil auch die Lohnkosten derzeit noch kräftig steigen und die Preise für arbeitsintensive Dienstleistungen antreiben würden, dürfte sich diese sogenannte Kernrate der Inflation im kommenden Jahr eher bei drei Prozent als bei dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent einpendeln.

Warum steigen die Frachtraten?

Verantwortlich für die hohen Transportkosten sind den Angaben zufolge zum einen Nachwirkungen der Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz im Roten Meer, die damit die radikale Palästinenser-Organisation Hamas im Gaza-Krieg unterstützen will. Reedereien leiten deshalb ihre Frachtschiffe auf den Routen zwischen Ostasien und Europa größtenteils um Südafrika um. Dadurch verlängere sich die Reisezeit auf einer Strecke um etwa zehn bis zwölf Tage.

"Zunächst konnte das Containerschiffnetzwerk die Belastung aufgrund vieler neu gebauter Schiffe gut auffangen", betonte Commerzbank-Analyst Stamer. "Nun führen die Verspätungen der Meeresriesen auf der Rückreise nach Asien jedoch zu Staus und mehrtägigen Wartezeiten vor Häfen wie Singapur, wo besonders viele Container umgeladen werden." Die Störungen seien inzwischen so massiv, dass die wichtige Straße von Malakka im Nordwesten der südostasiatischen Metropole aktuell von 40 Prozent weniger Schiffen durchquert werde.

Einschränkungen im Panamakanal

Aber es gibt noch weitere Gründe: Hinzu kämen etwa Nebel an chinesischen Häfen, Starkregen in Südostasien und die Dürre in Panama und die damit verbundenen Einschränkungen des Panamakanals, schreiben die Experten. Dort könnten die Folgen der Dürre des vergangenen Jahres die Schifffahrt auch dieses Jahr noch beeinträchtigen, warnte jüngst der Kanalbetreiber ACP. Trotz des Beginns der Regenzeit sei "das Wasserproblem für Panama und den Kanal noch nicht vorbei". Seit November ist die Zahl und die Länge der Schiffe, die den Kanal durchfahren wollen, reduziert.  

Etwas entspannt hat sich die Lage dort aber: Ab dem 5. August dürfen 35 Schiffe pro Tag die Wasserstraße nutzen. Zeitweise durften nur 24 Schiffe täglich passieren. 

Dazu gesellten sich schließlich noch Probleme in vielen Häfen. "Dieser Engpass in der Abfertigung von Fracht trifft auf eine höhere Nachfrage nach Containertransport", so Stamer. "Denn China exportiert wieder deutlich mehr Waren." Preisbereinigt seien die chinesischen Exporte seit dem zwischenzeitlichen Tief im Frühjahr 2023 um etwa 20 Prozent gestiegen. Die Volksrepublik transportiere mit großem Abstand mehr als jedes Land über das Containerschiff-Netzwerk.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Juni 2024 um 14:37 Uhr.